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So werdet ihr kreativ: 8 Tricks der Künstlerin Miranda July

von WIRED Editorial
Sei kreativ, am besten immer und überall. Die Künstlerin Miranda July verkörpert diese Prämisse auf fast schon absurde Art: Caméra d'Or in Cannes, Pavillon der USA auf der Biennale in Venedig, Kurzgeschichten, Roman, eigene App und eine nach ihr benannte Handtasche – wow! Hier sind acht Tipps für den Weg zu so viel Kreativität.

Kunst, Literatur, Film, Mode, Technologie – allein der enorme Durchsatz kann schon einschüchtern, zumal Miranda July auch noch Erfolg hat mit dem, was sie tut. Sie ist eine Art Renaissance-Frau der internationalen Kulturszene.

Für die aktuelle Ausgabe von WIRED haben wir sie in ihrem Studio in Los Angeles getroffen. Wie lebt und arbeitet eine Künstlerin, die innerhalb so kurzer Zeit so viel schafft – und dabei ständig neue Ideen entwickelt? Acht Dinge, die man von ihr lernen kann:

1. Es gibt keinen perfekten Moment, um zu arbeiten, du musst es einfach tun
Schockierend, aber wahr: Kreative Arbeit ist leider auch einfach nur Arbeit. Und die Idee des genialen Künstlers, der keinen Finger heben kann bis ihn nicht die Eingebung trifft, die ist leider nur ein romantisches Ideal. „Ich arbeite jeden Tag den ganzen Tag, wie andere Menschen mit einem Job“, sagt July.

2. Lass dich nicht von Perfektion lähmen
„Der erste Entwurf ist immer hässlich“, sagt July. Und das von einer Frau, deren Arbeit vor allem von Eleganz und Stil geprägt ist, von der Garderobe ihrer Charaktere bis zur Filmmusik und der Schriftart im Abspann. Am Anfang, sagt July, dürfe man sich nicht vom eigenen ästhetischen Perfektionismus lähmen lassen. Die Arbeit an ihrem Roman etwa sei eher roboterhaft gewesen. Das müsse man aushalten. Hätte sie auf eine Phase gewartet, in der sie auf Anhieb eine elegante Erzählung schreibt, würde es das Buch nicht geben, sagt July.

3. Langweile dich
Zehn Minuten an der Bushaltestelle oder alleine vorm Kino, das hieß früher mal: zehn Minuten, um in die Luft zu gucken. Heute gibt es dafür Apps. Die wollen am liebsten jeden unserer leeren Moment sofort mit einer Aktion füllen. Langeweile sei aber zwingend notwendig, wenn man kreativ sein wolle, sagt July. „Die meisten von uns hatten vorher schon eine Verwendung für diese Zeit. Ob bewusst oder nicht, es ist Teil unseres kreativen Prozesses.“ Oberste Priorität deshalb: Die eigene Langeweile gegen Angriffe von Außen verteidigen. Im Zweifelsfall auch mit digitalen Hilfsmitteln wie der App Freedom, die zeitweise den Zugang zum Internet abdrehen.

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4. Stelle dich deiner Unsicherheit
Du hast Angst, du bist nicht gut genug, weißt nicht genug, musst dich vorbereiten, damit die anderen dich nicht für einen Idioten halten? Vergiss es, sagt Miranda July. All das, was dich davon abhält zu arbeiten, ist in Wahrheit der beste Grund, um zu arbeiten. Angst, Unsicherheit, Zweifel sind das, was uns als Menschen im Kern ausmacht – und deswegen eignen sie sich auch hervorragend als Material. Statt Unsicherheit zu überspielen oder vor ihr wegzurennen, kann man sich ihr ebenso gut stellen und sie für die eigene Arbeit nutzen.

5. Lass los
Es gibt Dinge, die lassen sich recherchieren. Aber wenn es darum geht, die Stimmung für eine Geschichte oder einen Film heraufzubeschwören, kann man das nicht einfach im Netz nachschlagen oder ein Handbuch lesen. Man muss es nach und nach einsammeln – ohne unbedingt zu wissen, wo man die Einzelteile finden wird. „Ich versuche in diesen Phasen einfach präsent zu sein“, sagt July über die Anfänge ihrer Projekte, die immer das Schwierigste seien. „Alles ist im Grunde schon da, du musst nur aufmerksam sein oder dich an die Dinge erinnern, die dir bereits aufgefallen sind.“

6. Sei deine eigene PR-Abteilung
Es ist eine romantisch verklärte Vorstellung, dass Künstler entrückt von der Welt großartige Kunst schaffen, die dann fast schon zwingend ein Weltpublikum findet, sobald sie in die Öffentlichkeit entlassen wird. Miranda July hält nicht viel von dieser Idee. „Ich habe nie erwartet, dass ein Publikum einfach reinspaziert und meine Arbeit schätzen wird. Ich wusste immer, dass es mein Job ist, die Menschen einzuladen.“ Sie glaubt: „Du hast eine Idee, du setzt sie um und dann musst du Veranstaltungen machen und Flyer. Das ist Teil der Arbeit. Ich habe das nie als unter meiner Würde gesehen.“

7. Wenn etwas katastrophal schlecht gelaufen ist, mach es sofort noch mal
Ein Projekt ist total aus dem Ruder gelaufen und du verlässt den Schauplatz mit dem furchtbaren Gefühl, diese Erfahrung nie wiederholen zu wollen. Ein guter Grund, künftig die Finger davon zu lassen, oder? Nicht für Miranda July. Nachdem sie beim Dreh ihres Films The Future völlig frustriert davon war, ständig mit zu wenig Geld und Zeit arbeiten zu müssen, machte sie kurz darauf: einen Kurzfilm für die Modemarke Miu Miu. Der Dreh war gut finanziert und machte Spaß. Ohne diese „therapeutische“ Maßnahme, sagt July, hätte sie nie wieder einen Film drehen wollen.

8. Hau dich selbst übers Ohr
Den Trick, dass man die eigene Steuererklärung in Rekordgeschwindigkeit fertigstellt und alle Fenster in der Wohnung putzt, nur um nicht DEN AUFSATZ/DEN ARTIKEL/DER VORTRAG fertig schreiben zu müssen, dessen Deadline mit ICE-Tempo angerast kommt? Miranda July beherrscht ihn auf höchster Ebene. Sie macht allerdings nicht ihre Steuer, wenn sie sich vor anderen Pflichtarbeiten drücken will. Sie arbeitet einfach an einem anderen Projekt, einer Performance, einem Film, was auch immer. Wichtig ist nur, dass es gerade nicht das ist, was sie eigentlich tun sollte. Arbeitet sie gerade an einem Film, kann das bedeuten, heimlich schon mal einen Roman zu planen. Schreibt sie den Roman, erlaubt sie sich, zum Spaß über eine Performance nachzudenken. So wird bei July selbst das Prokrastinieren produktiv, katapultiert sie immer voran zu einem nächsten, neuen Projekt.

Und jetzt ihr!

Mehr über unseren Besuch bei Miranda July und weitere Artikel zum Thema Kreativität lest ihr in der Sommer-Ausgabe von WIRED, die ab sofort online und an jedem gut sortierten Kiosk zu finden ist. 

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