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Mit Virtual Reality gegen Alzheimer

von Benedikt Plass-Fleßenkämper
Die Möglichkeit, sich mit Hilfe von Virtual-Reality-Brillen in eine andere Realität zu begeben, hilft in Italien erstmals auch Alzheimer- und Schlaganfall-Patienten. Ärzte in Mailand simulieren Alltagssituationen, in denen sich die Betroffenen sicher fühlen sollen.

In einer Klinik in Mailand behandeln Ärzte seit einigen Monaten Patienten mit neurologischen Störungen mithilfe von Virtuellen Realitäten. In speziell eingerichteten Räumen simulieren die Mediziner per VR-Brille unterschiedliche Alltagssituationen, um Menschen mit neurologischen Einschränkungen die Möglichkeit zu geben, diese in sicherer Umgebung zu meistern.

Auf diese Weise sei es beispielsweise möglich, Alzheimer-Patienten dabei zu helfen, ihren Orientierungssinn zu trainieren, sagt Marco Stramba-Badiale, ärztlicher Direktor und Leiter der Abteilung für Kardiovaskuläre Medizin und Geriatrie am Istituto Auxologico Italiano.

Bestimmte Aufgaben, zum Beispiel einen Weg zum Zeitungskiosk zu finden, können von unterschiedlichen Startpunkten aus mehrfach wiederholt werden – eine Herausforderung für Menschen, die an Alzheimer erkrankt sind. Dabei kann die Umgebung so genau an die tatsächlichen Gegebenheiten des Alltags angepasst werden, dass der Rehabilitationseffekt laut den italienischen Ärzten deutlich größer ist als mit bisherigen Therapiemethoden.

Auch Schlaganfall-Patienten wollen die Ärzte auf diese Weise helfen. So sei es möglich, in der Virtuellen Realität die heimische Lebenssituation des Betroffenen nachzustellen und ihn zum beispielsweise in ein virtuelles Abbild seiner Wohnung zu versetzen. Die behandelnden Ärzte können dann sehen, in welchen Situationen besondere Probleme auftreten und diese gezielt trainieren. Viele Rehabilitationszentren nutzen zu diesem Zweck tatsächliche Nachbauten von Küchen oder Badezimmern, sind damit in ihren Möglichkeiten aber eingeschränkt.

Die italienische Klinik ist die erste weltweit, die das CAVE genannte VR-System zur Behandlung von Patienten einsetzt. In anderen Einrichtungen wird dieses bislang nur zu Forschungszwecken genutzt. Das Gesundheitsministerium unterstützt das Projekt mit einer Million Euro, sodass im Juli zwei CAVE-Stationen mit der Unterstützung eines italienischen Spieleentwicklers eingerichtet werden konnten. Dabei sei gezielt darauf geachtet worden, dass nur handelsübliche Komponenten zum Einsatz kommen. Der Vorteil: Jede Erweiterung des Systems durch neue Hard- und Software bleibt möglichst einfach.

Die VR-Stationen bestehen aus einem drei mal drei Meter großen Raum, ausgestattet mit vier Bewegungssensoren. Darin können sich die Patienten mit der VR-Brille frei bewegen. Zusätzlich kommt ein Game-Controller zum Einsatz. Zurzeit stehen mehr als 15 unterschiedliche VR-Szenarien zur Auswahl, mit denen auch leichtere Erkrankungen therapiert werden können. Auf diese Weise simulieren die Ärzte unter anderem Auftritte vor Publikum. Patienten mit Angststörung sollen so ihre Furcht überwinden, vor anderen Menschen zu sprechen.

Der Einsatz von VR-Technologie in der Medizin ist indes nicht neu. Laut der University of Southern California haben Forscher schon 1997 versucht, Kriegsveteranen mit posttraumatischer Belastungsstörung per Cyberbrille zu therapieren. Ein Konzept, das bis heute in einem Programm namens Bravemind Vietnam verfolgt wird. Traumatisierte Soldaten sollen mithilfe virtuell simulierter Kriegsschauplätze lernen, ihre Erlebnisse in sicherer Umgebung und unter Aufsicht zu verarbeiten.

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Diesen Ansatz verfolgen zudem immer wieder ambitionierte Spieleentwickler, etwa Tauras Koreiva und Leonardo Scazzocchio von der University of Hertfordshire. Ihre für die VR-Brille Oculus Rift programmierte Vietnam VR Experience wurde beim Nachwuchswettbewerb „The Rookies“ mit dem Game-of-the-Year-Award in der Kategorie Virtual Reality ausgezeichnet.

Die University of Washington setzt hingegen schon seit mehreren Jahren VR-Games ein, um Schmerzen bei der Behandlung von Verbrennungsopfern zu lindern. In Untersuchungen hat sich die Ablenkung durchs Zocken als wirksamer erwiesen als die Gabe von Schmerzmitteln.

Phantomschmerzen von Amputationsopfern konnten in ersten Versuchen ebenfalls mithilfe von virtuell simulierten Extremitäten gelindert werden. Patienten kontrollieren dabei mit den Nervenenden ihres Stumpfes eine digitale Nachbildung ihres fehlenden Körperteiles. Das gaukelt dem Gehirn vor, das abgetrennte Glied sei noch vorhanden. In der Folge kommt es zu einer Entspannungsreaktion, und der Schmerz wird abgeschwächt.

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Dass VR-Brillen auch im Falle unheilbarer Krankheiten einen therapeutischen Effekt erzielen können, zeigt das Beispiel Roberta Firstenberg. Die mittlerweile verstorbene Krebspatientin hatte in ihren letzten Tagen den großen Wunsch, noch einmal spazieren zu gehen. Ihre Enkeltochter, die als Game-Designerin arbeitet, erfüllte ihr diesen Wunsch – mithilfe einer Oculus Rift auf virtuellem Wege.

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