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Die letzten Jedi: Star Wars gehört nicht mehr George Lucas

von Dominik Schönleben
Der neue Star-Wars-Film macht einiges anders als seine Vorgänger. Und geht damit so weit, dass er einer zentralen Idee von Schöpfer George Lucas widerspricht. Die Macht ist stark mit diesem Film, auch wenn er Fehler hat.

SPOILERWARNUNG! Dieser Text beschreibt den allgemeinen Handlungsbogen und einige Details des Films. Zentrale Wendungen oder Überraschungen werden nicht verraten.

Star Wars: Die letzten Jedi ist ein guter Film. Er ist die Fortsetzung, auf die viele Fans gewartet haben, die von J.J. Abrams Das Erwachen der Macht enttäuscht waren. Denn der Film erzählt nicht, wie viele befürchtet hatten, einfach die Original-Trilogie nach. Die letzten Jedi ist eine Geschichte, die sich seltsam anfühlt – weil sie mit so vielen Erwartungen des Star-Wars-Universums bricht. Und dabei definiert der Film die Zukunft und Vergangenheit der Saga neu.

Bereits mit dem Intro-Text und der ersten Szene spielt der Film mit den Erwartungen der Fans, nur eine Neuerzählung von Episode 5 zu sein. Es scheint so, als will er den Angriff auf Hoth, die Flucht der Rebellen (jetzt: der Widerstand) aus ihrer geheimen Basis ein zweites Mal erzählen. Doch dann dreht sich alles: Statt der Rebellen besitzt plötzlich das Imperium (jetzt: die Erste Ordnung) die Ionen-Kanone und feuert aus dem Weltraum direkt auf den Planeten. Keine schwerfälligen AT-ATs, keine Bodentruppen. Auch die Rebellen reagieren mit einer anderen Strategie: Sie greifen an, fliegen einen Ausfall gegen den Supersternenzerstörer mit der Riesenkanone.

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Der Film zeigt also den Star-Wars-Fans ein klassisches Szenario, das sie bereits mit jedem Detail auswendig kennen. Löst es dann aber erfrischend anders auf. Diese erste Szene ist dabei kein Einzelfall, sondern setzt den Ton des gesamten Films: Immer wieder wird das Erbe zitiert, nur um den Zuschauer dann mit einer Finte zu überraschen. Genau das ist es, was Die letzten Jedi zu einem wirklich großartigen Star-Wars-Film macht. Er ist erfrischend anders.

Trotzdem bleibt die Fortsetzung der Saga nicht ohne Kritik. Was am stärksten irritiert, ist der aus Marvel-Filmen importierte Humor. Ein Beispiel: In einem äußerst angespannten Dialog, der wichtig für die zentrale Geschichte des Films ist, wird die Spannung durch einen an Kylo Ren gerichteten Satz gebrochen: „Kannst du dir nicht ein Handtuch anziehen?“, sagt Rey zu ihm. Ein spöttischer Kommentar, der für Lacher sorgt, aber auch von einem Marvel-Superhelden stammen könnte – und sich aber aus dem Mund von Rey einfach falsch anfühlt.

Star Wars besaß auch in der Vergangenheit kruden Humor oder dämliche One-Liner, die zu Running-Gags wurden. Aber sie alle besaßen ihren eigenen Charme und kippten nie in reinen Slapstick oder kruden Sexualhumor ab. Anders ist das in Die letzten Jedi, wenn plötzlich ein Dark-Side-Bügeleisen wie ein Raumschiff in Szene gesetzt wird, oder wenn Pilot Poe Dameron einen Scherzanruf beim fiesen General Hux macht.

Dazu kommt, dass Die letzten Jedi seiner eigene Fallhöhe nicht gerecht wird. Immer wieder treten zwei zentrale Themen in den Vordergrund: Hoffnung und Opferbereitschaft. Beide sind eng miteinander verwoben. Denn wer sein Leben für die gute Sache opfert, der kann dazu beitragen, auch in der ausweglosesten Situation die Flamme der Hoffnung erneut zu erzünden. Noch in keinem Star-Wars-Film wurde der Kampf der Rebellen gegen das Imperium mit so viel bitterem Scheitern in Szene gesetzt. (Auch nicht in Rogue One.)

Was Die letzten Jedi dabei jedoch nicht schafft, ist dem Scheitern der Rebellen Wucht zu geben. Denn stets opfern sich nicht die Helden, sondern ein meist extra dafür eingeführter Nebencharakter oder Statist. Die Trauer und Verzweiflung von Rey, Finn und Poe fühlt sich bedeutungslos an, wenn sie selbst stets ungeschoren davon kommen. Blickt man im Vergleich zu Das Imperium schlägt zurück: Luke verliert seine Hand im Kampf mit Vader, Han Solo wird in Karbonit gefroren. Hier litten die Helden und nicht ihre Handlanger.

Es hat jedoch auch viel Gutes, dass der Film sich so stark von seinem Vorbild löst. Bereits im Trailer sagt Kylo Ren: „Lass die Vergangenheit sterben – töte sie.“ Genau das macht auch der Film mit seinem eigenen Erbe. Er führt Luke und Leia in den verdienten Ruhestand, damit Star Wars neue Wege ohne sie geht und sich hoffentlich neu entwickeln kann. Der alte Ballast muss weg.

Diese Konsequenz geht sogar soweit, dass der Film wie ein Schlag ins Gesicht für Schöpfer George Lucas wirkt. Verantwortlich ist dafür die Auflösung des Konflikts zwischen Rey und Kylo Ren sowie die letzte Szene des Films. Beides entwertet den Mythos und die Magie der Skywalker-Familie. Diese Interpretation hatte Lucas vor allem mit den Prequels versucht aufzubauen. Star Wars sollte die Geschichte des Adelsgeschlechts Skywalker sein, einer Familie, die aus irgendwelchen Gründen besonderen Zugriff auf jene Macht hat, die die Galaxy zusammenhält. Die alte Regel war: Wem das richtige Blut durch die Adern fließt, besitzt auch die Macht.

Zum ersten Mal zeigt Star Wars jetzt, was diese mysteriöse Macht wirklich ist. Der Film philosophiert darüber und interpretiert, was die Balance ist, von der alle immer wieder in der Original-Trilogie sprechen und warum sie so erstrebenswert ist. Mit seinen Antworten auf diese Fragen entzaubert der Film gleichzeitig die Familie der Skywalkers: Das neue Star Wars ist ab jetzt die Geschichte der Jedermanns und Jederfraus – und die Geschichte der allumfassenden Macht, die sie alle verbindet. Das ist gut und erfrischend, hinterlässt aber auch ein verstörendes Gefühl. Denn die Regeln des Star-Wars-Universum wurden mit Die letzten Jedi neu geschrieben.

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