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Milliardäre wie Elon Musk sind keine Superhelden!

von Wolfgang Kerler
Sie sind erfolgreich. Sie sind reich. Sie sind ziemlich selbstbewusst. Tech-Milliardäre wie Elon Musk, Bill Gates oder Mark Zuckerberg inszenieren sich manchmal als Retter der Welt. Dabei wäre ein bisschen mehr Bescheidenheit angebracht, findet WIRED-Redaktionsleiter Wolfgang Kerler. In seinem Kommentar erklärt er, warum ihm Milliardäre mit Sendungsbewusstsein unheimlich sind.

Und plötzlich war Elon Musk in Thailand. Die Rettungsaktion für die eingeschlossenen Jungen lief seit vielen Stunden, da twitterte der Tesla-Chef: „Gerade aus Höhle 3 zurück. Das Mini-U-Boot ist bereit, sollte es gebraucht werden.“ Auf Instagram teilte er ein Video, auf dem Hilfskräfte zu sehen waren, die durch die vollgelaufene Höhle waten.

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Schon Tage vorher hatte der Milliardär über Twitter seine Hilfe zugesagt. Er schickte Techniker seiner Firmen SpaceX und The Boring Company. Er ließ ein Mini-U-Boot entwickeln, das in der Höhle zum Einsatz kommen könnte. Er postete Videos, wie es in einem Pool getestet wird. Sie wurden millionenfach angeklickt.

Elon Musks U-Boot brachte Millionen Klicks, war aber keine Hilfe

Am Ende konnten die Jungen auch ohne das U-Boot befreit werden, es war unpassend für die Mission. Außerdem riefen thailändische Offizielle offenbar dazu auf, die Fotos und Videos von Elon Musk nicht zu teilen, da diese die Persönlichkeitsrechte der Retter verletzten. Die Hilfsaktion des Firmenchefs ging schief. Das kann passieren. Es ist besser, es zu versuchen, als gar nichts zu tun. Allerdings bleibt ein schaler Beigeschmack.

Ich bezweifle nicht, dass Elon Musk wirklich helfen wollte. Allerdings hätte er es ruhig ohne die mediale Inszenierung auf Twitter und Instagram tun können. Natürlich kommt da schnell der Vorwurf, es ginge ihm nur um Werbung. Mutter Theresa hätte sich wahrscheinlich auch keinen Instagram-Account zugelegt.

Noch mehr beschäftigt mich allerdings etwas anderes. Musk schien tatsächlich überzeugt davon zu sein, dass sein Mini-U-Boot die Lösung des Problems ist, auf die bisher nur niemand gekommen ist. Doch wer Raketen und Elektroautos bauen kann, ist eben noch lange kein Experte für Rettungsmissionen in überschwemmten Höhlen.

Mark Zuckerberg will die Welt besser machen – Bill Gates auch!

Damit wären wir auch bei den anderen Tech-Milliardären. Sie alle sind steinreiche Männer, die Unglaubliches erreicht haben. Elon Musk hat Elektroautos salonfähig gemacht, Bill Gates den größten Softwarekonzern der Welt errichtet, und Mark Zuckerberg ein gigantisches soziales Netzwerk erschaffen. Darauf können sie stolz sein. Aber der Stolz sollte nicht in die Selbstgewissheit umschlagen, so smart zu sein, dass nur sie die Welt retten können.

Nehmen wir den Facebook-Gründer Mark Zuckerberg, den drittreichsten Mann der Welt. Zusammen mit seiner Frau Priscilla Chan hat er 2015 die „Chan Zuckerberg Initiative“ gegründet, für die sie sich ein nicht gerade bescheidenes Ziel gesteckt haben: „Jedes Kind sollte in einer besseren Welt aufwachsen.“ Wie das funktionieren soll? Natürlich mit den Milliarden der Zuckerbergs – und mit Software. Denn die Tech-Milliardäre sind der Ansicht, dass „Ingenieure (…) soziale Veränderungen ermöglichen können“.

Schon deutlich länger im Weltenretter-Geschäft ist Microsoft-Gründer Bill Gates, der zweitreichste Mann der Welt. Zusammen mit seiner Frau hat er im Jahr 2000 die „Bill und Melinda Gates Stiftung“ ins Leben gerufen. Ihr Motto: „Alle Leben haben den gleichen Wert.“

Die Gates-Stiftung engagiert sich im Kampf gegen Infektionen wie Malaria, Polio oder HIV. Sie finanziert landwirtschaftliche Forschung. Sie will gegen den Klimawandel kämpfen. Ähnlich wie Zuckerberg und Chan setzt auch das Ehepaar Gates auf technologischen Fortschritt, um die Probleme der Welt zu lösen. Mit einem Vermögen von rund 50 Milliarden US-Dollar ist die Gates Foundation die wahrscheinlich größte Stiftung der Welt. Sie zählt zu den wichtigsten Playern in der globalen Entwicklungshilfe.

Ist es nicht toll, dass Milliardäre ihre Milliarden wohltätig einsetzen? Naja.

Für ihre Initiativen präsentieren sich die Zuckerbergs und Gates als lächelnde, sympathische Superreiche, die sich berufen fühlen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Und das wollen sie wahrscheinlich wirklich. Die Frage ist nur: Wollen wir das auch?

Die Gates-Stiftung hat ohne Zweifel viele Menschenleben gerettet, das sollte man nicht gering schätzen. Aber unproblematisch ist eine Stiftung dieser Größe nicht, denn sie verleiht Bill und Melinda auch viel Macht. Sie haben Einfluss auf die Vereinten Nationen und vor allem die Weltgesundheitsorganisation. Dabei treffen sie mitunter Entscheidungen, die sich eine demokratisch legitimierte Regierung wahrscheinlich nicht erlauben könnte.

Die Nichtregierungsorganisation „Global Justice Now“ hat vor zwei Jahren die Arbeit der Gates-Stiftung durchleuchtet – und danach deutliche Kritik geübt: Die Foundation investierte stolze Summen in Konzerne wie ExxonMobil, CocaCola oder McDonald’s, die nicht unbedingt dafür bekannt sind, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Außerdem verteilte die Stiftung Millionen an Pharmakonzerne wie Merck und Pfizer oder an Agrarfirmen wie Monsanto.

Milliardäre kann man nicht kontrollieren, ist ja ihr Geld

Das Ehepaar Gates hat für sich entschieden, dass große Pharmahersteller Teil der Lösung für die Gesundheitsprobleme in den ärmsten Regionen sein sollen, obwohl diese von NGOs häufig kritisiert werden, weil sie auch in Entwicklungsländern Profite einstreichen wollen. Und das Ehepaar Gates hat entschieden, dass Gentechnik der Schlüssel zur Lösung der Nahrungsmittelknappheit sein soll.

Mit ihren Milliarden machen Bill und Melinda Gates inzwischen Politik. Vielleicht liegen sie inhaltlich richtig. Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht richten manche ihrer Projekte sogar Schaden an. Nur wer könnte sie in diesem Fall stoppen? Niemand. Es ist ja ihr Geld. Das haben sie übrigens auch durch die ausgefeilten Steuervermeidungspraktiken von Microsoft verdient – und durch die üppigen Profite aus den Windows-Monopoljahren.

Welche Wohltaten Mark Zuckerberg mit seinen Milliarden genau plant, wissen wir noch nicht. Mir persönlich wird allerdings etwas unwohl bei der Vorstellung, dass ausgerechnet der Mensch mit Software die Welt retten will, der mit Facebook ein soziales Netzwerk geschaffen hat, das einen Skandal nach dem anderen produziert.

Und Elon Musk? Der plant schon für den Dritten Weltkrieg.

Ich finde es gut, wenn reiche Menschen ihren Reichtum nicht einfach für sich ausgeben. Mir wäre es aber lieber, Philanthropen wie Gates und Zuckerberg würden einen großen Teil ihres Geldes einfach spenden – an gemeinnützige Organisationen, die sie vorher genau prüfen, auf die sie später aber keinen direkten Einfluss nehmen. Gerne dürfen sie das auch ohne aufwendig produzierte Videos oder gestellte Wohltäter-Fotos tun.

Außerdem sollten Tech-Milliardäre, nur weil sie sehr erfolgreiche Geschäftsleute sind, nicht auf die Idee kommen, dass sie automatisch die großen und komplexen Problem der Welt besser lösen können als Politiker, NGOs oder internationale Organisationen. Damit wären wir auch wieder bei Elon Musk. Dem ist nämlich genau diese Fehleinschätzung bei seinem Mini-U-Boot unterlaufen.

Man muss Elon Musk zugutehalten, dass sein Einsatz für Elektromobilität und erneuerbare Energien den Planeten vor Schlimmeren bewahren könnte. Aber Tesla hat immer noch handfeste Probleme und Mitarbeiter müssen sich zum Teil einiges gefallen lassen. Da würde auch Elon Musk ein bisschen mehr Bescheidenheit nicht schaden. Er will die Welt übrigens auch retten: SpaceX soll nämlich auch deshalb Menschen zum Mars bringen, damit wir dort eine Kolonie errichten können, die einen Dritten Weltkrieg auf der Erde übersteht. Sei’s drum.

Ungleichheit schürt Konflikte

In gewisser Weise ist übrigens die Existenz von Milliardären ein globales Problem. Für die Vereinten Nationen und die Weltbank hat eine Gruppe von Wissenschaftlern im vergangenen Jahr eine fast 200 Seiten lange Studie verfasst. Das Ergebnis: Die ungleiche Verteilung von Vermögen führt zu Konflikten. Dieses Problem kann allein durch technischen Fortschritt, auf den ja die Milliardäre setzen, nicht gelöst werden.

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