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So könnten 3D-Drucker zu besseren und billigeren Autos führen

von Aarian Marshall
Um Prototypen herzustellen, setzen Autobauer wie General Motors schön länger auf 3D-Drucker. Doch die Zeit rückt näher, in der gedruckte Bauteile auch in Serienfahrzeuge eingesetzt werden könnten. WIRED war im Entwicklungslabor von GM.

Das erste Anzeichen, dass dieses düstere Gebäude in Michigan etwas cooler ist als andere Bürogebäude, ist der Geruch – der beißende Geruch von verbranntem Metall und Plastik, die Art von Geruch, die die Frage aufwirft: Ist hier etwas, das vielleicht lieber nicht brennen sollte? Nein, nein, sagt Dave Bolognino, der die Designabteilung von General Motors leitet. Das ist nur das Nebenprodukt des 3D-Drucks. In einer sich wandelnden Autoindustrie riecht so die Innovation. Und dieser Geruch könnte schon bald auf andere Teile der Firma übergreifen.

Etwa 30.000 Prototypteile werden jedes Jahr hier im Warren Tech Center gedruckt, in einem Vortort, wo viele Forschungs- und Entwicklungsarbeiten des Automobilherstellers durchgeführt werden und wo über 20.000 GM-Mitarbeiter arbeiten. Diese Teile werden aus mindestens neun verschiedenen Materialkombinationen aus Kunststoff, Metall und Pulver hergestellt und werden vor allem für das Rapid Prototyping verwendet. Das ist der Prozess für alle, die schnell visualisieren und verstehen wollen, wie ein neues Autoteil aussehen würde. Das ist an sich nichts Neues: GM druckt seit drei Jahrzehnten 3D-Prototypen. Angefangen hat das alles unter Bologninos Vater John, der jetzt mit über 70 allerdings in Rente ist.

Die Möglichkeiten des 3D-Druckers sind unbegrenzt

Heute betreiben speziell geschulte Mitarbeiter die Druckmaschinen sechs Tage die Woche, drei Schichten am Tag. Das ist ein ständiges Herausschütteln von Teilen aus den Formen und ein ständiges Beobachten, wie aus Pulvern und flüssigen Harzen Konglomerate entstehen. Die Möglichkeiten seien unbegrenzt bei dem, was sich die Mitarbeiter ausdenken und drucken können, sagt Bolognino, der vor einer Reihe von Regalen steht, die mit grauen Mini-Stoßstangen, Rädern und nicht identifizierbaren Kunststoffquadraten gefüllt sind, die direkt bei den Druckmaschinen abkühlen. Aber es gebe Grenzen bei dem, was sie tatsächlich drucken. Ein Designteam fragte einmal nach einer Plastik-Cola-Flasche, die in einem Modellbecherhalter sitzen sollte. „Hier sind ein Dollar fünfzig“, sagte Bolognino. „Geh und kauf einen.“

3D-Druck, auch bekannt als additive Herstellung, ist nicht neu, aber kommt bei immer mehr Konsumgütern tatsächlich zum Einsatz. So werden Schuhe, Zahnimplantate, Hörgeräte und sogar Flugzeugtriebwerke mit gedruckten Teilen hergestellt. Die Obama-Administration half mit bei der Gründung des National Additive Manufacturing Innovation Institute im Jahr 2012. Das 70-Millionen-Dollar-Konsortium von Unternehmen und Universitäten hat sich der Entwicklung neuer Wege zur Nutzung der additiven Fertigung verschrieben. Davon soll die gesamte amerikanische Wirtschaft profitieren. Das Verfahren ermöglicht es der Industrie, seltsam geformte Teile schneller und flexibler als bisher herzustellen.

3D-Druck soll auch in Serienfahrzeuge kommen

Auch außerhalb der übelriechenden Werkstatt von GM wird der 3D-Druck immer wichtiger für die Herstellung der Fahrzeuge. Nicht nur der amerikanische Riesenkonzern aus Detroit denkt darüber nach, wie man den Prozess bei der Herstellung von Serienfahrzeugen einsetzen könnte, die jeden Tag von echten Menschen gefahren werden.

„Die Automobilindustrie ist seit 30 Jahren führend in der Anwendung von additiver Fertigung beim Prototyping“, sagt Mark Cotteleer, der das Center for Integrated Research des Beratungsunternehmens Deloitte leitet. Er hat sich in den letzten fünf Jahren mit additiver Herstellung beschäftigt. „Wir erleben gerade, dass die Industrie anfängt so auch Autoteile zu produzieren, bisher vor allem bei geringeren Stückzahlen.“ Im Mai kündigte GM an, mehr 3D-Druck in den Automobilbau bringen zu wollen. Das Ergebnis ist eine Sitzkonsole aus Edelstahl. Eine sehr, sehr seltsam aussehende Sitzkonsole. Nicht, dass sie je ein Autobesitzer sehen würde.

Für den Bau einer solchen Halterung, die eine stählerne, feste Basis für Autositze und Sicherheitsgurtschlösser bietet, sind in der Regel etwa acht Einzelteile erforderlich, die von verschiedenen Zulieferern bezogen werden. Diese neue – und etwas bizarre – Komponente besteht aus einem Stück, wobei jede Krümmung einem bestimmten Stabilisierungszweck dient. Infolgedessen ist dieses Teil 40 Prozent leichter und 20 Prozent stärker als herkömmliche Teile, sagt GM. Für Autohersteller, die ihre Kunden mit Versprechungen von schnelleren Fahrzeugen mit höherer Laufleistung locken wollen, ist diese Art des inkrementellen Leichtbaus ein Weg zur Marktführerschaft.

Es geht nicht nur um den Kauf eines 3D-Druckers.

Mark Cotteleer, Deloitte

GM hat die Sitzkonsole als Demoprojekt in Zusammenarbeit mit Autodesk, einer Design- und Softwarefirma aus San Francisco, entwickelt. Autodesk hat einen Ingenieur, der ständig mit dem Designteam von GM in Michigan zusammenarbeitet. Die Technologie von Autodesk hilft den GM-Designern bei der Bestimmung von Parametern – Materialien, notwendige Elemente wie Löcher für Schrauben, Kosten, Steifigkeit der Objekte, Masse etc. – um neue Wege zur Zusammenstellung von Teilen zu finden. Das Ergebnis könnte sich Salvador Dalí ausgedacht haben. Dann wird das aus Stahl gedruckt und voilà: Schon haben wir ein neues Teil zum Anschnallen.

Diese Art von Sitzhalterungen werden es allerdings noch nicht in die Serienfahrzeuge schaffen. Die Kosten für die additive Fertigung sind in den letzten Jahrzehnten zwar deutlich gesunken, sind aber noch nicht günstig genug für die Massenproduktion. Für ein Unternehmen, das mehr als 8.000 Fahrzeuge pro Tag herstellt, ist der 3D-Druck zudem noch zu langsam. Zusätzlich ist die Integration des Prozesses in die Produktionsstraße nicht ganz einfach. „Es geht dabei nicht nur um den Kauf eines 3D-Druckers“, sagt Cotteleer. Die ganze Produktion müsste dafür noch weiter digitalisiert werden.

Leichtere, schönere, schnellere Autos

GM sieht dennoch großes Potential in Dingen wie den verrückten Sitzhalterungen. „Es gibt 30.000 Teile in jedem unserer Fahrzeuge“, sagt Kevin Quinn, Abteilungsleiter des Automobilherstellers für additives Design und Herstellung. „Realistisch wäre, dass vielleicht 100 oder 1.000 Stück eine Chance haben, gedruckt zu werden. Könnte diese Zahl in fünf Jahren auf 5.000 steigen? In zehn Jahren auf 10.000?“ Das Ergebnis könnte ein schöneres, materialeffizienteres, leichteres und schnelleres Auto sein.

In der Zwischenzeit wird GM die additive Fertigung auch dazu benutzen, um spezielle Werkzeuge zu entwickeln, die bei der Automobilproduktion verwendet werden, oder um glatte Dekorelemente für Einzelstücke herzustellen. (Wer möchte nicht gerne einen Kühlergrill mit Monogramm?)

Natürlich kann man nicht erwarten, dass in absehbarer Zeit ganze Autos gedruckt werden. „Das ist keine Lösung für alles“, sagt Cotteleer und erklärt, dass ein komplett 3D gedrucktes Auto finanziell keinen Sinn machen würde. Aber es ist auch nichts, worüber die Autohersteller völlig die Nase rümpfen würden.

WIRED.com

Dieser Artikel erschien zuerst bei WIRED.com
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