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Andreas Winiarski: Eine rote Pille für Konzerne

von WIRED Editorial
Warum Ex-Rocket-Sprecher Andreas Winiarski an eine erfolgreiche Digitalisierung in Deutschland glaubt

Der erste Gedanke: Was für ein Klischee! Andreas Winiarski hat in seinem Büro ein Bild, auf dem er selbst zu sehen ist. Zwei Hände strecken ihm die blaue und die rote Pille aus Matrix entgegen. Im Film entscheidet sich die Hauptfigur Neo für die rote und entdeckt die echte Welt hinter der virtuellen. 

Der zweite Gedanke ist dann: Vielleicht muss man das Bild – eine Illustration aus dem Magazin The Hundert, die Winiarski geschenkt bekommen hat – nur richtig interpretieren. Er greift zwar auch zur roten Pille. Aber die ist nicht für ihn! Er ist nicht Neo. Er ist vielleicht eher Morpheus, der Neo die Pillen anbietet und ihn für die neue Realität trainiert. 

Als Kommunikationschef hat Winiarski Rocket Internet, den Startup-Inkubator der Samwer-Brüder, mit an die Börse begleitet. Heute sucht er als Partner bei dem Risikokapitalgeber Earlybird Ventures nach Startups, in die er investieren kann – und macht sie fit für die harte Realität. Zusätzlich berät er als Senior Advisor bei der Kommunikationsberatung Hering Schuppener Deutschlands Konzerne auf dem Weg in die Digitalisierung. Für sie greift er zur roten Pille. Das ist die Medizin, die er der Deutschland AG verabreichen will, damit sie die Wirklichkeit entdeckt, die mitunter genauso kaputt ist wie die Welt, die Neo vorfindet. 

Bei Deutschlands Banken zum Beispiel: Der Veränderungsdruck durch die Digitalisierung sei riesig, sagt Winiarski. Blockchain, Fintech- Startups, die das Konto digitalisieren wie etwa Number26 aus Berlin (das zum Portfolio seines Venture-Unternehmens Earlybird gehört). Solch junge Startups fordern seiner Meinung nach die Geldinstitute heraus, weil sich diese – um im Bild zu bleiben – viel zu wohl im Schein der Matrix fühlen: „Wenn man einen Porsche und einen Weinberg hat, warum soll man sich ändern? Das Leben ist schön. Wenn man im Rhein-Main-Gebiet unterwegs ist, kann man das sehen.“ 

Wobei Winiarski grundsätzlich glaubt: Insgesamt steht Deutschland bei der Digitalisierung besser da als gemeinhin angenommen wird. 
Deutschlands Autobauer zum Beispiel, denen immer wieder vorgeworfen wird, bei Themen wie Vernetzung und Elektromobilität hinter innovative Konkurrenten wie Tesla zurückzufallen, sieht er auf dem richtigen Weg. „Ich würde ihnen noch kein ,Versetzt, Bestanden, Alles ist gut‘ geben. Dafür haben sie zu lange gebraucht.“ Aber inzwischen seien sie im richtigen Modus, neue Konzepte kurz vor der Einführung. „Es ist wie immer bei den Deutschen: Sie brauchen ein bisschen, aber wenn es dann kommt, wird es sehr erfolgreich sein.“ In seiner Doppelrolle als Startup-Investor einerseits und Digital- Berater andererseits plädiert Winiarski für ein Miteinander: 

„Gewinnen werden jene, die das Beste zusammenführen, ganz gleich, ob das aus den Startup-Garagen oder den Teppichetagen kommt.“ Die Zeit sei vorbei, in denen Konzerne am Straßenrand der Digitalisierung standen. Mit freiem Geld und einem über Jahrzehnte aufgebauten Zugang zu Konsumenten sitze die Deutschland AG auf einem Schatz. „Sie wissen, wie ein Marathon funktioniert.“ 
Als Morpheus in der Matrix Neo in virtuellem Kampfsport ausbildet und trainiert, sagt er schließlich: „Hör auf, es zu versuchen. Mach es.“ Ein Satz, der so in jedem Startup-Digitalisierungs-Glückskeks versteckt sein könnte. Und der, so Andreas Winiarski, sowohl für Deutschlands Startups als auch Deutschlands Konzerne gilt. 

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