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E-Mails vom Ex: Eine Designerin visualisiert das digitale Wühlen in der Vergangenheit

von Cindy Michel
Sie verschwinden nicht. Immer wieder tauchen sie auf. Ganz unten, am hintersten Ende der Scrollbar in alten E-Mail-Accounts oder Messenger-Archiven: Ex-Partner. Und was mit einer harmlosen Suche begann, endet schnell im emotionalen Absturz. Dieses Phänomen untersucht und visualisiert die Datenjournalistin Lam Thuy Vo in ihrem Projekt „Forget me Nots“.

Allison heißt die Frau, die Lam Thuy Vo Einblick in den Friedhof ihrer digitalen Liebesbriefe gibt. Insgesamt 1924 Mails von Ex-Freunden fand sie in ihrem Gmail-Account. Und 14.119 Chats, die irgendwo im Netz herumliegen, aber jederzeit einsehbar sind. Diese Informationen dienen Vo als Material für ihr Projekt „Forget me Not“. Sie stellt die gesammelten Daten aus Allisons E-Mail-Account grafisch dar, visualisiert sie für die Öffentlichkeit. 

So zeigt Vo in einer Grafik etwa die Korrespondenzen von Allison und fünf ihrer Partner respektive Ex-Partner über einen Zeitraum von fünf Jahren. Der Journalistin geht es dabei ausschließlich um die Anzahl der Mails, nicht um Inhalt, Länge oder Priorität.

Aber da ist mehr als nur die Anzahl der E-Mails, denn hinter Zahlen und Datenmengen geht es immer um echte Gefühle und Menschen. Nur selten klickt sich Allison durch alte E-Mails. Noch seltener öffnet sie sie. Eigentlich nur dann, wenn sie etwas getrunken habe, sagt sie, ein paar Gläschen Wein. Oder wenn sie sich einsam fühlt, das letzte Date richtig mies war oder sie irgendwo ein Status-Update eines Ex-Freundes sieht.

Hin und wieder passiere es aber auch einfach so, wenn sie zufällig über die uralte digitale Nachricht eines Verflossenen stolpert, obwohl sie doch eine ganz andere Mail gesucht hat. Dann öffnet sie diese — und damit auch die Büchse der Pandora, wie es Lam Thuy Vo ausdrückt.  

„Manchmal braucht es nur eine Nachricht, um alte Erinnerungen zu wecken. Das war's dann, die Message nimmt uns gefangen und wir tauchen ein in den Strudel“, sagt Vo. „Alles beginnt aus Neugier mit einer harmlosen Suche. Doch sie hat das Potential, im emotionalen Untergang zu enden.“ So geht es auch Allison. Nach der ersten Mail liest sie die zweite, die dritte, die vierte und so weiter. Und dann kommen noch alte Fotos hinzu. Vo sieht diese Daten als „digitales Äquivalent zu einem Schuhkarton voller alter Erinnerungen, den manche Leute in den hintersten Ecken ihrer staubigen Dachböden aufheben“.

„Forget me Not“ ist das erste Projekt der Serie „Quantified Selfie“, die Vo gerade produziert. Für diese experimentelle Reihe untersucht die Designerin verschiedenste Datensätze, in der Hoffnung, in ihnen etwas mehr über die menschliche Identität herauszufinden.

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