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Diesen Comic lest ihr mit den Händen statt den Augen

von Timo Brücken
Der Comickünstler Ilan Manouach hat sich entschieden, seine Geschichten nicht mehr nur zu zeichnen. Er macht sie auch für Menschen erlebbar, die nicht oder kaum sehen können.

Sprechblasen hin oder her, Comics sind eines der visuellsten Medien überhaupt. Um sie blinden oder sehbeeinträchtigten Menschen zugänglich zu machen, lassen sich Dialoge in Brailleschrift übersetzen, aber was ist mit den Bildern? Der belgische Künstler Ilan Manouach möchte eine Antwort geben: Sein Shapereader ist ein System aus 210 verschiedenen Oberflächenstrukturen, die Menschen ohne oder mit schlechtem Sehvermögen die Aspekte einer Geschichte vermitteln sollen, die Comicmacher sonst nur visuell darstellen. Statt sie zu sehen, werden sie erfühlt.

Einzelne Strukturfelder können etwa für Personen, Orte, Handlungen, Gefühle oder Gegenstände stehen. Nacheinander berührt und mit Braille-Feldern dazwischen ergeben sie eine Geschichte aus Szenen und Dialogen. „Ein Versuch, Worte und Bedeutungen in taktile Formationen zu übersetzen“, schreibt Manouach. Wie das Ganze in etwa funktioniert, können sehende Menschen auf der Website zum Projekt interaktiv nachvollziehen.

Manouach will nach eigener Aussage „die visuelle Vorherrschaft des grafischen Storytellings in Frage stellen“, sich damit aber nicht nur an Menschen mit beeinträchtigtem Sehvermögen richten. Jeder könne „Arctic Circle“ lesen, die erste Geschichte, die der Künstler im Shapereader-Format umgesetzt hat. Ursprünglich eine 57 Seiten starke traditionelle Graphic Novel, handelt sievon zwei Forschern, die am Nordpol im Eis nach den Spuren des Klimawandels suchen.

Das fertige Werk ist leider nicht ganz so handlich wie ein Comicbuch: 57 lasergravierte Holzplatten, 50 x 35 x 0,6 Zentimeter groß, mit insgesamt 6000 Feldern, dazu sechs Communication Boards, auf denen die Bedeutung der einzelnen Strukturfelder erklärt wird. Gesamtgewicht: 95 Kilogramm.

In sogenannten „Shapereader Community Workshops“ entwickelt Manouach sein Konzept stetig weiter, solche Treffen gab es etwa schon in New York, Tel Aviv und Hannover. Die Teilnehmer sollen sowohl zur Entstehung neuer Shapereader-Geschichten beitragen als auch lernen, „ihre taktilen Sinne zu aktivieren“, um sie zu lesen. 

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