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Wir haben mit dem Apple-Co-Gründer Steve Wozniak über deutsche Autos, das Geheimnis von Tesla und Flugtaxis geredet

von Michael Förtsch
Der Apple-Co-Gründer Steve Wozniak hat auf dem Innovationskongress MQ! von Audi die Eröffnungsrede gehalten. Dort hatte hat der Computerpionier WIRED Germany verraten, wieso Tesla so erfolgreich ist, warum er Flugtaxis für Unfug hält und warum man die deutschen Autobauer nicht einfach abschreiben sollte.

Lange ist's her. Das gibt auch Steve Wozniak gerne zu. Vor 42 Jahren hat er gemeinsam mit Steve Jobs den Grundstein von Apple gelegt – oder besser gesagt: gelötet. Denn er hat nach einem Treffen von Hobby-Computer-Bastlern (von denen nicht wenige ebenso Karriere machten) die Platine des Computers erdacht aus dem wenig später der Apple 1 wurde. Also der erste wirklich erschwingliche Heimcomputer. Mittlerweile interessieren die Computer Wozniak nicht mehr so sehr. Stattdessen, sagt der Co-Gründer von Apple, „denke ich sehr viel über die Zukunft der Mobilität nach. Ich interessiere mich dafür, wie wir durch die Welt kommen und wie sich unser Leben dadurch verändert.“ Auch daher wurde er bereits zum zweiten Mal von Audi zum MQ! Summit nach Ingolstadt eingeladen. Auf dem Zukunfts- und Mobilitätskongress trafen sich Ingenieure, Verkehrsvordenker, Start-up-Gründer und natürlich auch Macher aus der deutschen Autoindustrie.

Abseits der großen Rednerarena hatten wir Gelegenheit uns in einem kleinen Nebenraum in der Halle B des Güterverkehrszentrums mit Steve Wozniak zusammenzusetzen, der erst wenige Minuten zuvor über den Mut zur Innovation und die Geburt des iPod gesprochen hat – und was diese mit Elektroautos zu tun hat. Denn wie bei dem kleinen MP3-Player mit Festplatte gehe es auch bei Elektroautos darum, die Chuzpe aufzubringen, ein Konzept aufzunehmen, es konsequent in ein Produkt zu verwandeln und auf den Markt zu bringen. Selbst wenn das schief gehen könnte. Das hätte auch Elon Musk bei Tesla getan. „Tesla war eine große Überraschung. Niemand konnte das wirklich vorhersagen“, sagt Steve Wozniak über den E-Autobauer. „Niemand hatte eine Formel, die besagt: Ja, so geht das das jetzt mit den Autos – den Elektroautos.“

Vor Tesla hätte in den vergangenen Dekaden kaum jemand an die Idee eines batteriebetriebenen Alltags-PKW geglaubt. „Wenn du das Antriebskonzept deines Autos ändern willst, dann willst du keine Abstriche machen“, sagt Wozniak und meint damit auch jetzt noch oft kritisierte Punkte wie kurze Reichweite, veränderte Bedienkonzepte und lange Tankstopps. „Daher machte es lange keinen Sinn, vor allem keinen ökonomischen und wirtschaftlichen Sinn, ein großes elektrisches Auto [wie das Model S] zu bauen.“ Stattdessen sei – abgesehen von Ausnahmen wie dem schnell wieder eingestampften General Motors EV1 – nur an kleinen Elektrofahrzeugen ernsthaft gearbeitet worden. „Doch die Sache ist: Elon Musk hat eine große Familie. Also wollte er ein großes elektrisches Auto für sich selbst“, erklärt Wozniak. „Der Gedanke kam nicht aus der Marktforschung. Er wollte es einfach haben.“

Das Geheimnis von Tesla

Der Erfolg von Tesla liegt aus Sicht von Steve Wozniak aber nicht primär an den Fahrzeugen. „Wichtiger sind die Supercharger“, glaubt der Computerpionier. „Wir haben in den USA ein vergleichsweise günstiges Elektroauto, so eines habe ich: einen Chevy Bolt EV. Das ist ein nettes Auto, es hat eine gute Reichweite, du kommst 225 Meilen [Anm. der Red. rund 360 Kilometer] weit. Du kannst damit durchaus auf einen Road-Trip gehen.“ Allerdings habe der rund 30.000 Euro teure Wagen ein großes Problem. Trotz der durchaus überzeugenden Reichweite sei der Besitzer bei längeren Touren eingeschränkt. „Die Ladesäulen dafür findest du fast ausschließlich in den Städten. In den USA hast du aber echt viel Land zwischen den Städten“, so der Apple-Co-Gründer. „Du willst nicht zwei Stunden fahren und dann über Nacht laden müssen, um am nächsten Tag weiterzukommen.“

Genau diese Krux hätte Tesla richtig als einen „Abstrich“ gegenüber traditionellen Verbrennerfahrzeugen erkannt. „Wir brauchen das Auto und das Ladenetzwerk – als Ersatz für die Tankstellen“, bestärkt Wozniak, der sich übrigens auch die Mitentwicklung der ersten Universalfernbedienungen auf die Fahnen schreiben kann. „Sie bauten für fünf Jahre, schlossen Kooperationen mit Hotels, Supermärkten, einzelnen Läden und so weiter. Sie sorgten dafür, dass sie überall sind, so dass du überall hinfahren kannst – egal wann du willst oder wohin du willst, ganz ohne, dass du dir irgendwelche Gedanken machen musst.“

Alleine mit seiner Infrastruktur habe sich Tesla einen Fünf-Jahre-Vorsprung vor allen anderen erarbeitet. Umso bemerkenswerter findet der ehemalige Hewlett-Packard-Mitarbeiter Wozniak den Einsatz, den deutsche Autofabrikanten zeigen: Audi mit dem e-Tron, BMW mit seinem i3, Porsche mit dem Taycan, Mercedes mit dem EQC und dem Ladestationen-Joint-Venture IONITY. „Sie investieren eine Milliarde in die Ladestationen“, so Wozniak. „Aber sie reden immer nur davon, sie in die Städte zu stellen – für Leute, die oft in den Städten bleiben. Das ist ein echt großer Fehler. Dabei geht es doch darum, die ganze Welt aufzutun und erlebbar zu machen.“ Daher empfiehlt er anderen Autoherstellern, sich doch mit Tesla zusammenzutun und ein gemeinsames und globales Netz aufzubauen.

VW will billigere E-Autos bauen als Tesla

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von Michael Förtsch

Wo die deutschen Autobauer nach wie vor ganz weit vorne seien, sagt Wozniak mit Nachdruck, das sei die Ausgestaltung der Fahrzeuge – und damit auch deren Bedienelemente. Er verstehe zwar den Reiz der Tesla-Designer, alle Knöpfe und Schalter aus den Autos zu verbannen und sie durch ein einziges Tablet zu ersetzten – allerdings: „Das ist gefährlich und macht es nicht gerade übersichtlich“, so Wozniak. „Ich bin sicher nicht das Zentrum des Auto-Universums: Aber ein Schirm wie ein riesiges iPhone, das funktioniert für mich nicht. Drehschalter und Sechs-Achsen-Knöpfe, die wirklich dort sind, wo du gut hin fassen kannst, die sind einfach komfortabler und sicherer.“ Die Fähigkeit, ein Auto so zu bauen, dass es intuitiv kontrollier-, erlebbar und komfortabel ist, würde Tesla und auch vielen anderen Start-up-Autobauern noch fehlen. Die deutschen Pioniere hingegen hätten dieses Können über Jahrzehnte hinweg perfektioniert – und das dürfe man nicht unterschätzen.

Noch wichtiger wäre es, nicht nur technologisch gute Autos bauen zu können, sondern auch welche, in die sich jeder gerne hineinsetzt und auch über weite Strecken fahren will. „Ich habe oft gescherzt, dass Tesla glücklicherweise nicht die Zahl der Leute veröffentlichen muss, die sich in den Rücksitzen fiese Wirbelsäulen-, Bein- und Rückenverletzungen zuziehen“, lacht Wozniak. Außerdem habe es das Unternehmen von Elon Musk „über fünf Jahre nicht bekommen, eine Klimaanlage zu verbauen, die wirklich funktioniert.“ Doch trotz vieler Unzulänglichkeiten habe der wankelmütige Elon Musk einen Umbruch angestoßen, „ganz ähnlich wie es das iPhone damals tat“.

Steve Wozniak ist kein Flugtaxi-Fan

Was autonome Mobilität angeht, da sieht Steve Wozniak viel Potenzial aber auch große Herausforderungen. Viele etablierte Verkehrsmittel ließen sich sehr einfach automatisieren und fast gänzlich ohne Menschen betreiben. Ein autonomer Hochgeschwindigkeitszug, eine autonome S-Bahn oder Tram, das „ist kein großes Ding.“ Denn diese haben Schienen und damit eine abgesteckte Bahn, die sich nicht ändert und mühelos von Computersystemen überwachen lässt. „Das sehen wir jetzt schon“, sagt Wozniak. „Und das wird normal werden.“ Misstrauischer ist er autonomen Autos gegenüber, die nicht nur auf der Autobahn die Kontrolle übernehmen sollen, sondern mit Autonomiestufe 5 gänzlich selbstständig und überall unterwegs wären.

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Die Herausforderungen wären dabei weniger die Künstlichen Intelligenzen, Sensoren oder Computersysteme, sondern die Unberechenbarkeit des Alltags im Straßenverkehr. „Ich habe große Zweifel, dass sie [die Systeme], das meistern können“, sagt Wozniak. „Ich würde nicht mein Leben darauf setzen – zumindest nicht so bald. Wir brauchen Menschen, die das verstehen – und die [Künstlichen Intelligenzen] funktionieren nicht wie menschliche Gehirne.“ Aber die bräuchte es nun einmal, um komplexe Situationen wie Baustellen, Unfälle, Umleitungen und einfach das irrationale und abstrakte Verhalten von menschlichen Verkehrsteilnehmern einzuschätzen und dann die richtigen Entscheidungen zu treffen. Das, denkt er, werden autonome Autos wohl auf Jahre oder Jahrzehnte hinweg nicht leisten können.

Ähnlich zweifelnd – oder zumindest unsicher – ist Wozniak was die Begeisterung vieler für Flugautos und Flugtaxis betrifft. Die könne er so gar nicht nachvollziehen – auch weil er sich schon sehr lange mit diesen Fantasien herumschlagen musste. „Ich konnte Flugautos nie wirklich verstehen. Ich habe mein ganzes Leben immer wieder Menschen darüber reden gehört. Man kann nicht sagen, dass sie nicht funktionieren werden“, relativiert Wozniak. „Du kannst aber auch nicht mit Sicherheit sagen, dass sie ökonomisch sein werden.“ Selbst wenn sie etwas effizienter werden als Helikopter, würde es dennoch viel Strom brauchen, sie überhaupt in die Höhe zu hieven. Das würde ihren Betrieb sehr energieaufwändig machen. Überdies wären sie laut, würden viel Wind verursachen und dadurch in Wohngegenden und Großstädten eigentlich unangebracht.

Dazu glaubt Wozniak nicht daran, dass Vehikel wie Cora, der Lilium Jet oder der Volocopter wirklich die Massen erreichen werden und damit als Technologie einen großen Niederschlag finden. „Wenn sie in die Serie gehen, werden wir es sehen“, sagt Wozniak. „Ich glaube jedoch nicht, dass Flugautos eine große Zukunft haben werden. Ich würde nicht darauf setzen.“ Stattdessen würden sie wohl ein ähnliches Schicksal erleiden, wie es Helikopter taten: Sie würden von einer Elite, Behörden und dem Militär genutzt oder für besondere Ereignisse und Stecken eingesetzt. Dass sich jemand mehrmals in der Woche ein Flugtaxi ruft wie jetzt bereits ein normales Taxi oder ein Uber, das hält der Apple-Co-Gründer für unrealistisch.

Hyperloop? Das kann funktionieren.

Einiges an Hoffnung setzt Steve Wozniak in den Hyperloop. Das von Elon Musk beworbene Konzept eines Schwebezuges, der mit bis zu 1.200 Kilometern pro Stunde durch eine Vakuum-Röhre saust, sei durchaus spannend. „Ich glaube, der Hyperloop könnte eine echt effiziente Methode sein, um sich fortzubewegen“, spekuliert der Computerpionier. Denn damit könnten vor allem die großen Städte der Welt näher zusammenrücken und wichtige Güter rascher transportiert werden. Würde der Hyperloop wirklich an die versprochenen Geschwindigkeiten herankommen und sicher sein, wäre er sehr beeindruckt. „Doch es gibt ein Problem“, schränkt Wozniak ein. „Er bringt dich nur von einem definierten Punkt A zu einem definierten Punkt B.“

Hamburg bekommt (vielleicht) einen Hyperloop

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von Michael Förtsch

Mit seinem Bahnhof-zu-Bahnhof-Prinzip könnte der Hyperloop über große Distanzen ein tolles Verkehrsmittel werden. Aber immer noch müssten sich die Passagiere dann von den einzelnen Stationen bis zu ihrem eigentlichen Ziel durchschlagen. Genau das sei aber eines der Ärgernisse unserer heutigen Infrastruktur, die es in Zukunft anzugehen gilt. „Wenn du rasch von Las Vegas nach Los Angeles kommst, ist das toll. Aber dann fragst du dich: Wo ist mein Auto? Wie komme ich weiter? Und da liegt der Ursprung des Stress, den wir nicht haben wollen“, sagt Wozniak. „Ich glaube, Hyperloop hat wirklich Potenzial – aber eben auch nur begrenzt.“

Was sich Steve Wozniak wünscht, wäre eine ganzheitliche Lösung, um Menschen wirklich von einem Punkt zum anderen zu bringen – ohne dass sie sich selbst noch groß um ihren Transport kümmern müssen. Ansätze dafür sieht er in Ride-Sharing und Shuttle-Diensten. „Wir brauchen Fahrzeuge, in denen wir nicht nur sitzen und sinnlos unsere Zeit verplempern“, sagt Wozniak. „Im Silicon Valley, der San Francisco Bay Area, da sind morgens etliche Busse auf den Straßen, die die Leute der großen Tech-Firmen einsammeln und zu den Unternehmen fahren. Die haben in den Bussen High-Speed-Internet, sie können dort arbeiten und werden dafür bezahlt.“

Zumindest für einen guten Teil unseres Lebens, den Weg zur Arbeit, sei das ein guter Ansatz, der nicht nur Nerven schont, sondern auf Autos einspart. An dessen Weiterentwicklung arbeitet auch Apple gerade mit seinem Projekt Palo Alto to Infinite Loop – oder kurz: PAIL. Daraus soll ein Shuttle-Dienst entstehen, der Apple-Mitarbeiter in umgerüsteten VW-T6-Transportern vollkommen autonom zwischen verschiedenen Campus- und Bürogebäuden in der San Francisco Bay Area herum chauffiert. Diese Fahrzeuge und Dienste, glaubt Wozniak, könnten ein richtiger Schritt sein und sollten weitergedacht werden – selbst wenn der Apple-Co-Gründer nicht wirklich an autonome Autos glaubt.

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