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Pokémon Go schickt Betrüger ins Pokémon-Fegefeuer

von Laura Morton
Das größte Problem von „Pokémon Go“ sind Betrüger. Sie verderben ehrlichen Spielern mehr und mehr den Spaß, viele haben schon aufgehört zu spielen. Doch jetzt hat Entwickler Niantic eine neue Strategie.

Fast ein Jahr nach dem Start nimmt die Begeisterung für Pokémon Go ab. Aber für einen ist das Motto „Schnapp sie dir alle“ noch so aktuell wie eh und je: Niantic. Das Entwicklerstudio kämpft gegen eine wachsende Zahl an Betrügern. Und hat dabei eine neue Methode: Betrüger werden nicht geblockt, sondern man schickt sie direkt in die Pokémon-Vorhölle.


Pokémon Go spielt in einer erweiterten Realität, einer Augmented Reality. Spieler müssen also die echte Welt bereisen, um die digitalen Monster zu finden und zu trainieren. Spieler sollen sich dabei bewegen und aktiv sein. Wer also diesen Vorgang durch ein Computerprogramm automatisiert, trivialisiert den Spaß des Spiels nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere.

Auf The Silph Road, dem wichtigsten Reddit-Board für Pokémon-Go-Enthusiasten, wird detailliert beschrieben, wie ein neues Update gegen diejenigen zurückschlägt, die unfaire Mittel einsetzen, um weltweit die seltensten Pokémon zu fangen. Den Cheatern wird jetzt selbst der Spaß verdorben: Statt heiß begehrte und wertvolle Pokémon wie Lavitar oder Dratini finden sie nur noch Wiesor und Taubsi. Das ist in etwa so, als ob man loszieht, um einen Löwen zu jagen, und dann mit einem Eichhörnchen zurückkehrt.


Niantic hat eine amüsante Möglichkeit gefunden, Betrüger zu bestrafen

Diese neue Eskalationsstufe zeigt, wie schwer es für Niantic ist, die Balance zu halten. Einerseits wollen sie die Kontrolle über ihr Spiel zurückerlangen, andererseit nicht zu verbissen dabei wirken. Und in der Tat, das Studio hat eine wirklich amüsante Möglichkeit gefunden, um Betrüger zu bestrafen.

Niantic hat schon einige Runden im Kampf gegen Schummler hinter sich. Dazu gehörte das massenhafte Sperren von Accounts im August 2016. Damals waren vor allem Bots betroffen, also automatisierte Pokémon-Accounts. Die wurden entweder verkauft, wenn sie ein hohes Level erreicht hatten, oder benutzt, um Seiten zu betreiben, die mit ihnen automatisiert seltene Pokémon für andere Spieler suchen. Zum Teil vermiesten sie auch den echten Trainern die Arenen, weil sie dann gegen Computer kämpfen mussten.

Dieses Mal greift die Methode weiter. Auch Spieler, die Software von Drittanbietern nutzen, um sich Vorteile im Spiel zu holen, sind betroffen. Meist fälschen diese Spieler ihr GPS-Signal, um nicht selbst an Orte mit seltenen Monstern laufen zu müssen.


Auf dem Reddit-Board The Sliph Road schreibt Moderator dronpes: „Einige Bot-Accounts, die von Niantic identifiziert und markiert wurden, können danach nur noch gewöhnliche Pokémon finden.“ Die so geschaffene Pokémon-Vorhölle voller Wiesor und Taubsi hat bereits Auswirkungen: Beliebte Bot-Anbieter wie Necrobot und MyGoBot sind geschlossen worden. Und auch viele Seiten, die mit Bots seltene Pokémon suchen und diese dann auf Google-Maps-Karten verzeichnen, haben Probleme. Die App PokeSensor ist beispielsweise offline.

Einfach alte Bots durch neue zu ersetzten, ist schwieriger geworden als bisher. Denn die Betreiber von Cheat-Seiten müssen erstmal herausfinden, welche ihrer Accounts von dem Bann betroffen sind. Viele Anbieter haben deshalb pausiert, während sie auf der Suche nach neuen Wegen sind, um weiter zu betrügen. Viele von ihnen verdienen Geld über Werbung oder sogar Premium-Angebote. Die Motivation, mit neuen Tricks weiterzumachen, ist also hoch.


Es gibt keinen Kommentar von Niantic dazu, warum die Cheater mit dieser neuen Methode bestraft werden. Allerdings erntet das Unternehmen viel Zuspruch von seinen Fans auf Reddit dafür, dass sie die Cheater „trollen“.

Niantic hat bislang nur das Vorgehen selbst bestätigt: „Diejenigen, die die Nutzungsbestimmungen von Pokémon Go verletzen, indem sie beispielsweise Software von Drittanbietern oder andere Möglichkeiten des Schummelns nutzen, könnten Folgen für ihr eigenes Spiel zu spüren bekommen. Eventuell sehen sie dann nicht mehr alle Pokémon“, heißt es in einem Statement des Unternehmens. Wie genau Niantic technisch dabei vorgeht, bleibt geheim. Das macht auch Sinn: Wenn Bot-Nutzer herausfinden würden, wie sie die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt haben, könnten sie ihre Methoden anpassen.


Allein zwischen August und September verlor „Pokémon Go“ 20 Millionen Spieler

Der neue Prozess wird wohl erst nach und nach ausgerollt. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass der Prozess automatisiert ist. Dies würde auch erklären, warum Niantic mehrere Stellen ausgeschrieben hat, in denen Experten für Machine Learning gesucht werden.

Obwohl die anfängliche Begeisterung für Pokémon Go im Sommer 2016 schnell nachließ, macht Niantic noch immer viel Geld mit dem Spiel. Laut Analysen von Apptopia hörten zwischen August und September insgesamt 20 Millionen Nutzer auf zu spielen. Für Niantic ist allerdings nicht die Zahl der Nutzer, sondern deren Kaufkraft entscheidend: Wenn die Hardcore-Fans bleiben und weiterhin Geld ausgeben, reicht das.

Im Gegensatz zu den Nutzerzahlen sind die Umsätze des Spiels kaum gefallen. Apptopia schätzt, dass allein im April 2017 mit der App sechs Millionen Dollar einspielt wurden. Bei Google Play und im iOS App Store ist Pokémon Go die sechsterfolgreichste App, wenn es nach dem Umsatz geht. Laut Aussagen der Analyse-Firma App Annie hat Niantic mit dem Spiel im ersten Quartal 40 Millionen Dollar eingenommen – Googles und Apples Anteil bereits abgezogen.


Die App macht sechs Millionen Dollar im Monat für Niantic

Wer schummelt, greift diese Einnahmequelle von Niantic an. Trainer, die das Haus nicht verlassen, sondern einen Bot für sich spielen lassen, haben keinen Anreiz zu bezahlen – außer vielleicht an Drittanbieter, um noch effektiver zu Betrügen. Sie können auch ohne Pokémünzen innerhalb kürzester Zeit zum höchsten Level aufsteigen.

Gleichzeitig machen sie es für reguläre Spieler unmöglich mitzuhalten. Das Problem von Betrügern in Pokémon Go reicht also weiter. Es geht nicht nur darum, ob es okay ist, dass ein Trainer sich daran erfreut, mit einem Bot die besten Monster gesammelt zu haben. Andere Fans werden dadurch demotiviert und hören auf zu spielen.

Durch die neue Strategie von Niantic merken Spieler jetzt immerhin, dass etwas gegen Betrüger unternommen wird. Hoffentlich ist dies erst der Anfang und die Betrüger kehren nicht schon bald mit neuen Tricks zurück. Bis dahin können sich ehrlichen Trainer immerhin ihren Platz in den Arenen zurückerobern.


WIRED.com

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