Hinweis zu Affiliate-Links: Alle Produkte werden von der Redaktion unabhängig ausgewählt. Im Falle eines Kaufs des Produkts nach Klick auf den Link erhalten wir ggf. eine Provision.

Pantaflix globale Videothek Streaming weltweit

Pantaflix: Matthias Schweighöfers Videothek für die ganze Welt

von Karsten Lemm
In Tokio wohnen und „Tatort“ sehen – mit Pantaflix kein Problem. Der von Matthias Schweighöfer mitgegründete Streamingdienst will Menschen, die im Ausland leben, endlich geben, wonach sie sich sehnen: das Lieblingsprogramm aus der Heimat.

Vaterfreuden sind schon für 4,99 Dollar zu haben, den Jackpot gibt’s zum Schnäppchenpreis von 99 Cent, und die Pobefahrt ins Paradies kostet gerade mal 2,99 Dollar. Für Deutsche, die sich in Mississippi, Minnesota oder Miami nach Unterhaltung aus der Heimat sehnen, sollte das unwiderstehlich sein – hofft Pantaflix.

Der Berliner Videodienst gehört zur gleichnamigen Produktionsfirma des Schauspielers Matthias Schweighöfer und will vor allem diejenigen begeistern, die sich von herkömmlichen digitalen Videoangeboten vernachlässigt fühlen: Menschen, die im Ausland leben und dadurch abgeschnitten sind von ihrem bisherigen Entertainment-Programm. Kein Tatort mehr, kein Kino um die Ecke, das Filme in der eigenen Sprache zeigt – da sieht Pantaflix seine Chance, den Streamingdiensten aus den USA ein Stück vom Kuchen wegzuschnappen.

„250 Millionen Menschen leben aktuell nicht in ihren Heimatländern“, sagt Stefan Langefeld, der operative Chef des Streamingdienstes. Darunter seien allein vier Millionen Deutsche, ähnlich viele Türken, 16 Millionen Inder und 50 Millionen Chinesen. Alles „Expats“, alles Auswanderer, die Kunden für Pantaflix werden könnten, wenn sie in der Fremde das Vertraute suchen. „Es gibt einen hohen Bedarf für so ein Angebot“, sagt Langefeld. „Die Nische ist sehr, sehr groß.“

Trotz der Ähnlichkeit im Namen greift Pantaflix weniger Netflix an als Apple und Amazon. Denn Pantaflix verlangt kein Monatsabo, sondern vermietet Filme und Fernsehserien wie eine klassische Online-Videothek: Nach dem Bezahlen öffnet sich ein 30-Tage-Fenster zum Ansehen per Streaming. Wer auf „Play“ klickt, hat 48 Stunden, um die Vorführung zu beenden oder beliebig oft zu wiederholen. Ganz so wie bei iTunes oder Amazon Video (abseits des Prime-Abos) – aber mit dem Unterschied, dass die etablierten Konkurrenten weit weniger Interesse an fremdsprachigen Inhalten zeigen. „Expats liegen nicht im strategischen Fokus der anderen Dienste“, sagt Langefeld. „Wir kommen uns nicht ins Gehege.“

Dass Menschen weiter nach Hause schauen, auch wenn sie im Ausland leben, wissen die Pantaflix-Gründer aus eigener Erfahrung. Als Filmproduzenten hätten Matthias Schweighöfer und sein Geschäftspartner Dan Maag immer wieder Briefe von Fans aus dem Ausland erhalten, in denen Geldscheine lagen, erzählt Langefeld: „Die Leute wollten wissen: ,Wie kann ich das legal sehen?‘“ Sie hofften, im Gegenzug eine DVD oder eine Filmdatei zu bekommen.

Doch die jahrzehntealten Strukturen im Film- und Fernsehgeschäft sind eher dazu gedacht, Inhalte einzuzäunen, als sie einem weltweiten Publikum vorzuführen. Verwertungsrechte werden streng nach Ländern und Regionen getrennt verkauft und dazu noch zeitlich gestaffelt: Zuerst kommt ein Film ins Kino, dann ins Fernsehen, ehe er irgendwann auch im Internet zu sehen ist.

Für Studios und Zwischenhändler ist das ein lukratives Modell – aber das Publikum zeigt sich immer weniger bereit, solche Beschränkungen zu akzeptieren: „Die Leute wollen jetzt die Inhalte sehen, die sie suchen“, sagt Langefeld. Darin sieht der 45-jährige Medienmanager, der früher bei Apple für das Videogeschäft in Mitteleuropa zuständig war, auch einen wesentlichen Grund für den Erfolg illegaler Download-Angebote im Internet: „Bei Piraterie geht es vor allem um Verfügbarkeit.“

Produzenten gibt Pantaflix die Aussicht, ein größeres Publikum zu finden, ohne auf anderes verzichten zu müssen. Michael Loeb, Geschäftsführer der WDR mediagroup, sieht in der Online-Videothek eine „tolle Initiative“, um deutsche Programme international zu vertreiben. Dienste wie Netflix und Amazon verlangten in der Regel eine Tonspur in der jeweiligen Landessprache, um Produktionen in ihr Angebot aufzunehmen, erklärt Loeb: „Die Erstellung einer synchronisierten Fassung ist aber oft nicht profitabel.“

Deshalb verschwinden viele Produktionen bisher im Archiv. 90 Prozent aller Filme schaffen nie den Sprung ins Ausland, schätzt Pantaflix. Selbst wenn es Machern gelingt, ihre Filme in Frankreich, England oder Italien auf den Bildschirm zu bringen, bleiben Rechte für Bulgarien, Südafrika oder Chile womöglich ungenutzt. Auch da will Pantaflix aushelfen: „Wir richten uns mit globalen Inhalten an ein globales Publikum“, sagt Langefeld. Chinesen in Portugal will sein Dienst genauso als Publikum gewinnen wie Türkinnen in Deutschland oder Franzosen in Finnland.

Zwischen Anspruch und Wirklichkeit klaffen ein Jahr nach dem Start allerdings noch ein paar Lücken. In Ländern wie Australien oder Brasilien bietet die Website mit der Meldung „Coming soon“ um Geduld, und für viele Sprachen findet sich in der Datenbank eine überschaubare Zahl an Filmen. Tschechen in Deutschland zum Beispiel haben derzeit nur die Wahl zwischen Der Dorflehrer und Alois Nebel, und für Chinesisch beschränkt sich das Programm auf gerade mal neun Titel.

„Wir befinden uns noch im Aufbau“, räumt Langefeld ein. Schon jetzt aber zeige sich, dass Pantaflix mit seinem Konzept einen Nerv getroffen habe: „Die Zeit scheint reif dafür, wenn ich sehe, wie schnell wir Kunden dazugewinnen.“ Zahlen will er nicht nennen, doch die Investment-Bank Warburg schätzt, dass der Streamingdienst in diesem Jahr bei gut 1,2 Millionen aktiven Nutzern auf einen Umsatz von sechs Millionen Euro kommen könnte. Bis 2020 sehen die Analysten eine Chance, die Einnahmen auf 19 Millionen Euro zu verdreifachen. Geld verdient Pantaflix durch eine Kommission: Etwa ein Viertel der Mietgebühr behält der Service selbst, der Rest geht an die Produzenten.

Um die Bibliothek mit Inhalten zu füttern, zeigt Pantaflix sich nach allen Seiten offen. Es gibt Kooperationen mit etablierten Studios wie Disney und StudioCanal, aber der Dienst umwirbt auch unabhängige Produzenten, die nur wenige Titel besitzen. „Sie können bei uns theoretisch mit nur einem Film Partner werden“, sagt Langefeld.

Diese Aufgeschlossenheit begeistert auch WDR-Manager Michael Loeb: „Normalerweise ist es für Produzenten schwer genug, überhaupt auf eine Plattform zu kommen“, erklärt er, denn die meisten Dienste seien nur bereit, mit größeren Vertriebspartnern zu verhandeln. „Das ist das Gute an Pantaflix: Es ist eine deutsche Plattform, die allen Produzenten offen steht.“

Filmfestivals wie die Berlinale, die noch bis zum 25. Februar 2018 Teilnehmer aus allen Himmelsrichtungen anzieht, sind für Langefeld und sein Team deshalb die beste Gelegenheit zum Geschäftemachen. Während Zuschauer die Stars auf dem roten Teppich bewundern, hocken die Pantaflix-Manager hinter den Kulissen mit Produzenten zusammen und handeln Verträge aus. „Das ist alles Arbeit“, sagt Langefeld. „Keiner von uns sitzt da, schaut auf die Leinwand und knabbert Popcorn.“

GQ Empfiehlt