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Nokia 3310 im Test: Die Nostalgie hält keine fünf Minuten

von GQ
Der Hype um die Neuauflage des Nokia 3310 hätte kaum größer sein können. Leider wird das kultige „Dumb Phone“ ihm im Test nur bedingt gerecht.

Auch wer nur oberflächlich sucht, kommt im Netz dieser Tage kaum um den Nokia-3310-Hype herum. Die Begeisterung bei der Ankündigung auf dem diesjährigen Mobile World Congress (MWC) wurde wohl nur noch von der zum tatsächlichen Release vergangene Woche übertroffen.

Der Retro-Liebling ist zum Beispiel schon in ganz Großbritannien ausverkauft. Händler sprechen von „ein bis zwei Wochen“ für Nachlieferungen. Die Kette Car Phone Warehouse teilte gar mit, es habe „zehnmal mehr Interesse an Vorbestellungen des Nokia 3310 gegeben als bei jedem anderen Flagship-Gerät nach dem MWC in unserer Geschichte“.

Das Interesse an Technologie von gestern scheint ihren Höhepunkt erreicht zu haben – jedenfalls hofft WIRED, dass es so ist. Warum? Darum: Nachdem die anfängliche Nostalgie abgeklungen ist – und das dauert leider nur Minuten, nicht Stunden – ist das Leben mit dem Nokia 3310 nicht so angenehm, wie man es durch die rosarote Jahr-2000-Brille in Erinnerung hat. Aber eins nach dem anderen.

Design
Fangen wir mit etwas positivem an: Das Nokia 3310 ist ein hübsches Telefon. Viele hatten sich über die grellen Farben beschwert, die zur Auswahl stehen. WIRED hingegen findet, dass das Design stark zum Status des Handys als cooles Statussymbol beiträgt (egal ob man Hipsterbart trägt oder nicht).

 

Das neue 3310 ist keine Kopie des alten – weit davon entfernt, um ehrlich zu sein. Doch das Echo aus dem Jahr 2000 ist noch laut genug, um uns an das alte, treue, unzerstörbare Kommunikationswerkzeug von damals zu erinnern. Das neue 3310 ist dünner und hat eine größeren Bildschirm (jetzt in Farbe), aber die geschwungenen Operationstasten unter dem Screen und ihre weiße Umrandung erzeugen noch genug Retro-Feeling. Auch das T9-Keyboard zaubert uns ein Lächeln aufs Gesicht. Das Gerät liegt gut in der Hand und ist mit 80 Gramm angenehm leicht in der Hosentasche.

Performance
Das neue 3310 ist im Grunde ein 40-Euro-Nokia-150, dem man eine Tour ins Einkaufszentrum und ein paar schicke neue Klamotten spendiert hat. Es hat zum Beispiel eine stark verbesserte 2-Megapixel-Kamera, deren Bilder zwar völlig ausreichend für Textnachrichten sind, die man aber wohl nicht als Postkarte verschicken würde. Man kann mit ihr auch Videos aufnehmen – wenn man sich traut.

Was dem 3310 fehlt: GPS, Wi-Fi, 3G und 4G (mehr als Edge mit 2,5G ist nicht drin). Was man bekommt: grundlegende Telefonfunktionen, SMS, eine Uhr, sehr eingeschränktes Web-Browsing und eine neue Version des Kultgames Snake, die das 2,4-Zoll-Farbdisplay (240×320 Pixel) voll ausreizen soll. Außerdem gibt es simple Apps wie eine Stoppuhr, den Wetterbericht, einen Sprachrekorder und ein eingebautes Radio.

Zum Laden wird Micro-USB genutzt und am unteren Ende hat das 3310 eine 3,5-mm-Kopfhörerbuchse – sehr erfreulich. Der eingebaute Speicher umfasst 16 MB, leider sind nur 1,4 MB davon vom User nutzbar, sodass man auf eine microSD-Karte mit bis zu 32 GB zusätzlichem Speicherplatz angewiesen ist.

Die Batterieleistung ist – wie zu erwarten – das Killer-Feature. Der austauschbare Akku schafft theoretisch 22,1 Stunden Sprechzeit und bis zu 31 Tage Standby-Betrieb. WIRED hat das 3310 erst seit rund einer Woche zur Verfügung, nicht genug für einen eingehenderen Batterietest, aber laden mussten wir das Handy bisher nicht.

Das Tippen auf der T9-Tastatur wird leider schnell mühsam. Man muss sein Hirn zuerst wieder auf den So-kurz-wie-möglich-Stil vergangener Tage umstellen und sich an all die Abkürzungen und Marotten erinnern, die man damals nutzte. Nicht weil die Zeichenzahl beschränkt gewesen wäre, sondern weil es einfach keinen Spaß machte, mehr als nur einsilbige Antworten zu tippen.

Das Steuerelement des 3310 zur Navigation ist so schlank, dass es ein wenig Gewöhnung braucht. Twitter funktioniert aber erstaunlich gut, das gleiche gilt für Facebook (beides herunterladbare Apps), WhatsApp und Co. kann man auf dem 3310 hingegen getrost vergessen.

Fazit
Vom ersten 3310 verkaufte Nokia seinerzeit weltweit 126 Millionen Stück. Ein Erfolg, den man sicherlich wiederholen möchte. Gut möglich, dass das klappt: Das neue 3310 hat ein attraktives Design, vergisst dabei aber sein Erbe nicht und drückt die richtigen kulturellen Knöpfe, um für Begeisterung zu sorgen.

Im Vergleich zu anderen „Dumb Phones“ ist es mit 60 Euro allerdings recht teuer und erreicht dabei noch nicht einmal Top-Werte in der Produktkategorie. Zu diesem Preis bekommt man auch schon ein voll funktionsfähiges Android-Smartphone.

Es geht also nicht um Features und Konnektivität, auch nicht um die Akkuleistung allein – beim Nokia 3310 dreht sich alles um gut umgesetztes Retro-Design und das Gütesiegel, mit dem es ausgeliefert wird. Wenn ihr damit leben könnt, dann bingo: Das ist das Telefon für euch!

WIRED
Retro-inspiriertes Design, enorme Batterieleistung, Twitter und Facebook
TIRED
Schlechte Kamera, mühsames Tippen, mickrige Specs

WIRED.uk

Dieser Artikel erschien zuerst bei WIRED.uk
Das Original lest ihr hier.

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