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Diese smarte Brille stellt sich automatisch scharf

von Cindy Michel
Lesebrille runter, Weitsichtbrille auf, Gleichtsichtbrille weg: Wer kurz- und weitsichtig ist, kennt dieses nervige Prozedere. Eine neue Erfindung könnte die Lösung bringen. Wissenschaftler haben flüssige Brillengläser entwickelt, die sich automatisch scharfstellen.

„Die meisten Menschen, die eine Lesebrille brauchen sind ständig damit beschäftigt, sie auf- und wieder abzusetzen“, schreibt der Professor für Computer Engineering Carlos Mastrangelo in einer Pressemitteilung der University of Utah. „Damit ist jetzt Schluss, denn mit dieser neuen Sehhilfe sieht man immer klar.“ Zusammen mit seinem Team der USTAR – eine Initiative der University of Utah, die Forschung, Wissenschaft und öknomische Entwicklungen zusammenbringen soll – hat er eine smarte Brille entwickelt. Die Gläser sind flüssigkeitsbasiert und stellen automatisch auf das scharf, was der Träger gerade fokussiert, egal ob nah oder fern.


Das menschliche Auge verfügt über eine Fähigkeit, die sich Akkommodation nennt. Dabei passt es dynamisch an, wie stark einfallende Lichtstrahlen gebrochen werden müssen (Refraktion), um Gegenstände in unterschiedlicher Entfernung scharf zu sehen. Verantwortlich dafür ist die flexible Augenlinse, die durch Muskelkraft ihre Form verändern kann. Im Laufe eines Lebens verliert die Linse aber ihre Flexibilität. Die Folge ist Altersweitsichtigkeit (Prespyopie). Daher benötigen vor allem ältere Menschen oftmals zwei separate Sehhilfen – eine, um die Dinge in der Nähe klar erkennen zu können sowie eine weitere für die Ferne.


Wer nicht ständig wechseln will, greift meist zur Gleitsichtbrille. Ihre Gläser sind so geschliffen, dass beim Blick durch den oberen Bereich des Glases die Kurzsichtigkeit ausgeglichen wird und im unteren Bereich die Weitsichtigkeit. Doch nicht jeder kommt mit ihrer Funktionsweise klar, viele klagen über Schwindelgefühle oder ein verzerrtes Sichtfeld. Und auch wenn Gleitsichtbrillen gut für scharfe Nah- und Fernsicht sind, schwächeln sie oft bei mittleren Entfernungen. Das haben auch Carlos Mastrangelo und der Doktorand Nazmul Hasan erkannt und zusammen mit einem Forschungsteam eine Brille entwickelt, deren Gläser sich ähnlich verhalten wie die flexible Linse im Auge – sie stellen sich automatisch scharf.

Die Gläser bestehen aus Glycerin, einer dickflüssigen farblosen Flüssigkeit, die von einer gummiartigen Membran umschlossen wird. In jedem Glas ist die rückseitige Gummihaut mit einer Serie von unterschiedlichen mechanischen Aktoren verbunden, die die Membran vor- und zurückschieben können wie einen unsichtbaren Kolben. So verändert sich die Krümmung der flüssigen Linse und somit auch die Brennweite. „Die Brennweite der Gläser hängt von ihrer Form ab. Um also ihre optische Leistung anzupassen, müssen wir die Form der Membran ändern“, erklärt Mastrangelo.


Nicht nur die Gläser, auch das Gestell ist von Mastrangelo und seinem Team entwickelt worden, denn dort haben die Wissenschaftler die Batterie für die mechanischen Aktoren verbaut. In der Brücke über der Nase befindet sich ein Infrarot-Entfernungsmesser, der den Abstand der Brille zu einem Objekt misst. Wenn also der Brillenträger ein Objekt fokussiert, erkennt das Messgerät die genaue Distanz und gibt die Info wie das Glas zu krümmen ist, an die Aktoren weiter. Sieht der Träger ein weiteres Objekt und fokussiert dieses, beginnt das Prozedere von neuem. Der Wechsel und das Fokussieren vom einen zum anderen Objekt passiert laut Hasan in 14 Millisekunden, die wiederaufladbare Batterie soll über 24 Stunden halten.

Damit die smarte Brille auch weiß, auf welche Dioptrinzahl sie sich einstellen muss, gibt der Träger seine Sehstärke in die dazugehörige App ein. Diese kalibriert die Gläser automatisch via Bluetooth. Theoretisch müsste man sich mit diesem smarten Wearable nie wieder neue Gläser kaufen, denn wenn sich die Verschreibung ändern sollte, kann man sie einfach erneut anpassen.

Der aktuelle Prototyp ist noch ziemlich sperrig. Laut Mastrangelo könnte eine sehr viel leichtere und modischere Version bereits in drei Jahren auf dem freien Markt erhältlich sein. Wir halten die Augen offen.


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