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Microsoft-Chef Satya Nadella erklärt, warum Chatbots die Zukunft sind

von Business Insider
Satya Nadella hat den US-Software-Riesen Microsoft seit seinem Amtsantritt als Chef vor zwei Jahren neu ausgerichtet. Business Insider hat mit ihm über diese Veränderungen, seine Vision für den Konzern und Tipps für die richtige Work-Life-Balance gesprochen.

Windows ist zwar noch immer wichtig, aber es ist nicht mehr die einzig bedeutsame Plattform für Microsoft. das Unternehmen veröffentlicht Software und unterstützt die App-Entwicklung für Apples iOS, Googles Android und sogar für den alten Erzfeind Linux. Vergangen sind die Zeiten der Machtkämpfe und aggressiven Angriffe auf die Wettbewerber.

Außerdem hat Nadella das „Cloud Computing“ mit offenen Armen angenommen – und Microsoft damit zur klaren Nummer Zwei hinter Amazon in dieser Kategorie gemacht.

Direkt nach seinem Auftritt bei Microsofts Entwicklerkonferenz Build sprach Business Insider mit Nadella – kurz vor der in dieser Woche startenden Envision-Konferenz, die Unternehmern Ideen und praxisnahe Lösungen näher bringen soll.

Business Insider: Bei der Entwickler-Konferenz Build in der letzten Woche wurde viel über Chatbots, künstliche Intelligenz und der „Unterhaltung als Plattform“ gesprochen. So neu ist die Idee aber nicht, oder? Bill Gates sprach vor 15 Jahren davon. Warum ist gerade jetzt der richtige Zeitpunkt dafür?
Satya Nadella: Was sich fundamental geändert hat und was es zu nutzen gilt, ist die Allgegenwärtigkeit von Computern. Im Kern ist das, was wir tun, die kontinuierliche Argumentation über große Datenmengen hinweg. Zuerst haben wir dazu die Daten, Daten über euch, eure Vorlieben, eure Organisation und die Welt. Und um das auf einer kontinuierlichen Basis zu tun, braucht man viel Rechenleistung. Diese bekommen wir durch die Cloud.
Dann braucht man diese Rechenleistung auch auf den Geräten. Das ist nicht nur auf PCs auf den Schreibtischen beschränkt. Es gibt genauso Geräte wie Sensoren bis zur HoloLens. Und die Kombination dieser Verbreitung und Allgegenwärtigkeit von Geräten zusammen mit der Rechenleistung in der Cloud macht es möglich, dass wir jetzt diese Art von Erfahrungen liefern, von denen wir gerade reden.

Gibt es ein konkretes Beispiel, das mir zeigt, warum ich mich darüber freuen soll? Etwas ganz Bestimmtes, bei dem mir hiermit geholfen werden kann?
Nehmen wir Cortana: Die Tatsche, dass man einen persönlichen digitalen Assistenten hat, der einen kennt, die eigenen Präferenzen kennt, die Fähigkeit hat, die Privatsphäre schützend, die eigenen Informationen und die der eigenen Organisation zu sichten und bei den Aufgaben zu helfen. Erstens gibt es das nicht nur auf einem Betriebssystem, weil wir daran nicht glauben. Es gibt das auf allen Geräten und für alle Erfahrungen. Ich bin für ein Meeting spät dran. Der persönliche Assistent merkt das und verschiebt für mich automatisch den Termin oder lässt das den Gesprächspartner wissen. Ich schreibe also nicht während ich fahre. Das ist ein triviales Beispiel.
Jeden Morgen schaue ich, ob Cortana bestimmte anstehende Meetings hervorgehoben hat oder Nachrichten-Artikel markiert hat, die für anstehenden Meeting relevant sind.
Bevor ich jeden Tag nach Hause gehe, frage ich einfach: „Cortana, wie ist der Verkehr auf dem Heimweg?“ Das sind alltägliche Dinge, wo eine künstliche Intelligenz oder ein persönlicher Assistent behilflich sein kann.
Auf der Business-Seite ist der Kunden-Support hervorzuheben: jede Datenquelle, die jetzt bereits zur Verfügung stand, kann zu euch gebracht werden. Anstatt durch 20 Apps zu blättern und alles im Kopf machen zu müssen: Was wäre, wenn die Apps zu euch kämen, sei es über Bots in einem Konversations-Umfeld wie bei Skype oder mittels eines digitalen persönlichen Assistenten?

Eine Reihe weiterer Firmen geht ebenfalls diesen Weg. Auf der Verbraucherseite hat man Facebook und Google, auch Apple probiert es. IBM spricht seit Jahren mit Watson darüber. Warum Microsoft? Was hat Microsoft, das anderen Firmen fehlt und Ihr Unternehmen zum Erfolg führen wird?
Hier komme ich zu unserem Kernfokus als Unternehmen zurück. Jedes Mal, wenn mich jemand fragt: „Seid ihr ein Unternehmen für Verbraucher oder ein Wirtschaftsunternehmen?“, sage ich: Wir sind ein Unternehmen, das um den Nutzer zentriert ist, die sowohl eine professionelle Rolle als auch eine Verbraucherrolle haben. Das ist unsere Stärke.
Deshalb denke ich an Cortana, dessen Einzigartigkeit daher kommt, dass es persönliche Daten und die Office-365-Daten nehmen kann und auf allen Plattformen zur Verfügung stehen wird. Soweit ich weiß, geht niemand sonst mit solch einer unbegrenzten Herangehensweise an persönliche digitale Assistenten heran.
Nehmen wir das Beispiel Bots: niemand sonst spricht über Bots, die mit solchen kognitiven Cloud-Diensten gebaut werden können, wie wir sie haben. Wie bringt man einem Bot bei, sich mit einem Menschen zu unterhalten? Das erfodert das Verständnis von Konversation, von Dialog. Wir haben für all das Schnittstellen in unserer Cloud in Azure. Man kann sogar einen Bot für Slack, für Line oder sogar für Facebook bauen. Wir wissen derzeit noch nicht genau, was Facebook macht, aber unser Backend ist unabhängig. Und ihr könnt euer eigenes Backend nutzen, um Bots, mobile Apps oder Webseiten so wie in der Vergangenheit bauen.
Unser Ansatz ist mehr der einer Firmen-Plattform, die sich mit persönlichen wie professionellen Daten befasst. Niemand sonst geht soweit ich weiß mit diesen zwei Dimensionen an die Sache heran.

Auf der Build-Konferenz wurde nicht viel über Microsofts eigene mobile Plattform gesprochen. Warum gibt es diese weiterhin?
Erstens bedeutet Windows für mobile Geräte für mich nichts anders als Windows für die HoloLens oder Windows für die Xbox. Es gibt nicht mehrere Windows. Es ist eine Entwickler-Plattform, ein Store und eine Tool-Kette für Entwickler. Man muss es nur an verschiedene Bildschirmgrößen anpassen.
Was an unseren Telefonen einzigartig ist, ist das Continuum-Feature (hiermit lässt sich der Bildschirm eines Windows-Phones mit einem Monitor, Keyboard und Maus verbinden und wie ein Computer bedienen). Dies wollen wir ausbauen.
Genauso konnten wir mit dem Surface eine eigene Kategorie schaffen. Vor drei Jahren hätten die meisten gefragt: „Was ist ein zwei-in-einem Gerät?“ Jetzt hat sogar Apple ein solches Gerät. Ich hoffe also, dass die Menschen in drei Jahren sagen werden: „Stimmt, dieses Telefon kann auch ein PC sein.“
Nehmen wir die Schwellenländer. Indien ist sicherlich ein „mobil zuerst“-Land. Aber ich glaube nicht, dass das für alle Zeit so bleiben wird. Ein aufkommender Markt will mehr Rechenkapazität haben, nicht weniger, da es mehr Bedarf gibt. Wenn sie wachsen, werden sie auch Computer wollen, die aus ihren Telefonen erwachsen.

In dieser Woche startet Microsoft Envision, eine Konferenz für Führungskräfte. Warum gerade jetzt?
Da ich eine Menge Zeit mit Verbrauchern verbringe, nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern auch in Schwellenländern, in Europa, in Lateinamerika, weiß ich, dass viele darüber nachdenken, wie sie für ihre Unternehmen Wachstum generieren können. Und jedes Mal, wenn irgendwo auf der Welt in irgendeiner Industrie, eine Führungskraft eine dieser Fragen stellt, sagen sie: Ich brauche digitale Inhalte. Ich muss digitale Technologie nutzen, um mich zu transformieren und erfolgreicher zu werden.
Es geht nicht länger darum, meine Mitarbeiter nur mit neuen Geräten und Software auszustatten. Heute ist die Informationstechnologie der Kern eines jeden Geschäfts und Weiterentwicklung eines Geschäftsmodells. Daher ist es jetzt an der Zeit, dieses Gespräch auf einer sehr breiten Ebene zu führen.

Was war größte Veränderung in Ihrem Leben und Lebensstil, seitdem Sie Microsoft-Chef geworden sind? Haben Sie Regeln oder Tipps für jemanden, der sich um eine richtige Work-Life-Balance bemüht?
Ich muss der Frage einen anderen Rahmen geben: Es gibt nichts wie Balance. Es geht um die Frage, wie ich meine Arbeit und mein Leben harmonisiere. Worüber ich viel nachgedacht und auch intern gesprochen habe, ist, dass ich vor langer Zeit mit einem Typen namens Doug Burgum gearbeitet habe. Was er mir sagte, wird immer mehr Teil meines Bewusstseins: Wir verbringen alle zu viel Zeit bei der Arbeit, als dass sie mehr als Arbeit werden könnte, als dass sie einen tieferen Sinn haben könnte, sei es bei Microsoft oder in irgendeiner anderen Rolle.
Denn genau betrachtet, hätte ich mehr Zeit bei Microsoft verbracht als mit meinen Kindern, sie werden alle wachsen und sie werden in Schulen gehen und ihr eigenes Leben haben. Wenn ich an die verbrachte Zeit denke, dann sollte meine Arbeit besser etwas sein, das für meine Seele und meine persönliche Philosophie nahrhaft ist.
Und in Bezug auf Tipps würde sagen, dass ich versuche, viel disziplinierter zu werden. Wenn ich mit meiner Familie Zeit verbringe, bin ich anwesend. Was bedeutet dieses anwesend sein? Viele von uns haben die Nachwirkung der letzten E-Mail oder der letzten Sache im Kopf. Im modernen Leben muss man sehr sehr gut darin werden, diese Nachwirkung die Anwesenheit nicht verderben zu lassen.
Wenn ich Menschen an einem Tisch alle über ihrem Handy gebeugt sehe, ist das für mich tragisch. In der Tat denke ich darüber auch bei unserem Software-Design nach. Wie können wir helfen? Es gibt ein Informations-Angstgefühl, wir alle haben es, es ist nur natürlich. Wie also helfen wir dabei, präsenter zu sein?“ 

Dieser Text ist zuerst bei Business Insider Deutschland erschienen. Hier könnt ihr Business Insider auf Twitter folgen. 

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