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Problem Solver: Holoplot macht Ansagen auf dem Bahnsteig endlich verständlich

von Katharina Nickel
Ein gutes Produkt löst ein großes Problem, lautet eine Startup-Weisheit. WIRED stellt Unternehmen, Menschen und Ideen vor, die diesem Grundsatz folgen, Problem Solver eben. Diesmal: Das Audiosystem von Holoplot soll Bahnsteigansagen endlich verständlich machen.

Das Problem? Wenn die mechanische Frauenstimme mal wieder durchsagt, dass sich der Zug aufgrund technischer Störungen verspätet, ist man oft froh, wenn auch nur die Hälfte der Information verständlich war. Denn entweder sind die Umgebungsgeräusche viel zu laut, um die Ansage zu verstehen, sie wird vom Lautsprecher auf dem Nachbargleis übertönt oder die Qualität auf dem eigenen ist einfach schlecht.

Die Akustik auf Bahnhöfen, in Flughäfen und anderen öffentlichen Gebäuden lässt oft zu wünschen übrig. Das zehrt an den Nerven der Passagiere und an denen des Personals, das sich von orientierungslosen Reisenden umzingelt sieht. Und auch im Entertainment-Bereich ist das Soundniveau nicht immer zufriedenstellend. Konzertbesucher auf den hinteren Plätzen nehmen die Musik oft ganz anders wahr als die ganz vorne, häufig sogar verfälscht.

Die Lösung? Das Startup Holoplot will dieser Verfälschung entgegenwirken. Es hat ein modulares Audiosystem entwickelt, das Schallwellen gezielt auf beliebige Punkte im Raum fokussieren kann. Die dafür eingesetzte Schallwand besteht aus bis zu 1000 individuell steuerbaren Audio-Convertern, die den Schall, je nach Größe, mit einer Leistung von 12.000 bis 50.000 Watt umwandeln. Dadurch kann man den Klang auf eine bestimmte Personengruppe richten, während im übrigen Raum nichts zu hören ist.

Die Grundlage ist die sogenannte Wellenfeldsynthese, ein physikalisches Prinzip, mit dem virtuelle akustische Räume erzeugt werden. Dadurch kann der Schall nach Wunsch auch außerhalb des realen Wiedergaberaums positioniert werden. Auch über größere Distanzen bleiben damit sowohl die Klangqualität als auch die Laustärke erhalten.

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Herkömmliche Lautsprecher verteilen den Schall kugelförmig und damit ungerichtet im Raum. Mit der Holoplot-Technologie ließen sich hingegen beispielsweise in Diskotheken verschiedene Räume mit unterschiedlichem Schallaufkommen steuern. Kinos müssten nicht mehr in aufwändige Schalldämmung investieren. Und Bahnhofsbereiche, vor allem die, die sonst schwer akustisch zu erreichen sind, etwa die Toiletten, könnten gezielt akustisch erreicht werden. Die Fahrgäste bekämen, je nach Standort, die für sie relevanten Informationen verständlich vermittelt. Niemand müsste sich mehr sorgen, dass er eine Ansage zu seiner Verbindung nicht mitbekommt.

Als einer der Gewinner des vierten Pitch-Events des DB Accelerators arbeitet Holoplot nun direkt mit der Deutschen Bahn zusammen. „Für uns ist daraus ein weiteres Geschäftsfeld für unser Produktportfolio entstanden sowie die Möglichkeit, unsere Technologie im großen Stil zu testen. Für die Bahn ist es eine willkommene Gelegenheit, um ihre Akustik zu optimieren“, sagt Holoplot-Geschäftsführer Roman Sick im Gespräch mit WIRED.

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Wer steckt dahinter? Holoplot ist ein Startup mit Sitz in Potsdam. Es wurde 2011, aufbauend auf der Idee vom heutigen Entwicklungschef Helmut Oellers, gegründet und wird aktuell unter anderem von Roman Sick als Chief Operations Office (COO) geleitet. Bereits 2005 sicherten sich die Gründer von Holoplot das Patent auf ihr Audio-Simulationssystem. Seither arbeitet das Team an der Forschung und Entwicklung ihres Produkts. Im Februar 2016 kamen die ersten modularen Systeme auf den Markt, die über ein Tablet gesteuert werden können.

Aber braucht man das wirklich? Für den Privatgebrauch ist die Holoplot-Technologie noch nicht reif, das bestätigt auch Sick. Im öffentlichen Bereich ist der Einsatz des Audiosystems allerdings schon jetzt sinnvoll und innovativ. Technologie-Skeptiker mögen vielleicht auf die fortschreitende Digitalisierung der Bahn schimpfen, einem der letzten „analogen“ Räume unserer Zeit. Oder auf die Freiheitsberaubung und Überwachung durch die geplante Navigation der Passagiere durch den Bahnhof. Letztlich hat aber auch der Normalverbraucher etwas von der Technologie: Sie schont die Nerven.

Wie geht es weiter? Der Fokus liegt zunächst auf dem professionellen Markt, also etwa auf dem Einsatz bei Konzerten, Konferenzen oder Messen. „Die Weiterentwicklung von Holoplot für den Privatgebrauch wird aber folgen“, sagt Sick. Startup und Konzern stehen bereits vor einem Großprojekt: „Der smarte Bahnhof“, so Sick, „ist eher wie ein Flughafen. Er setzt auf optimale Akustik, individuelle Navigation der Passagiere und eine entspannte Atmosphäre.“ Noch in diesem Jahr soll die Holoplot-Technologie in einem großen deutschen Bahnhof getestet werden. „Vermutlich wird es Frankfurt am Main werden“, verrät er. Das könnte nicht nur ein Pilotprojekt für das Audiosystem werden, sondern auch für einen möglichen ersten Bahnhof der Zukunft in Deutschland.

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