
In drei Wörtern um die Welt. Das britische Start-up what3words hat ein revolutionäres globales Adresssystem entwickelt. Jede Stelle auf dem Globus bekommt dabei eine Kombination aus drei Wörtern zugeteilt. Klingt wie eine witzige Idee, überzeugt aber auch große Unternehmen. Ab sofort verwendet auch DB Schenker, die Logistik-Tochter der Deutschen Bahn, das Drei-Wörter-System.
Statt der langweiligen Münchner Standardanschrift könnte die WIRED-Redaktion auch bewegte.reifen.turnen in ihr Impressum schreiben – und trotzdem würde jeder Besucher das richtige Gebäude finden, sogar den richtigen Eingang. Zumindest dann, wenn sich die Idee eines englischen Start-ups durchsetzt. Die Firma what3words will weltweit solche zufällig generierten Drei-Wort-Adressen etablieren. Klingt seltsam, ergibt aus Sicht von zwei großen Unternehmen aus Deutschland aber durchaus Sinn.
Mit Daimler arbeiten die Briten bereits zusammen, seit heute zählt what3words auch den Logistik-Riesen DB Schenker zu seinen Partnern, ein Tochterunternehmen der Deutschen Bahn. Mit der neuen Adressen-Systematik sollen die Schenker-LKW-Fahrer künftig schneller das genaue Ziel von Lieferaufträgen finden. Und so funktioniert’s: Jedes von fast 60 Milliarden kleinen Quadraten, in die die komplette Planetenoberfläche aufgeteilt ist, bekommt eine Kombination aus drei zufälligen Wörtern zugeteilt. Sie ersetzen Straßennamen und Hausnummern.
Die Quadrate messen drei mal drei Meter, sind also in etwa so groß wie zwei Tischtennis-Platten. Das macht das System deutlich ungenauer als GPS. Doch es ist, zum Beispiel für LKW-Fahrer, immer noch deutlich präziser als Straße und Hausnummer. Außerdem hat es einen Vorteil, die Planquadrate nicht zu klein zu machen. Denn man braucht nur noch etwa 25.000 deutsche Wörter. Aus denen kann man genügend Kombinationen bilden, um die gesamte, landbedeckte Erdoberfläche abzubilden. In der englischen Version sind es 40.000 Wörter, da hier auch die Meeresoberfläche inbegriffen ist. In beiden Fällen sind die langen Zahlenreihen, die sich bei GPS-Koordinaten nach dem Komma befinden, nicht nötig.
Hund.Katze.Maus ist eingängiger als GPS-Koordinaten
Erik Wirsing war zunächst skeptisch, als er von der Idee hörte. Dabei ist Wirsing gegenüber neuen Dingen grundsätzlich aufgeschlossen, das schuldet er schon seiner Arbeitsplatzbeschreibung als Vice President Global Innovation bei DB Schenker. Wirsing hat schon viele Logistik-Start-ups bewertet. Mit rund 2000 von ihnen hat er sich nach eigener Aussage in den letzten Jahren beschäftigt. Und trotzdem war what3words für ihn anders: „Je mehr ich mich mit dem Thema beschäftigt habe, desto mehr mochte ich die Idee“, sagt er zu WIRED. Sie sei simpel, aber genial. Die geringe Anzahl an Wörtern in ein System zu programmieren und diese dann zu kombinieren, sei technisch banal, habe aber immensen Nutzen für das Unternehmen.
Natürlich könne man auch weiterhin einfach das althergebrachte System mit Straßennamen und Hausnummern verwenden, sagt Wirsing. Doch führe dies beispielsweise die Fahrer der DB-Schenker-LKW nur zum Werkstor einer Fabrik. Das Drei-Wort-System könne den Fahrer aber zu einem genau definierten Bereich auf dem Gelände führen, etwa zur vierten Ladeluke im Hinterhof eines Ladeabschnitts. Auf großen Messen ließen sich mit den drei Wörtern genaue Treffpunkt oder der Standort eines Standes zuverlässig und schnell finden.
Mit den genauen Zielkoordinaten des what3words-Systems könnte ein neuer Fahrer den Auftrag daher genauso schnell erledigen wie ein alter Hase, der die Tour schon genau kennt. Das sei sicherlich auch mit GPS möglich, sagt Wirsing, eine Koordinate wie Hund.Katze.Maus sei für den Nutzer aber deutlich eingängiger und leichter zu merken als komplizierte Zahlenkolonnen. Technisch benötigt die what3words-Navigation allerdings zwar keinen Handy-, wohl aber GPS- Empfang. Denn am Ende basiert auch das vereinfachte System auf GPS-Koordinaten.

Kunden von DB Schenker können nun auch an ihre Drei-Wort-Adresse liefern lassen.
Der Code steht jedem zur Verfügung
Das Start-up will seine Idee verbreiten und stellt den Code jedem Privatnutzer zur freien Verfügung. Die Nutzung der Karte über die Homepage oder App ist für den User ebenfalls kostenlos. Geld verdient das Start-up mit der kommerziellen Implementierung der API. Unternehmen können dann pro Abruf zahlen oder eine Flatrate abonnieren.
Die Deutsche Bahn ist schon vor einigen Jahren mit einer Minderheitenbeteiligung bei what3words eingestiegen. Als erstes Firmengebäude in Deutschland ist die Konzernzentrale in Berlin dann auch mit der Drei-Wort-Adresse verziert: lebendig.webseiten.auflösen. Darüber hinaus gäbe es sicher noch einige Möglichkeiten, bei der Bahn what3words-Adressen zum Wohle der Kunden einzusetzen. Damit könnte, zum Beispiel, der Standort der richtigen Zugtüren am Gleis angegeben werden. Das wäre besonders hilfreich, wenn sich mal wieder kurzfristig die Wagenreihung ändert.
Bei DB Schenker macht man seit heute Nägel mit Köpfen. Ab sofort können Kunden ihre Lieferung über das Online-Portal des Logistikers auch mit dem neuen Adresssystem buchen. Damit könnte sich ein Wert verbessern, der kürzlich durch eine Studie ermittelt wurde: Demnach gibt es bei 73 Prozent aller Sendungen in Deutschland Probleme beim Auffinden der richtigen Privat- oder Firmenadresse. In über einem Viertel der Fälle funktioniert die Lieferung nicht ohne zusätzliche Informationen. Das what3words-System könnte das überflüssig machen.