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Weltrekord bei Stuttgart: Diese Windräder sind ein Wasserkraftwerk

von Benedikt Plass-Fleßenkämper
Unweit der schwäbischen Gemeinde Gaildorf dreht sich in Sachen Energiewende das große Rad. Und zwar im wahrsten Sinne: General Electric und andere Unternehmen bauen die welthöchste Windenergieanlage mit integriertem Pumpspeicher.

Bis zum Jahr 2030, allerspätestens bis 2050, könnte die globale Energiewende vollzogen sein. Das Ziel dabei ist es, konventionelle Brennstoffe durch erneuerbare Energien vollständig zu ersetzen. Deutschland gehört bei der Energiewende mittlerweile zu den treibenden Kräften, zahlreiche Unternehmen arbeiten an neuen Ideen und innovativen Konzepten. Ein besonders interessantes Projekt entsteht derzeit im Schwäbisch-Fränkischen Wald, genauer gesagt in Gaildorf.

Die Kleinstadt im Regierungsbezirk Stuttgart ist umringt von reichlich Natur. In dieser Gegend baut GE Renewable Energy, eine Tochterfirma des US-Mischkonzerns General Electric, zusammen mit dem deutschen Bauunternehmen Max Bögl einen Windpark mit den nach eigenen Angaben größten Windrädern der Welt. Letztere sollen jeweils 246,5 Meter hoch sein und einen Rotordurchmesser von 132 Metern haben. Doch nicht alleine die Dimensionen sind das Besondere an dem Pilotprojekt namens Naturstromspeicher.

Jedes der vier Weltrekord-Windräder des Windparks ist mit zwei Wassereinheiten verbunden: dem Aktiv- und Passivbecken. Während die Windräder sich drehen, erzeugen sie Energie. Diese wird unter anderem dazu genutzt, um das Wasser innerhalb ihrer Strukturen – dem Aktivbecken – rund 40 Meter hochzupumpen. Darüber hinaus steht das Windrad in einem Passivbecken, das bis zu 160.000 Kubikmeter Wasser fasst.

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Normalerweise wird durch Windräder erzeugte Energie nicht gespeichert, da dies zu teuer ist. Der Strom geht direkt ins Netz oder man schaltet die Windräder ab, wenn kein Strom benötigt wird. Beim Naturstromspeicher dagegen nutzen die Macher das Wasser als Energiespeicher: Wenn Windstille herrscht, fließt das Wasser von den auf Anhöhen positionierten Windrädern rund 200 Meter ins Tal in ein Becken. Dazwischen sind Turbinen platziert, die das herabfließende Wasser in Energie verwandeln.

Später wird das Wasser dann wieder nach oben zu der Mischung aus Windpark und Pumpspeicherkraftwerk gepumpt. Der Naturstromspeicher gehört damit zu den sogenannten Flexibilitätskraftwerken. Diese können schnell auf die Anforderungen des Strommarktes reagieren, indem überschüssige Energie zwischengespeichert und die Anlagen bei Bedarf innerhalb kürzester Zeit herunter- oder hochgefahren werden.

„Flexibilitätskraftwerke vermeiden die teure Abregelung der Anlagen für Erneuerbare Energien und halten die Netze stabil“, wird das Konzept in der offiziellen Naturstromspeicher-Broschüre erläutert. „Wir nehmen den Kritikern der Windkraft den Wind aus den Segeln und rüsten die Windparks selbst zu flexiblen Stromspeichern auf“, sagt Alexander Schechner, Geschäftsführer der MBS Naturstromspeicher GmbH. Oder anders ausgedrückt: Der Naturstromspeicher wird zu einer umweltfreundlichen Großbatterie.

Verläuft alles nach Plan, gehen die vier Windräder Ende 2017 ans Netz, der komplette Windpark in Gaildorf soll Ende 2018 in Betrieb gehen. Rund 40 Gigawattstunden könnten laut Technology Review alleine durch Windkraft erzeugt werden, in den Wasserbecken stecken zusätzlich noch 70.000 Kilowattstunden.

Das ambitionierte Projekt kostet 70 Millionen Euro, gut zehn Prozent davon finanziert das Bundesumweltministerium. Den Kosten gegenüber stehen geplante Einnahmen von 6,5 Millionen Euro pro Jahr. Womöglich könnten es sogar mehr werden, denn die Betreiber haben schon weitere Ideen für die Anlage. Sie planen etwa, einen schwimmenden Wärmetauscher zu installieren, der als Naturwärmespeicher fungiert.

Die Windräder und ihre Wasserbecken sind über eine spezielle Druckrohrleitung mit dem Unterbecken im Tal verbunden. So kann je nach Bedarf Wasser abgelassen oder auch wieder hochgepumpt werden

Das Konzept, dass große Windräder auch Wasser in sich aufnehmen können, dürfte weltweit einzigartig sein. Doch die grundlegende Idee, Windkraft mit Wasserspeicher beziehungsweise Wasserkraft zu kombinieren, ist nicht neu. Beispielsweise ist ein solches System auf der Kanaren-Insel El Hierro in Betrieb. Laut Max Bögl ist die Anlage in Gaildorf nur der Auftakt für weitere gleichartige Wind-Wasser-Projekte, zum Beispiel im Betrieb mit Salzwasser. 

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