Hinweis zu Affiliate-Links: Alle Produkte werden von der Redaktion unabhängig ausgewählt. Im Falle eines Kaufs des Produkts nach Klick auf den Link erhalten wir ggf. eine Provision.

Miet and Greed: Brauchen wir Abos für Smartphones, Software und Klamotten?

von Johnny Haeusler
„Hardware as a Service“ ist das neue Leasing, jetzt auch für Privatleute und sogar für Kleidung! Unser Kolumnist Johnny Haeusler sieht sich Dutzenden von Abos gegenüber, die jedoch schnell zur finanziellen Falle werden könnten.

Lange schon ist es in Unternehmen üblich, Hardware nicht zu kaufen, sondern per Leasing zu mieten. Die Vorteile liegen auf der Hand: Überschaubare Raten statt einmaliger größerer Investitionen, die monatliche Verrechnung der Umsatzsteuer und die sowieso etwas leichtere steuerliche Handhabung. Speziell im Computerbereich kann zudem die Tatsache, dass man die Ware eben nicht besitzt, sondern nach Ablauf der Leasingzeit zurückgeben kann, ebenfalls positiv betrachtet werden. Denn nach zwei, drei Jahren steht in den meisten Fällen eh ein Update der Hardware an.

Private Verbraucherinnen werden auch im Softwarebereich immer häufiger zu Mieten bzw. „Abonnements“ bewegt, Adobe und Microsoft gehören dabei zu den bekannteren Beispielen. Doch auch die Geschäftsmodelle von spezielleren, kleineren Apps setzen verstärkt auf regelmäßige kleinere Zahlungen der Nutzerinnen.

Car-Sharing war nur der Vorbote

Das Mieten von Hardware hingegen spielte im Privatbereich bisher kaum eine Rolle. Doch das soll sich bald ändern, bisher bekannte Miet-Services wie Car Sharing sind dabei nur Vorboten. In den USA scheint das Unternehmen Vivint im Smart-Home-Bereich mit Abos Erfolg zu haben. Ab 60 Dollar im Monat mieten Kundinnen bei Vivint ihre Smart-Home-Ausrüstung inklusive Installation und anderer Services. Über eine Million Menschen sollen von diesem Angebot bereits Gebrauch machen.

Auch Microsoft möchte neben der Vermietung von Software die Hardware gleich mit anbieten. Und neben der „Surface Membership“ vermehren sich die Gerüchte, dass auch Apple in den Startlöchern steht, um iPhones und andere Hardware im Abonnement anzubieten. Der „SoundClub“ von Sennheiser bietet für 20 monatliche Dollar ein Paar Kopfhörer an. Auch wenn bisher nur kalifornische Kundinnen diese regelmäßig gegen ein anderes Modell austauschen können.

Doch warum bei Elektronik stoppen? Aus Japan startend stehen uns Textil-Abos bevor. Die Marke Renown bietet Abonnements für Anzüge, Hemden und Krawatten an und will ab 3.000 Kundinnen profitabel damit sein. Und für die Freizeit kann man – bisher ebenfalls nur in Kalifornien – bei „For Days“ T-Shirts im Abo erhalten. Die getragene Ware wird dabei nach Benutzung zurückgeschickt und in einem Upcycling-Prozess wiederverwertet.

„Hardware as a Service“ könnte für höhere Margen sorgen

Doch natürlich ist es nicht die Sorge um das Klima, die Abo-Modelle für alles Mögliche antreibt, sondern die um sinkende Umsätze. Abos versprechen den Unternehmen konstante Einnahmen, eine klare Kalkulationsgrundlage, enge Kundeninnenbindungen, bei längerer Abo-Dauer höhere Gewinnmargen und weitere Vorteile. „Hardware as a Service“ könnte sich auf längere Dauer als wesentlich profitabler als der einmalige Verkauf erweisen. Wenn die Kundinnen mitspielen.

Und das ist ungewiss. Die Miete eines Arbeitsgeräts wie einem Computer plus Software mag noch eine überschaubare und vor allem der täglichen Arbeit dienende Investition sein, doch das Mieten von quasi allem könnte schnell zur finanziellen Falle werden. Wenn neben den üblichen regelmäßigen Verbrauchskosten für Strom, Wasser und Mobilfunk nun auch noch für die Kleidung, das Smart Home und alle Fortbewegungsmittel monatliche Kosten anfallen, könnten Summen zusammenkommen, die für manche Menschen nicht regelmäßig tragbar sind. Dennoch werden sich viele ob der zunächst niedrig erscheinenden Gebühren immer wieder auf neue Abos einlassen, die natürlich am Ende nichts anderes als Darlehen in neuen Gewändern sind.

Hoffentlich reicht am Monatsende das Geld noch!

Und wenn dann mal in einem Monat das Geld nicht genügt, gehen halt die Lampen aus, der Computer nicht mehr an, der Elektroroller fährt keinen Zentimeter mehr weiter und am Morgen steht jemand vor der Tür, der leider den geliehenen Anzug abholen muss. Es bleibt dann nur zu hoffen, dass das Geld noch für die Wohnmiete ausreicht…

Johnny Haeusler

Johnny Haeusler

von GQ

GQ Empfiehlt