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Ein Klippenschiff wird Schottlands neues Designmuseum

von Cindy Michel
Das neue Designmuseum Schottlands ragt als mächtige Steilklippe in Form eines Schiffs aus dem Fluss Tay. Das Gebäude besitzt keine einzige gerade Außenwand und soll die rauen Felsküsten des Landes imitieren. 

Wie ein riesiges abstraktes Schiff aus kantigem Stein thront das graue Gebäude über dem Hafen von Dundee. Dort, wo der felsige Rumpf in den Fluss Tay ragt, brachen einst Walfänger in ihren Booten zur Jagd auf. Diese Zeiten sind längst vorüber. Heute sind es Bauarbeiter, Architekten, Konstrukteure und Ingenieure, die über die Hafenpromenade eilen. Sie arbeiten an einem mächtigen asymmetrischen Konstrukt aus Beton, an dem keine Fläche wie die andere zu sein scheint. Noch ist das V&A-Designmuseum Dundee in Schottland stellenweise eingerüstet, doch bereits im kommenden Sommer soll es öffnen. 

„Mich hat der Standort für das zukünftige Museum von Anfang an fasziniert, mitten in der Stadt und dabei direkt am River Tay mit Blick auf das Wasser“, sagt der Architekt Kengo Kuma in einem Interview an der Universität in Dundee. Der Japaner, der auch das Olympiastadion in Tokio für die Sommerspiele 2020 geplant hat, hatte mit seinen Entwürfen überzeugt und so den Zuschlag für das Projekt bekommen. Wenn er seine Philosophie beschreibt, fallen Worte wie „erhalten“ und „retten“. Statt die Natur und Umgebung eines Bauwerkes zu zerstören, bringt er ihr Respekt entgegen und versucht, sie zu erhalten.

„Man darf nie vergessen, dass ein Ort erst durch das Zusammenspiel von Natur und Zeit zu dem wird, was er ist. Das ist für mich der wichtigste Aspekt“, sagt Kuma. Seine eigene Architektur sieht er als Rahmen: „Ich möchte, dass man die Natur durch meine Arbeit intimer und näher erleben kann.“ 

Anstatt also einen mächtigen Fremdkörper zu entwerfen, der aus der Umgebung hervorsticht, blieb der Architekt seiner Philosophie treu und suchte nach einem Rahmen für das Designmuseum – und zwar in der schottischen Natur. „Normalerweise ist Architektur im 21. Jahrhundert gerade und klar, mit Boxen oder Schachteln, aber das hätte hier überhaupt nicht gepasst“, sagt Kuma. Ein Kollege habe ihm Bilder von typisch schottischen Landschaften gezeigt, eben auch von Steilklippen. „Als ich dieses Zusammenspiel von Land und See sah, wusste ich, dass ist die Art von Architektur, die wir brauchen: Sanftheit und Tiefe und dann noch dieses wunderbare Schattenspiel.“ 

 

Um die komplexe Form von schottischen Klippen auf das Design für das Museum zu übertragen, war ein enormer planerischer Aufwand notwendig: Das 8000 Quadratmeter große Gebäude besteht aus 21 separaten und gekrümmten Wandstücken, von denen keines dem anderen gleicht. An der kompletten Außenfassade existiert keine gerade Mauer.  

„Normalerweise arbeiten wir mit 2D-Plänen, wenn es darum geht, die Form eines Gebäudes festzulegen. Aber die Form dieses Konstrukts war viel zu komplex dafür“, sagt der leitende Architekt Maurizio Mucciola gegenüber WIRED UK. „Wenn wir versucht hätten, das Gebäude nach 2D-Plänen zu errichten, wäre das Risiko groß gewesen, dass einige der gekrümmten Wandteile sich nicht getroffen hätten.“ Um also Lücken in der Außenfassade zu vermeiden, entwickelte Kengo Kuma gemeinsam mit Strukturingenieuren ein 3D-Modell mit parametrischer Modellierung.

Parametrische Modelleriung heißt, dass das Modell nicht direkt über genaue Maße, sondern mithilfe von mathematischen Formeln entworfen wird. So ist es möglich, ein intelligentes System aufzubauen, das bestimmten Regeln folgt, anstatt genau abgemessen zu sein. Anhand dieses 3D-Modells wurden die 21 unterschiedlichen Formen für die Wandstücke hergestellt und dann vor Ort mit Beton gefüllt.

Vertikale Wände tragen sich selbst und bleiben aufrecht stehen, aber etwa 90 Prozent des Museums lehnen nach außen. Um also die Wände im richtigen Winkel zu halten bis der Beton trocknet, mussten die Ingenieure ein komplexes Gerüstsystem bauen. Auch dafür benutzten sie das 3D-Modell.

Nun hatte das Gebäude zwar die geschwungene Form einer Klippe, aber noch lange nicht das Aussehen. Die Wände waren noch viel zu glatt. „Ich wollte ja auch das Schattenspiel kreieren, das mich an den Klippen so fasziniert“, sagt Kuma. Um eben dieses Aussehen nachzuahmen, wurden 2500 beschlagene Betonplatten an der Fassade befestigt – jede von ihnen ist bis zu vier Meter lang und 3000 Kilogramm schwer. Gekühlt und geheizt wird das Gebäude mit Erdwärme.  

Die Kosten für das V&A Designmuseum Dundee belaufen sich auf knapp 91 Millionen Euro. Das Gebäude hat eine geplante Austellungsfläche von 1650 Quadratmetern.

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