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Von wegen „Digital Detox“: So könnt ihr euer Smartphone im Urlaub entspannt nutzen!

von Johnny Haeusler
Auch im Urlaub möchte unser Kolumnist Johnny Haeusler nicht auf seine digitalen Gerätschaften verzichten. Sehr wohl aber auf den Kommunikationsterror, den die Geräte oft mit sich bringen. Er hat daher ein paar Tipps für die digitalen Ferien.

Ich wollte nie, nie, nie über „Digital Detox“ schreiben, also über die „Digitale Entgiftung“. Denn der Begriff suggeriert, dass die digitale Welt ein Gift ist, eine Droge, von der man man Entzug braucht. Was für ein Blödsinn. Damit beschäftigen sich doch nur FAZ-Autorinnen, wenn sie im Urlaub sind und ihren Partnerinnen versprochen haben, das Smartphone derweil EINMAL zur Seite zu legen, aber das Honorar für den Artikel, der in der Urlaubszeit erscheinen soll, trotzdem brauchen.

Und jetzt bin ich selbst im Urlaub und brauche das Honorar für den Artikel, der in der Urlaubszeit erscheinen soll. Das war aber schon oft so, und ich habe es bisher immer geschafft, NICHT über digitale Entgiftung zu schreiben. Weil ich meine Gerätschaften nämlich auch im Urlaub ganz gerne dabei habe. Um mich nicht zu verfahren oder zu verlaufen, um Währungen schnell umrechnen zu können, um bei Regen einen Film schauen zu können, um jedes Buch der Wahl lesen zu können, um kreativ zu sein, um zu übersetzen, Musik zu hören, Sehenswürdigkeiten in der Umgebung zu recherchieren, Fotos aufzunehmen und zu bearbeiten …

Nee, nee, mein Digitalkrams kommt auch in den Urlaub mit

Johnny Haeusler

Wieso sollte ich ausgerechnet in einem fremden Land mit einer Sprache, die ich nicht spreche und einer Währung, die nicht „Euro“ heißt, auf mein Smartphone verzichten und mich damit zum einzigen Menschen der Gegend machen, der mit einer gefalteten Landkarte aus Papier durch die Gegend stolpert? Und wo bekommt man sowas her? Zudem ist die LTE- und WLAN-Versorgung bekanntermaßen in fast allen Ländern der Welt besser ist als zuhause in Deutschland! Nee, nee, mein Digitalkrams kommt auch in den Urlaub mit! Digital is here to stay. Hey, hey, my, my, Digital will never die!

Trotzdem ändert sich natürlich der gesamte Alltag, wenn man Ferien hat, denn dafür macht man ja Ferien, und so verändert sich auch die Nutzung der digitalen Besitztümer. Sie macht nämlich plötzlich wieder Spaß. Das liegt daran, dass es ja nicht das Smartphone oder das Tablet ist, das einem oft Stress verursacht. Sondern die Leute, die einen bei der entspannten Nutzung stören. Und die kann man im beruflichen Alltag halt schwer ausblenden, im Urlaub geht das aber sehr gut. Hier folgen meine Tipps.

E-Mails? Am besten automatisch löschen lassen.

Erstmal automatische Abwesenheitsbenachrichtigungen für alle Mail-Accounts einstellen. „Bin bis 30. August weg“ genügt völlig. Jahreszahl nicht vergessen. Echte Profis (das funktioniert leider nur bei Selbstständigen) setzen dabei das Datum ihrer Rückkehr auf eine Woche nach dem tatsächlichen Ende ihrer Ferien. Nur so hat man die Ruhe, gelassen in den Arbeitsalltag zurückzukehren und vor allem alle Mails zu lesen, die in der Urlaubszeit angefallen sind. Die ganz Harten richten aber sowieso einen Filter ein, der die während der Ferien ankommenden Mails löscht. Weist man darauf in der Abwesenheitsbenachrichtigung hin, spielt man auf Urlaubslevel 10 und hat seine Ruhe. Ich verspreche: Nichts, aber auch gar nichts Schlimmes wird passieren. Wenn das Büro in Berlin brennt, kann man aus Neuseeland ohnehin nicht viel ändern, und irgendjemand wird sich schon kümmern. Alles andere kann eh warten.

Als nächstes, trotzdem: Alle Mail-Benachrichtigungen auf dem Smartphone abschalten. Besser noch: Alle Mail-Apps löschen. Die erneute Installation nach den Ferien dauert keine drei Minuten, die Kontoeinstellungen sind sogar meistens noch vorhanden. Die nicht ganz so Mutigen legen die Mail-Apps bitte wenigstens auf einen weit vom Home-Screen entfernten Bildschirmbereich. Es ist so einfach wie wahr: Apps, die wir nicht beim Einschalten des Smartphones sehen, benutzen wir auch sehr viel seltener. Wer die Mail-Apps wirklich gelöscht hat, kann die Apps für Facebook gleich mit löschen. Und wird sie vermutlich später auch nicht wieder installieren. Zwei Wochen komplette Facebook-Abstinenz genügen dicke, um es völlig zu vergessen.

Instagram, ein schwieriger Fall

Wer es geschafft hat, einen Messenger allein für private Zwecke zu nutzen, darf diesen installiert behalten, schaltet aber bitte auch hier die Benachrichtigungen aus (überhaupt kann man alle Benachrichtigungen abschalten, wenn man schon dabei ist.) Mit allen anderen Kommunikationsdiensten verfährt man wie mit den Mail-Apps.

Etwas schwieriger wird es — ich nehme mal mein eigenes Online-Verhalten und projiziere es auf alle Leserinnen — bei Instagram. Die App ist als Fotomedium natürlich ein hübscher Urlaubsbegleiter, aber ganz ehrlich: Wie viele Strandfotos kann ein einzelner Mensch ertragen? Wer selbst Strandfotos hochladen oder einfach nur zeigen möchte, dass man tatsächlich auch mal gesund aussehen kann, wenn man etwas Sonne abbekommen hat, kann die App natürlich nicht löschen. Da hilft dann nur Selbstdisziplin, um nicht wieder hängenzubleiben.

Für diese Selbstdisziplin gibt es ein paar simple Tricks, die nicht ausschließlich, aber leichter im Urlaub anwendbar sind. Das Smartphone lässt man an einer Ladestelle außerhalb des Schlafraums, nimmt es also auf keinen Fall mit ins Bett. Wir brauchen keinen Wecker. Lesen können wir in einem Buch oder, falls vorhanden, mit einem Ebook-Reader. Und auf die abendliche Runde Candy Crush kann man auch mal verzichten. Der große Vorteil der Verbannung des Smartphones aus dem Schlafbereich: Man beginnt auch den nächsten Morgen nicht mit dem Griff zum News-Stream. Schafft man es dann noch, erstmal einen Kaffee und Frühstück zu machen, hat man im Nu einen ganzen Abend und den Vormittag ohne Smartphone verbracht. Da fällt der Rest des Tages noch leichter.

Ich bin WTF-Veteran, ich weiß, wovon ich rede.

Johnny Haeusler

Die für mich persönlich größte Herausforderung bei der selbst auferlegten Enthaltsamkeit im Urlaub, so dachte ich, wäre Twitter. Der einzige Social-Media-Kanal, den ich noch wirklich schätze. Überraschenderweise fällt mir die Abstinenz von den Dauernachrichten aber leicht, sobald ich mein rituelles Lebens- und Arbeitsumfeld verlassen habe. Nichts ist absurder und sinnloser, als sich einen entspannten Morgen von Trump-Gesülze verderben zu lassen oder am Strand dabei zuzusehen, wie sich Chefredakteure großer Medien auf Twitter als Vollhonks outen. Ich bin WTF-Veteran, ich weiß, wovon ich rede.

Und was die Nachrichten aus aller Welt angeht: Die Welt wird nicht besser, wenn wir ihr konstant beim Schlechtsein zusehen. Und es ist kein Verbrechen, wenn wir nicht jede Meldung, jeden Aufreger, jede bewusst provokante Äußerung von Innenministern oder rechtsextremen Bundestagsmitgliedern verfolgen oder sogar kommentieren, sondern es uns stattdessen gut gehen lassen. Nur, wenn es uns gut geht, können wir auch gut sein. Und Gutes tun.

Es ist gar nicht so schwer, sich dem Kommunikationsterror zu entziehen und die digitalen Geräte wieder punktuell, gezielt einzusetzen. Allerdings ist man im Urlaub natürlich auch entschuldigt und kann sich leichter ausklinken. Die wichtige Frage ist also, wie viel der Enthaltsamkeit man nach den Ferien in den üblichen Alltag retten kann. Vielleicht die Mails doch nicht mehr auf dem Smartphone, sondern nur auf dem Rechner lesen und beantworten? Die Benachrichtigungen einfach mal abgestellt lassen, nur als Test, ob man wirklich etwas ganz wichtiges verpasst? Und vielleicht die Geräte nicht mehr mit ins Schlafzimmer nehmen und erst nach dem Frühstück benutzen?

Plötzlich macht das Smartphone wieder Spaß

Wahrscheinlich machen uns die smarten Begleiter sogar wieder mehr Spaß, wenn wir sie als Fotoapparat, als Schreibmaschine, als Zeichenfläche, als Filmkamera nutzen. Statt als Dauer-Chat, als eine Art offene Tür zu uns selbst für den ganzen Rest der Welt. Und falls etwas Tolles bei dieser kreativen Nutzung digitaler Produkte entstanden ist, freue ich mich natürlich darauf, es mitzubekommen. Auf Instagram, bei Facebook, auf Twitter, per WhatsApp, als Newsletter, auf Websites, in Blogs …

Johnny Haeusler

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