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6 Gründe, warum dieser nebulöse Computerwissenschaftler wohl Bitcoin erfunden hat

von Klemens Kilic, Michael Förtsch
Wer sich ein bisschen mit Kryptowährungen beschäftigt, hat von ihm gehört: Satoshi Nakamoto. Er ist der Erfinder von Bitcoin, ein Multimilliardär und das Genie hinter der Blockchain-Technologie. Aber sein Name ist nur ein Pseudonym! Doch es gibt viele Argumente, dass hinter dem Fake-Namen der Informatiker Nick Szabo steht. WIRED Germany geht den Hinweisen nach.

Reich, genial und einflussreich. Das und noch mehr ist Satoshi Nakamoto, der Mann oder die Frau hinter der Kryptowährung Bitcoin. Seinem Geist entsprang eine digitale Währung, die an der Macht von Banken rüttelt, nationale Grenzen überschreitet und die Blockchain-Technologie, die ganze Industrien verändern könnte. Nakamoto selbst besitzt ganze 980.000 Bitcoin – also ein Vermögen von über sechs Milliarden Euro. Aber wer ist der Mensch hinter dem Pseudonym? Bisher gibt es darauf keine eindeutige Antwort. Ist Nakamoto ein Mann, eine Frau, eine ganze Gruppe an Programmierern oder vielleicht sogar eine außerirdische Künstliche Intelligenz? Darüber rätseln und spekulieren sei Jahren Fans von Kryptowährungen.

So einige Personen gerieten bereits in Verdacht, Satoshi Nakamoto zu sein: Darunter ein japanischer Physiker, der Kryptograph Hal Finney, der Mathematiker Shinichi Mochizuki und der Programmierer Craig Steven Wright. Für fast alle Kandidaten gibt es gute Argumente. Allerdings weisen stetig mehr Indizien in die Richtung eines Computerwissenschaftlers, der bereits lange vor der Entstehung des Bitcoin-Whitepapers an einer digitalen Währung feilte. Sein Name: Nick Szabo. Jedoch ist der in der Krypto-Szene als Genie gefeierte Wissenschaftler fast ebenso undurchschaubar wie sein mutmaßliches Alter-Ego.

Wer ist Nick Szabo?

Der Computerwissenschaftler Nick Szabo hat viele Interessen, soviel ist klar. Bereits 2005 führt Szabo ein Blog, in dem er sich in unregelmäßigen Abständen mit dem Ursprung von Währung, nationaler und internationaler Ökonomie und auch Kryptographie befasst. Auf Twitter teilt und kommentiert er Artikel über den Kurs von Gold, Inflation und die allgemeine politische Diskurskultur. Über sich und private Angelegenheiten schreibt er hingegen nie. Tatsächlich ist kaum etwas über Nick Szabo den Mensch bekannt. Selbst sein Alter konnte bislang niemand zu Tage fördern. Wie er aussieht, ist lediglich aus einem Video des Versicherungskonzerns Swiss Re bekannt und weiteren Vortrags- sowie Interviewaufzeichnungen auf YouTube.

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Deutlich mehr ist über Nick Szabos Arbeit bekannt. Bereits 1998 hatte er ein Modell für eine Digitalwährung mit dem Namen Bit Gold erdacht. Er beschrieb, wie eine dezentrale und auf Kryptographie basierende Währung aufgebaut sein sollte – und das zehn Jahre vor dem Bitcoin-Whitepaper. Beide Währungen basieren auf den gleichen Erkenntnissen, Überlegungen und Methoden. Allerdings: Bit Gold wurde im Gegensatz zum Bitcoin nie umgesetzt.

Nick Szabos Motivation, eine solche Währung zu konzipieren: Er wollte verhindern, dass Gelder veruntreut werden könnten. Und das sei nur dann möglich, wenn die Öffentlichkeit die Kontrolle über die Währung und jede Transaktion hat – nicht eine Bank oder Nation.

Szabo wollte mit Bit Gold also eine Möglichkeit schaffen, Überweisungen ohne einen Mittelsmann abzuwickeln. Geldbewegungen sollten ohne Bank und nur noch von Person zu Person stattfinden. Was Szabo mit Bit Gold allerdings noch nicht gelang, war das Double-Spending-Problem zu lösen. Dabei handelt es sich um die Frage, wie verhindert werden kann, dass eine Digitalmünze mehr als einmal ausgegeben wird. Sonst würde eine solche Digitalwährung nicht als Wertspeicher taugen. Erst mit dem Bitcoin konnte dieses Problem gelöst werden.

Ebenso nahm Szabo bereits 1996 die Idee von Smart Contracts vorweg. Also automatisierte Verträgen, die auf der Blockchain laufen und vor allem durch Ethereum bekannt wurden.

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Nick Szabo arbeitete 2005 als Berater bei eCash Technologies – später DigiCash –, ein Unternehmen, das bargeldlose und vor allem anonyme Finanztransaktionen ermöglichen wollte. Nachdem Bitcoin zum Erfolg wurde, arbeitete er für das Start-up Vaurum beziehungsweise Mirror.co, das ein besseres Mt.Gox werden sollte. Heute ist Szabo hingegen Mitgründer des Unternehmens Global Financial Access, dessen Ziel es nach eigenen Aussagen sei, „Menschen zu helfen, überall auf der Welt auf ihre Anlagen zuzugreifen“. Seit 2016 sollen Investoren aus aller Welt mehrere Millionen in das Unternehmen investiert haben. Ansonsten ist ähnlich wie bei seinem Gründer nur wenig über die Firma bekannt.

Warum Nick Szabo in Wahrheit Satoshi Nakamoto sein könnte?

Auch wenn die wahre Identität des Bitcoin-Erfinders bis heute unbekannt ist, gibt es eine Reihe von Indizien, die darauf hindeuten, dass Bitcoin und Bit Gold von derselben Person erdacht wurden. Und selbst wenn Szabo vehement bestreitet, Satoshi Nakamoto zu sein, lassen sich doch einige Fakten und Überschneidungen nicht bestreiten. Wir haben sechs Argumente gesammelt, die dafür sprechen, dass Szabo wirklich Bitcoin erfunden hat.

1. Nick Szabo hat genügend Expertise

Es scheint so, als sei der Bitcoin von einem Tag auf den anderen entstanden – jemand hatte ein Meisterwerk der Computerwissenschaft einfach so ins Netz gestellt. Aber dem ist nicht so: Vielmehr scheint Bitcoin das Ergebnis eines langen Prozesses gewesen zu sein. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass Satoshi Nakamoto jemand ist, der sich über lange Zeit eingehend mit elektronischem Geld befasst hat. Bei Nick Szabo ist das definitiv der Fall.

2. Nick Szabo und Satoshi Nakamoto schrieben sich keine Emails

Zahlreiche Konzepte, die später in Bitcoin ihren Ausdruck fanden, wurden in der Gemeinschaft der Cypherpunk debattiert und ausgearbeitet – einer losen und über Kanäle wie Usenet, Mailinglisten und Foren vernetzten Gruppe von Entwicklern, Wissenschaftlern und Aktivisten. Unter ihnen waren Wei Dai, der mit b-money eine hypothetische Kryptowährung erdachte, die viele Prinzipien aufweist, die heute Bitcoin definieren. Und Adam Beck, dessen Anti-Spam-Mechanismus Hashcash die Basis für das Mining darstellt. Mit Hashcash schlug Beck ein Proof-of-Work-Prinzip für den digitalen Raum vor: Also dass das Versenden einer Mail, das Schürfen eines Coin oder das Bestätigen einer Transaktion mit einer Rechenleistung bezahlt wird. Ebenso dabei war Hal Finney, ein weiterer selbsternannter Cypherpunk und ehemaliger PGP-Entwickler, der das Token-System RPOW erdacht hatte und Gefallen an Szabos Bit Gold fand. Finney schlug vor, ihn bei der Implementierung zu unterstützen.

Satoshi Nakamoto schrieb später in seinem Forum bitcointalk.org, dass er seine Ideen unter anderem aus jener Cypherpunk-Gemeinschaft gezogen hätte. Bitcoin sei eine Implementierung von Wei Dais b-money und Nick Szabos Bit Gold – letzteres wird im Whitepaper jedoch mit keinem Wort gewürdigt. Sowohl Wei Dai, Adam Back als auch Hal Finney hatten während der Entwicklung und auch nach der Veröffentlichung von Bitcoin regelmäßig Kontakt zu Nakamoto. Nur Nick Szabo nicht – und das obwohl doch viele seiner Ideen in diesem Projekt Wirklichkeit wurden. Szabo räumt deshalb auch ein – trotz seines Dementi zu den Nakamoto-Spekulationen – dass es „einen Haufen Parallelen“ zwischen Bit Gold und Bitcoin gäbe und er verstehe, dass das „für eine Menge Leute merkwürdig aussieht.“

3. Satoshi Nakamotos Initialien

Hal Finney hat einige seiner privaten Emails mit Satoshi Nakamoto öffentlich gemacht. Interessant ist, dass Nakamoto erwähnt, er habe in seinem Bitcoin-Zugangsschlüssel seine Initialen verarbeitet: NS. Doch eigentlich sind die Initialen von Satoshi Nakamoto: SN. Mögliches Gegenargument, das bleibt: Bei Nakamoto handelt es sich um einen Japaner und im asiatischen Raum ist es üblich, den Nachnamen zuerst zu nennen.

Beim Blick auf Nakamotos Forenbeiträge und Emails fallen jedoch dessen Sprachduktus und Wortschatz auf. Er schreibt nahezu fehlerlos, mit einer korrekten Interpunktion und bedient sich Redewendungen und Floskeln, die vor allem gebürtige US-Amerikaner nutzen. Es ist also unwahrscheinlich, dass Nakamoto Englisch als Fremdsprache gelernt hat. Zwar hat Nick Szabo ungarische Wurzeln, er ist jedoch in den USA geboren, aufgewachsen und hat an der University of Washington promoviert. Ja, der Buchstabendreher in den Initialen ist sicherlich ein dürres Indiz – aber es ist eines von vielen.

4. Bekam Nick Szabo Unterstützung von Hal Finney?

Womöglich ist es auch einfach wahr, was Nick Szabo immer wieder beteuert: Er ist gar nicht Satoshi Nakamoto. Vielleicht bedient er sich jedoch einer Spitzfindigkeit bei seinem Dementi: Nicht er alleine, sondern er und eine zweite Person – womöglich Hal Finney – haben zusammen den Namen als Pseudonym verwendet. Das lassen zumindest einige Indizien vermuten: Szabo wollte seine Idee für Bit Gold 2008 überarbeiten und wiederbeleben. Im April desselben Jahres schrieb er darüber auf seinem Blog und fragte: „Mag mir jemand helfen, das zu coden?“

Nur viereinhalb Monate später – im November 2008 – stellte Satoshi Nakamoto das Bitcoin-Whitepaper ins Netz. Zwei Monate darauf wurde die erste Implementierung der Kryptowährung veröffentlicht. Zu diesen Zeitpunkt veränderte Szabo rückwirkend das Veröffentlichungsdatum seines Blog-Eintrags zu Bit Gold auf den Dezember 2008. Es sollte offenbar so erscheinen, als habe er seine Idee im Fahrwasser von Bitcoin reanimiert und vergeblich nach Hilfe von fähigen Entwicklern gesucht.

Szabo und Finney kannten sich bereits sei 1993. Das stellt sich eine entscheidende Frage: Wieso sollte Finney einer völlig unbekannten Figur wie Satoshi Nakamoto helfen, ein Projekt umzusetzen, das von Bit Gold inspiriert ist, und nicht seinem guten Bekannten, der das Original erdacht hat? Berechtigte Frage, oder?

Zudem hat Satoshi Nakamoto sein Whitepaper nicht in der ersten Person geschrieben. Er schreibt nicht aus der Sicht eines einzelnen Entwicklers, sondern aus der Perspektive eines Teams: „Wir schlagen eine Lösung vor…“, „Wir definieren eine elektronische Münze…“, „Wir werden später zeigen, dass...“ So oder ähnlich beginnen viele Sätze des Dokuments.

Hal Finney war außerdem der erste, der auf Satoshis Veröffentlichung des Bitcoin-Codes antwortet. Das verlieh dem zuvor unbekannten und ominösen Genie eine gewisse Souveränität und Glaubhaftigkeit. Später wurde Finney die erste Person, die eine Überweisung via Bitcoin erhielt. 10 der digitalen Münzen schickte Satoshi Nakamoto an den Entwickler.

Und da ist noch etwas. Eventuell ist es lediglich ein dummer Zufall: Finney lebte zu diesem Zeitpunkt in Arcadia, nur wenige Straßen von einem Mann mit dem Namen Dorian Prentice Satoshi Nakamoto entfernt. Ausgerechnet jenem Mann, dem Newsweek 2014 unterstellte, das „Gesicht hinter Bitcoin“ zu sein.

5. Szabos Schweigen zu Bitcoin

Ebenso interessant wie das, was Szabo schrieb, ist worüber er sich nicht äußerste. Er schwieg sich fast zwei Jahre lang zu Bitcoin aus. Er würdigte das Bitcoin-Whitepaper zunächst keines Wortes und schien nicht zur Kenntnis zu nehmen, dass da ein vollkommen Unbekannter sich seiner Ideen bediente. Vor allem angesichts der Tatsache, dass sich Szabo fast zehn Jahre mit dem Thema befasst hatte, ist das schon verdächtig. Auch als Bitcoin allmählich ein Publikum fand, war ihm das kaum eine Silbe wert.

Erst 2009 erwähnt der Computerwissenschaftler die Kryptowährung als Randnotiz in seinem Blog. Als Bitcoin 2010 erfolgreicher wird und erstmals die Ein-Dollar-Schwelle durchbricht, bleibt Szabo ruhig. Ein Jahr darauf schreibt er anerkennend und offenbar zufrieden, dass einst nur er, Wei Dai und Hal Finney an ein Konzept wie Bitcoin geglaubt und es ausdauernd verfolgt hätten - jedenfalls bis Nakamoto kam. Wobei er anführt, dass Nakamoto durchaus einer aus eben dieser Gruppe sein könnte – nämlich Hal Finney oder Wei Dai. Als Satoshi 2011 untertaucht, fängt Szabo an, ausführlicher über Bitcoin und dessen Möglichkeiten zu schreiben.

Genau diese Texte bieten weitere Anhaltspunkte, die eine Verwandtschaft von Szabo und Nakamoto stützen. Denn 2014 verglichen 40 angehende Linguisten der Aston University das Bitcoin-Whitepaper mit Texten von 11 Personen, denen nachgesagt wird, Satoshi Nakamoto zu sein. Das Resultat? „Die Anzahl an linguistischen Ähnlichkeiten zwischen Szabos Schriften und dem Bitcoin-Thesenpapier sind irritierend. Kein anderer der möglichen Kandidaten bietet auch nur ein annähernd so gute Treffer.“ Selbst wenn Szabo nur einer von mehreren Menschen war, die unter dem Namen Satoshi Nakamoto unterwegs gewesen sind: Er hat vermutlich große Teile des Whitepapers geschrieben.

6. Warum wehrt er sich gegen die Gerüchte?

Es deuten also mehr Indizien auf Nick Szabo als auf jeden anderen. Aber wenn er Satoshi Nakamoto ist, warum wehrt er sich dann so gegen den Ruhm? Die Gründe dürften vielfältig sein: Alleine schon sein Bitcoin-Schatz würde ihn zur Zielscheibe machen – nicht nur von Kriminellen, sondern auch Regierungsbehörden. Ebenso würde der Erfinder des Bitcoin unter ähnlicher Beobachtung stehen wie Elon Musk, Mark Zuckerberg und andere Tech-Promis – wenn nicht sogar noch mehr.

Wäre der Beweis erbracht, dass Nick Szabo der mysteriöse Satoshi Nakamoto ist, würden ihn nicht nur Ruhm und Ehre, sondern auch Missgunst und Hass erwarten. Andreas Antonopoulos, der Autor des Buchs Mastering Bitcoin zog hier einen passenden Vergleich: Würde Satoshi Nakamoto enttarnt werden, erginge es ihm ähnlich wie dem Titan Prometheus aus der griechischen Mythologie. Er hatte sich erdreistete, das Feuer aus dem Olymp zu stehlen und es den Menschen zu geben. Ein Akt, für den ihn Zeus mit ewigen Qualen bestrafte.

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