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Björk hat das kreative Potenzial von Kryptowährungen erkannt

von Johnny Haeusler
Die isländische Sängerin Björk macht mit einer neuen Kryptowährung Werbung für ihr Album. Unser Kolumnist Johnny Haeusler sieht darin den Anfang einer neuen Zeit der Umwälzungen für das Netz.

Immer wieder gibt es Künstlerinnen oder Künstler in der Musikbranche, die sich neben der Veröffentlichung von Songs mit neuen Kunstformen, Formaten oder Technologien auseinandersetzen. Die andere Wege des Marketings suchen und natürlich mehr Geld verdienen wollen. Am besten alles gleichzeitig.

So führte der Boom der CD-ROM Anfang der 90er zu einigen künstlerisch durchaus interessanten, aber wirtschaftlich sensationell erfolglosen Produkten. Projekte wie Peter Gabriels Explora1 oder Prince Interactive (eigentlich fast ein Videospiel) galten damals als wegweisend. Sie wiesen aber leider einen Weg, den das Publikum nicht mitgehen wollte. Dennoch war es spannend, diese künstlerischen Eskapaden zu beobachten.

Und nun kommt Björk mit einem neuen kreativen Ausflug in die Technologie, nämlich in die Welt der Blockchain und Kryptowährungen. In Zusammenarbeit mit Blockpool, einem britischen Blockchain-Dienstleister, dessen CEO Kevin Bacon (nein, nicht der Schauspieler) früher bei der hierzulande eher unbekannten Band Comsat Angels spielte, hat sich die Künstlerin etwas ausgedacht:

Wer im Online-Store von Björk einkauft, kann sich beim Checkout auf Wunsch 100 „Audiocoins“ gutschreiben lassen. Im Rahmen der neuen Kryptowährung nach Vorbild von BitCoin sind das derzeit etwa 19 Cent, und natürlich müssen Nutzerinnen und Nutzer dafür erstmal ein Wallet bei Blockpool einrichten. Danach aber können die Audiocoins in jedes andere Wallet übertragen und gegen echtes Geld eingetauscht werden. Das Ziel der Aktion ist laut Kevin Bacon, die größere Verbreitung von Kryptowährungen. Der Einstieg soll sozusagen schmackhaft gemacht werden.

Weitergedacht könnten Björks Audiocoins zu einer neuen Währung innerhalb der Musikbranche werden und auch von anderen Künstlerinnen, Künstlern und deren Labels genutzt werden. Wenn daraus eine Art Spiel wird, würde man als regelmäßiger Konzertbesucher oder engagierte Musikbloggerin mit Minimalbeträgen entlohnt werden. Ein faninternes Zahlungssystem könnte sich etablieren.

Auf den ersten Blick scheint das sogar fair zu sein: Ich bewerbe das neue Album einer Band mit einem Tweet und bekomme dafür eine kleine Gegenleistung. Die sich auf Dauer vielleicht sogar in anderen Bereichen bezahlt macht.

Würde das System aber weiter die Runde machen – würden also zum Beispiel auch Zeitungsverlage, der Einzelhandel und andere Online-Plattformen jeden Link mit Kryptocoins belohnen – könnten unsere Timelines bald voller Sponsored Posts sein, die als solche nicht mehr zu erkennen wären. Unser Verhalten in den Sozialen Medien könnte plötzlich in Teilen monetär motiviert sein. Jede und jeder würde zum Werbeträger, zum Mikro-Influencer werden.

Vielleicht ist aber das „Web of Trust“ im freundschaftlichen Empfehlungssinne sowieso eine Utopie und nur die technologische Definition überlebt. Als Netzwerk der gegenseitigen Kontrolle und Bestätigung. Oder aber Björk kommt mit ganz neuen, völlig anderen Ideen für ihre Audiocoins daher – ihre Kreativität übertrifft meine mit Sicherheit, daher bleibe ich gespannt.

Egal, wie es kommt: Die Möglichkeiten rund um Blockchain und Kryptowährungen stehen noch ganz am Anfang. Es gibt noch viel kreatives und wirtschaftliches Potential. Das Web, das Netz, die digitale Welt könnte wieder einmal vor massiven Umwälzungen oder wenigstens Erneuerungen stehen. Und das ist bei aller Sorge um die negativen Effekte eine gute Sache. Mal sehen, was wir daraus machen. Oder erstmal Björk daraus macht.

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