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Eine Recycling-Reportage: Der Gipfel des Elektroschrottberges ist bald erreicht

von Jessica Braun
Kommt ein neues Smartphone, geht ein altes. Eher: Tausende. Unsere Tech-Begeisterung lässt die Schrottberge wachsen. 2014 landeten weltweit rund 42 Millionen Tonnen elektrischer Geräte, Flatscreens und Festplatten, Trackingarmbänder und Tablets auf dem Müll. Prognosen sagen voraus, dass es bald 50 Millionen sein könnten. Eine Recycling-Reportage.

Dieser Artikel erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe des WIRED Magazins im Oktober 2015. Wenn ihr die Ersten sein wollt, die einen WIRED-Artikel lesen, bevor er online geht: Hier könnt ihr das WIRED Magazin testen.

Das Mädchen, vielleicht 15, sitzt auf dem Bett im Dachgeschosszimmer. Spricht zu uns im Tonfall der Youtube-Shopping-Hauls. Gestikuliert wie eine schwarze Magierin. Und erklärt, wie man an ein neues Handy kommt, wenn man eines will. Erstens: mit ständigen Nachfragen die Mutter nerven. Zweitens: beim Papa lieb Kind spielen. Dann: umgekehrte Psychologie. Wir sehen, wie sie dem Vater eine Grundkurs-Theater-reife Szene macht. „Ach, mir reicht mein altes Handy“, sagt das Mädchen zu ihm. „Es ist zwar schon fast kaputt, aber was soll mir unterwegs schon groß passieren?“

Der Mann schaut in die Kamera, man hört Reifen quietschen, den Bon aus der Kasse schnurren. „Klappt jedes Mal!“, triumphiert die Kleine zum Schluss, zeigt ein blitzneues, großformatiges Smartphone vor. Braucht sie wirklich ein Handy? Nein. Sie will ein Handy.Dieser Werbespot einer großen Elektromarkt-Kette trifft die Sache natürlich ganz gut.

Das Konsumentengefühl, mit dem wir heute durch die Welt der technologischen Innovationen tapsen, nicht von Notwendigkeiten getrieben, sondern von Lust: Die Spannung, mit der wir Unboxing-Videos oder Apple-Keynotes ansehen. Die Enttäuschung, wenn wir erkennen, dass ein neues Produkt wohl doch nicht aufregend genug ist, als dass wir es wirklich wollen könnten. Als letztens auf der IFA die saisonalen Smartphones vorgestellt wurden, die Iris-Scanner, Mega-Akkus, 21,5-Megapixel-Kameras, sahen auch die neuwertigsten Vorgängermodelle plötzlich alt aus. Und wer das ernsthaft geißeln will, muss schon päpstlicher als der Papst sein.

Apropos Papst: Ende September kam der ausgerechnet zum Verkaufsstart des neuen Iphones nach New York. Daher warnte Apple die Kunden vor: Wegen der städtischen Sicherheitsvorkehrungen verzögere sich die Auslieferung der neuen Geräte leicht. Schon das gab Ärger.

Laut Marktforschungsinstitut Gartner wurden allein 2014 weltweit rund 1,8 Milliarden Smartphones verkauft, 216 Millionen Tablets, 279 Millionen Laptops und sonstige Computer. Als gefühlte Privatstatistik kann man hinterherschicken: Wo ein Gebrauchsgadget gekauft wird, wird im Großteil der Fälle auch eines ausgemustert, oft genug ein intaktes. Wie beim Kind im Werbespot. Dem Kind in uns allen.

Nur 18 Monate lang wird ein Mobiltelefon im Durchschnitt benutzt, bevor der Nutzer es ersetzt — während zum Beispiel ein Flachbildfernseher bis zu sechs Jahre stehen bleibt. Der Tech-Branchenverband Bitkom hat ermittelt, dass 84 Prozent der Bundesbürger mindestens ein unbenutztes Handy oder Smartphone zu Hause in der Schublade haben, bis zu 100 Millionen Stück sollen es insgesamt sein. Weitere zehn Millionen landen pro Jahr illegal im Hausmüll, und spätestens bei dieser Zahl assoziiert man dann die leider bestens bekannten Bilder: elektronische Friedhöfe in China oder Ghana, Berge an ausgemus­terten Ex-Neuheiten, die dabei sind, ihre eklige Chemie auszudünsten.

Ich wollte demonstrieren, wie man ein gutes Smartphone bauen kann, das 100 Jahre hält.

Dave Hakkens, Designstudent

Weltweit wurden 2014 laut einer Studie der Vereinten Nationen rund 42 Millionen Tonnen elektrischer Geräte, Flatscreens und Festplatten, Trackingarmbänder und Tablets weggeworfen (siehe Grafik Seite 81). 2018 könnten es bereits 50 Millionen sein. Und wenn Socken, Gabeln und Blumentöpfe auch noch smart werden, wenn jeder zweite Haushaltsquatsch seinen Sensor hat — dann wird irgendwann fast alles E-Waste sein.

Die Alltagstechnologie, die in Zukunftsszenarien oft genug wie ein nach oben offenes System aus Machbarkeit, Angebot und Nachfrage erscheint, stößt an ihre ökologischen Grenzen. Weil sie vom Prinzip her ein Strudel ist. Kein Kreislauf.
Ein Stück weit ist das ja sogar Teil der Geschäftsmodelle. „Smartphones zu bauen, verbraucht immense Ressourcen“, sagt Rüdiger Kühr, der an der Universität der Vereinten Nationen (UNU) in Bonn das SCYCLE-Programm für Nachhaltigkeit leitet.

„Der Aufwand in Entwicklung und hochtechnisierte Produktion rechnet sich gerade dann, wenn die Verbraucher ihre Geräte permanent austauschen.“ Das weiß auch Apple: Mit dem gerade vorgestellten Geräte-Abo namens Upgrade Program (bisher nur in den USA) bekommen Iphone-Fans für eine monatliche Zahlung von zwischen 32 und 44 Dollar alle zwölf Monate das jeweils neueste Iphone-Modell. Die durchschnittliche Verweildauer des Te­lefons im Leben seines Benutzers wird dadurch wohl noch weiter sinken.

Aber das System hat einen offensichtlichen Vorteil: Es sichert einen geregelten Rückfluss. Geräte, die das Unternehmen nicht mehr weiterverkaufen kann, werden entkernt, recycelt. Laut Apple übernehmen das regionale Unternehmen, die sich verpflichten, keinen gesundheitsschädlichen Abfall in Entwicklungsländer zu exportieren. In Deutschland gibt es sogar eine (aller­dings durch EU-Richtlinien praktisch erzwungene) politische Initiative dazu: Das im Juli 2015 vom Bundestag beschlossene neue Elektrogesetz schreibt größeren Händlern ab 2016 vor, dass sie bestimmte Altgeräte sogar dann kostenlos zurücknehmen müssen, wenn die Kunden gar kein neues Exemplar dafür kaufen. Natürlich muss man auch beim Thema Schrottexport sehr differenziert argumentieren. Handys, die etwa nach Hongkong oder Lateinamerika verschifft und dort repariert werden, bedeuten für ihre neuen Besitzer in Nigeria oder Peru oft eine Verbesserung der Lebensumstände. „Altgeräte können einen Anschluss an die digitale Welt befördern und damit auch ein Wirtschaftstreiber sein. Das deutsche Elektrogesetz erlaubt die Ausfuhr für den Wiedergebrauch“, sagt Recycling-Experte Kühr. Problem: Es lässt sich in der Praxis kaum überprüfen, ob vermeintlicher Schrott, der in Deutschland verladen wird, auch wirklich für die Weiterverwendung geeignet und gedacht ist. „Wer“, fragt Kühr, „soll angesichts von Zehntausenden Handys in einem Container sicherstellen, dass diese noch funktionsfähig sind und es für sie tatsächlich einen Markt gibt?“

Rund 90 Prozent des weltweiten Elektro­mülls, so die ausgesprochen informierte Schätzung in der erwähnten UN-Studie, landet illegal auf Deponien. Regt keinen nennenswerten Wertschöpfungskreislauf an, sondern vergiftet die Menschen und Landschaften, mit denen er in Berührung kommt.

Am Recycling von Smartphones hängt allerdings ein echtes Dilemma: Es ist ein be­sonders schwieriger Prozess — der rohstofftechnisch jedoch besonders lohnend wäre. Wenige Recyclinganlagen haben die Ausstattung, um Elektroschrott komplett zu verarbeiten. Zudem werden die Geräte immer kleiner und leichter — aus Nutzersicht ein Feature, aus Perspektive der Recycler ein Bug: Die verbauten Wertstoffe lassen sich auf die Art weniger gut extrahieren. So schlecht, dass sich derzeit der Aufwand, ein Mobiltelefon in seine Einzelteile zu zerlegen, ökonomisch nicht lohnt.

Mit jedem neu hergestellten Gerät steigt indes der Bedarf an seltenen Rohstoffen. Von den 118 Elementen im Periodensystem werden mehr als 50 benötigt, um ein Smartphone herzustellen: Gold, Silber, Kupfer, Blei, Tantal oder Koltan für die Leiterplatten. Cobalt für die Batterie. Aluminium für das Gehäuse. Seltene Erden für das Display. „Einige sind wertvoll, andere gesundheitsschädlich beim primitiven Recycling. Manche sind beides“, sagt Experte Kühr.

Abgebaut werden die Rohstoffe oft zulasten von Menschen und Umwelt: So finanziert und befeuert die Coltan-Erz-Förderung zum Beispiel den Bürgerkrieg im Osten des Kongo. In China vergiften die Abfallprodukte, die beim Lösen Seltener Erden entstehen, das Grundwasser. Und so weiter.
So paradox es klingt: Allein dadurch, dass er bereits geförderte Metalle enthält, könnte der E-Schrott die Umwelt entlasten. Indirekt.

Zudem sind die Vorkommen vieler Stoffe schlicht begrenzt. Laut der UN-Initiative StEP (kurz für: „Solving the E-Waste Problem“) werden die Weltvorräte an Indium, das für Halbleiter und Displays gebraucht wird, schon in 13 Jahren aufgebraucht sein. Vor allem aus solchen Gründen beginnt das Thema E-Waste-Re­cycling nun auch Politik und Industrie zu in­te­ressieren. Die Suche nach Lösungen wird dringlicher.

Die Geräte werden kleiner. Schlecht fürs Recycling: So lassen sich die Wertstoffe schwerer Daraus herauslösen.

Urban Mining nennt sich das Prinzip, auf das die Hoffnung gesetzt wird. Die Metapher passt, denn Smartphones sind kleine Goldgruben: Jedes enthält etwa 30 Milligramm Gold, 300 Milligramm Silber und eine Vielzahl weiterer Metalle und Seltener Erden. Materialien im Wert von rund 10 000 Dollar stecken in einer Tonne eingesam­melter Handys — jedoch erfüllen weltweit nur fünf High-End-Recycler die nötigen technischen Standards, um diese Schätze auf umweltfreundliche Art zu heben. Giftige Materialien müssen vorsichtig entfernt, die wertvollen separiert und aufbereitet werden.

Für die Rückgewinnung der Metalle der Seltenen Erden existierten solche Standards bis vor wenigen Jahren noch nicht einmal. Das ändert sich nun: Weil es immer teurer werde, Seltene Erden abzubauen, suche die Industrie nach Alternativen, schreibt der Analyst Dallas Kachan: „Recycling ist ein Wachstumsmarkt.“

Einer, der davon zu profitieren hofft, ist Casey McNeil. Mit drei Universitätskollegen hat der 25-Jährige aus Hous­ton das Start-up REEcycle gegründet. Die Firma hat ein Verfahren entwickelt, das die Seltenen Erden Neodym und Dysprosium energieeffizient und mit wenig Wasserverbrauch aus den Magneten von Leiterplatten löst. „Unser patentiertes Lösungsmittel ist voll recycelbar“, verspricht McNeil, der für seine Ideen unter anderem in der aktuellen 30 under 30-Liste von Forbes landete.

Ursprünglich war diese von Studenten an der University of Houston entwickelte Methode nur als Fallback-Option für den japanischen Konzern Hitachi gedacht. 90 Prozent aller Seltenen Erden werden in China gewonnen — das Land ist eines der wenigen, das den Abbau trotz der verheerenden Folgen für die Umwelt vorantreibt. 2010 hatte die chinesische Regierung die Ausfuhr jedoch stark beschränkt, was die Preise hochjagte. Hitachi suchte nach Alternativen. Als China Anfang des Jahres die Exportbeschränkungen aufhob, ließ das Interesse von industrieller Seite nach. McNeil und seine Chemiker machten sich selbstständig.

„Momentan können wir aus Material für 18 Dollar Seltene Erden im Wert von 32 Dollar extrahieren“, sagt er. Sollte China die Seltenen Erden wieder verknappen, würde die Quote noch besser. Ob REEcycle neben dem wirtschaftlichen Anreiz auch einen echten Nachhaltigkeitswert bieten kann, muss sich noch zeigen.

Auch Privahini Bradoo glaubt, dass sich Handy-Recycling lohnen könnte. Die Neuseeländerin, die schon mit 24 einen Doktortitel in Neuropsychologie vorweisen konnte, ist angetreten, die Wiederverwertung zu dezentralisieren: Mit ihrer Firma BlueOak will sie in den USA viele kleine Recycling-Anlagen bauen, die den wenigen großen Konkurrenz machen sollen.

Festplatten werden hier über offenem Feuer verbrannt, um Wertstoffe herauszulösen.

Privahini Bradoo, Neuropsychologin

Der Ansatzpunkt: Die großen Player zerlegen den Elektroschrott oft nur, verkaufen das Innenleben ins Ausland. Dort sind die Arbeitskräfte billiger, die Auflagen lockerer — und die Effekte so finster wie die, die aus Fabriken wie Foxconn berichtet werden. „Schauen Sie sich Guiyu in China an“, sagt Bradoo. „Nirgendwo sonst wird so viel Elektroschrott verarbeitet. Rund 90 Prozent der Einwohner leiden an neurologischen Schäden durch Dioxin- oder Furanvergiftung. Festplatten werden hier über offenem Feuer verbrannt, um Wertstoffe herauszulösen.“

Bradoo will diese Bedingungen ändern, ganz strategisch. Ihre erste BlueOak-Anlage steht in Arkansas, 2016 soll sie den Betrieb aufnehmen. „Für große Recycler stellt E-Waste nur einen Bruchteil von dem dar, was sie verarbeiten. BlueOak konzentriert sich darauf“, erklärt sie. Abgeguckt hat sie sich das System bei der Stahlwirtschaft: Die sogenannten Mini-Mills, kleine, auf Recycling spezialisierte Werke, haben seit den 70ern dazu beigetragen, dass Stahl zum am häufigsten wiederverwerteten Werkstoff wurde.

Neben den kurzen Wegen und der Spezialisierung sieht Bradoo auch einen Vorteil beim Datenschutz: „Wenn wir unseren Elektroschrott regional verarbeiten, stellen wir sicher, dass keine sensiblen Daten das Land verlassen.“ Denn auch das ist ein höchst empfindlicher Punkt in der Debatte: Wer garantiert den Kunden, dass ihre Daten nicht gleich mitrecycelt werden?

Bei Kühlschränken und Fernsehern gab es das Problem ja nie, nicht mal beim Verschrotten geliebter Autos: In Smartphones steckt dermaßen viel von unseren Leben, dass Recycling auch zum psychosozialenProblem wird. Das Iphone in einen Umschlag zu stecken, in den nächsten Briefkasten zu werfen und damit dem Materialkreislauf zu übergeben – die Deutsche Post bietet das mit dem Programm Electroreturn seit elf Jahren an –, fällt schwer. Ob das besagte neue Elektrogesetz der Bundesregierung verfängt, das ab 2016 die Althandy-Rückgabe in größeren Läden kostenlos garantiert, steht längst nicht fest.

Jedes Gadget ein Heavy-Metal-Festival.

In der Schweiz und den Niederlanden liegen die Rückgabequoten für Handys schon heute bei bis zu 95 Prozent. Im Gegensatz zu Deutschland gibt es dort einheitliche, flächendeckende Sammelsysteme für Altgeräte, die durch einen Entsorgungsbeitrag beim Neukauf finanziert werden. Laut EU-Richtlinie sollen bis 2018 mindes­tens 75 Prozent aller Mobiltelefone wiederverwertet werden. Damit sich das wirtschaftlich darstellen lässt, müssen Wissenschaftler, Designer, Hersteller und Politik zusammenarbeiten. Die UN-Initiative StEP soll die Beteiligten an einen Tisch bringen, um einen internationalen Standard für Abfallvermeidung zu entwerfen. Auf der Teilnehmerliste stehen unter anderem schon Dell, Apple und Microsoft, die Regierungen von Japan und den USA. Diplomatische Anfänge.

Im Kern dieser Bemühungen steckt eine einleuchtende, dem technologischen Innovationsrhythmus allerdings gegenläufige Erkenntnis: Nicht nur unsere Gewohnheiten müssen sich ändern — auch die Geräte selbst. An der chemischen Fakultät der Universität im englischen Bath zum Beispiel forscht die Arbeitsgruppe CLEVER (für Closed Loop Emotionally Valuable E-waste Recovery) an einem Smartphone, das schöner altert: Materialien wie Holz oder Leder könnten Benutzer dazu bewegen, länger an ihrem Gerät festzuhalten — andererseits sollen die Einzelteile und Wertstoffe des Edelgadgets so verarbeitet werden, dass sie sich so einfach wie möglich recyceln lassen.

Das britische National Physical Laboratory präsentierte im Mai 2014 eine Festplatte, die sich in heißem Wasser auflösen lässt. Und aus einer Zusammenarbeit der Königlich Technischen Hochschule Stockholm und der Harvard-Universität entstand die erste holzbasierte Batterie.
Natürlich ist es nicht nur eine Frage der technischen Möglichkeit, ob man kritische durch weniger kritische Chemie ersetzen kann. Hersteller müssten investieren, die Produktion umstellen. Bis das Biofleisch in der Hamburger­bude ankommt, dauert es.

Der pragmatischste Ansatz, Mobiltelefone leicht recycelbar und attraktiv zu machen, bleibt die modulare Bauweise. 2013 postete zum Beispiel der niederländische Designstudent Dave Hakkens ein Video auf Youtube, das seine Vision eines Telefonstecksatzes zeigt: Phonebloks. Ein Handy, dessen Komponenten von verschiedenen Herstellern stammen und sich individuell austauschen lassen – ein kaputtes Display, ein zu klein gewordener Speicher, eine neue Kamera.

„Ich wollte demonstrieren, wie man ein gutes Smartphone bauen kann, das 100 Jahre hält“, sagt Hakkens. Innerhalb von 24 Stunden wurde das Video (eigentlich nur eine Studie für seine Abschlussarbeit) mehr als eine Million Mal aufgerufen, es gab Wirbel, Nach­­frage. Am Ende errichtete der Student die Plattform phonebloks.com, auf der eine wachsende Community mit Firmen wie Sennheiser und Motorola in Dialog treten und debattieren kann. „Je mehr Unternehmen Komponenten liefern, desto besser“, sagt er.

Hakkens ist in erster Linie Konzepter und Kommunikator, Google dagegen plant schon länger ein eigenes Produkt: Mit dem Project Ara nährt der Konzern seit 2012 die Hoffnung auf ein marktfähiges modulares Smartphone. Der ursprünglich für 2015 angesagte Launch wurde zuletzt aber wieder verschoben. Dass ein Smartphone mit modularer Bauweise und hohen ethischen Standards machbar ist, hat das holländische Fairphone bewiesen, von dem bislang schon mehr als 60 000 Exemplare verkauft wurden.

Vieles bleibt erst mal Graswurzel­bemühung. Und wer sich angesichts all der versprengten Initiativen, Forschungsansätze und Richtlinien mit dem Gedanken beruhigen mag, dass die Schrottberge bald ein Bild der Vergangenheit sind, der schafft das schon irgendwie – und täuscht sich gewaltig. Die Lösung eines weltweiten E-Waste-Problems kann auf lange Sicht maximal so gut sein wie die Haltung der User. Das heißt nicht, dass wir uns beim Kauf von Smartphones nicht mehr wie kleine Kinder freuen sollen. Es heißt nur, dass wir hinterher sauber machen sollen. Wie Erwachsene.

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