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Mein erstes E-Bike: Unterwegs mit dem Vanmoof Electrified S1

von Johnny Haeusler
Unser Kolumnist Johnny Haeusler ist im Sommer vom normalen Fahrrad aufs E-Bike umgestiegen. Getestet hat er ein Modell des niederländischen Herstellers Vanmoof – und er war durchaus überzeugt. Die Fahrten mit dem E-Bike machten Spaß und es ließ ihn sogar jünger aussehen! Ein paar Kritikpunkte gab’s dann aber trotzdem.

Mit dem „Electrified S2“ bzw. „X2“ stehen die neuen Versionen der Elektrofahrräder des niederländischen Anbieters Vanmoof bereits an der Startgeraden, die ersten Auslieferungen sollen noch in diesem Jahr stattfinden. Ich hatte im vergangenen Sommer Gelegenheit, den Vorgänger „Electrified S1“ in Dänemark und Berlin zu fahren, es folgen meine Eindrücke als E-Bike-Novize.

Mein allererstes, aber kurzes Fahrerlebnis mit einem Elektrofahrrad fand tatsächlich auf einem Bike statt, dessen Hersteller ich damals nicht kannte. Ich war sofort begeistert von der Technologie. Wie von Geisterhand gezogen und geradezu geräuschlos waren Steigerungen auf Straßen keine schweißtreibende Sache mehr, die man stehend in die Pedale tretend absolvieren musste, mühelos kam ich auf 25 Stundenkilometer, das Ganze gepaart mit den Vorteilen eines „normalen“ Fahrrads (überall abstellbar, Radwege nutzbar, auf Reisen mitnehmbar): Plötzlich war ein E-Bike nicht mehr ganz undenkbar als Stadtvehikel.

Nur: Das Fahrrad sah furchtbar klobig, hausbacken und unsportlich aus, es war extrem schwer und gefiel mir überhaupt nicht. Nie im Leben hätte ich dafür viel Geld ausgegeben.

Endlich ein E-Bike, das auch schick aussieht

Ich recherchierte also nach E-Bikes, die mich optisch mehr ansprachen und stieß auf den Hersteller Vanmoof, der zwar als reiner Online-Anbieter ins Rennen geht, aber u.a. einen Store in Berlin betreibt. Und ich bestellte ein wegen der Ankündigung der Nachfolgeversion im Preis etwas reduziertes „Electrified S1“.

Das Bike kam pünktlich und wie angekündigt zwei Wochen nach der Bestellung bei uns im Büro an, und tatsächlich ist ein Vanmoof im Gegensatz zu vielen anderen E-Bikes eine Augenweide. Der schlichte, etwas kräftigere, mattschwarz lackierte Rahmen beinhaltet nicht nur den Akku sowie die nötige Elektronik (zu den Nachteilen davon komme ich später), sondern sorgt für viele Gespräche mit interessierten Passanten.

Der Aufbau war wie beworben simpel und ging dank mitgeliefertem Werkzeug für Lenkerjustierung und Pedalmontage schnell vonstatten. Nach Download und Kopplung der Vanmoof-App konnte es sofort losgehen mit den ersten kurzen Testfahrten in Berlin, und ich war begeistert. Ein E-Bike, das mich jünger statt älter aussehen lässt: eine Win-Win-Situation!

Wenige Tage später landete das Vanmoof auf dem Dachgepäckträger unseres PKW, denn es ging nach Dänemark. Meine Sorge, ob ich das Fahrrad aufs Dach gehievt bekommen würde, war dabei unbegründet: Mit knapp 20 Kilo ist es zwar absolut kein Leichtgewicht, aber im wahrsten Sinne des Wortes stemmbar.

Die Energiestufen umzuschalten ist unnötig kompliziert

In Dänemark angekommen konnte es dann einerseits an weitere Strecken gehen, andererseits aber auch in den Wald. Dazu Grundlegendes zum elektrischen Vanmoof: Das Bike verfügt über eine automatische Zweigangschaltung (ab ca. 15-20 km/h schaltet der Antrieb in einen zweiten, höheren Gang), was für mich nach dem Umstieg von einem Tourenrad mit einer 12-Gang-Nabenschaltung gewöhnungsbedürftig war. Zu Beginn wünschte ich mir eine „echte“ Schaltung auch am E-Bike, nach zwei, drei Tagen hatte sich das Thema jedoch erledigt und ich mich daran gewöhnt.

Schwieriger und immer noch etwas unzufriedenstellend sind hingegen die vier „Energiestufen“ des Vanmoof Electrified S1. Sie bestimmen die Stärke der elektrischen Unterstützung beim Fahren – und damit auch die Reichweite mit einer Akkuladung und den Kraftaufwand, um die Höchstgeschwindigkeiten zu erreichen (auch dazu später noch etwas mehr). Schnell stellte ich fest, dass sich die hohen Stufen bei einer Fahrt durch den Wald nicht rentieren, die Stufen „1“ oder „2“ genügten und machten mehr Spaß. Zumal der am Lenker befindliche „Power-Boost-Schalter“ bei schwierigen Stellen für kurzfristigen Extraschub sorgt. Bei Fahrten auf der Straße waren die höheren Stufen selbstverständlich sinnvoll, doch: Sie sind nur über die Vanmoof-App oder durch längeren „Druck“ auf das im Rahmen integrierte Display des Bikes umschaltbar. In der Praxis bedeutet das: Finger aufs Display legen, dann etwa zwei Sekunden warten, bis das Display vom Tacho auf die Stufeneinstellung wechselt und dann dabei zusehen, wie die Stufen nacheinander im Wechsel kreisen. Fährt man also gerade auf Stufe „1“ und hat sein Smartphone nicht an den Lenker geklemmt, dauert der Wechsel zur Stufe „4“ einige Sekunden, während denen man die Augen nicht vom Rahmen-Display nimmt, um den richtigen Zeitpunkt nicht zu verpassen, wenn die „4“ angezeigt wird – sonst ist man wieder auf der „1“.

Diese Art der Umschaltung der Unterstützung ist nicht nur unnötig kompliziert, sondern auch gefährlich, wenn man mehrere Sekunden lang die Augen von der Straße lässt. Zwar sind die Unterstützungsstärken keine Gangschaltung, ein dauernder Wechsel ist also weder nötig noch vorgesehen, dennoch ist dies der einzige Punkt bei der Bedienung des Vanmoof Electrified S1, der mich wirklich stört. Ich empfehle daher das Anbringen des Smartphones am Lenker, hier lässt sich die Umschaltung wesentlich schneller und einfacher tätigen.

Bei 25 Stundenkilometern ist Schluss – und das ist auch gut so

Davon abgesehen ist die Fahrt mit dem Electrified S1 eine wahre Freude. In der EU sind 25 Stundenkilometer für E-Bikes zugelassen, in den USA sind es 32 km/h. Das Vanmoof lässt beide Einstellungen zu. Testet man das USA- Setting, ist man schnell bei diesen 32 Stundenkilometern. Für Langstreckenfahrerinnen, die auf höhere Geschwindigkeiten aus sind, ist ein E-Bike eh nicht das angemessene Fahrrad. Allen anderen rate ich von zu hohen Geschwindigkeiten zumindest in einer Großstadt ab. Nicht nur man selbst, sondern auch alle anderen Verkehrsteilnehmerinnen unterschätzen ein zu schnelles Fahrrad doch sehr, das habe ich in den vergangenen Wochen mehrfach und glücklicherweise ohne Unfälle erlebt. Auch für Menschen, die auf dem Land leben und keine Highspeed-Rekorde aufstellen wollen, sollten die 25 km/h (bzw. 32 km/h) genügen. Meine Ausflüge von einem dänischen Dorf zum nächsten machten jedenfalls viel Spaß und unterschritten die von Google Maps antizipierten Fahrrad-Fahrzeiten merklich.

Potentiell Interessierten sollte jedoch noch der Hinweis gegeben werden, dass auch der im Rahmen eingebaute Akku, der eben für die elegante Optik des Vanmoof sorgt, manchen Nutzerinnen Probleme bereiten kann. Wer keine Möglichkeit hat, das Bike im Büro oder zuhause aufzuladen, ohne das S1 dafür in den dritten Stock schleppen zu müssen, könnte schnell genervt sein. Denn ein Ausbau und externes Aufladen des Akkus ist ebenso wenig vorgesehen wie eine Reservebatterie. Bei unserem Ladenbüro stellt dies keine Herausforderung für mich dar, das könnte aber bei vielen Käuferinnen anders sein.

70 Kilometer mit einer Akkuladung

Je nach den Strecken, die man zurücklegt, und der gewählten Energiestufe muss man das E-Bike häufiger oder seltener aufladen. Ich selbst schaffe mit einer kompletten Akkuladung, einer Mischung aus Energiestufe „2“ und „4“ (meistens „4“) und relativ häufigem Einsatz des „Power Boost“ beim Anfahren an Ampeln und stärkeren Steigungen eine Gesamtstrecke von rund 70 Kilometern. Über den nicht einfach entfernbaren Akku sollte man also vor dem Kauf wenigstens nachdenken.

Besonders praktisch: Die mitgelieferte und leicht in einer Tasche am Rahmen verstaubare Kette wird beim Abstellen des Bikes um Laternen oder andere Anschlussmöglichkeiten gewickelt und dann direkt am Rahmen arretiert, in dem wiederum ein GPS integriert ist. Wer sein Bike so anschließt und die „Sorgenfrei-Garantie“ bei Vanmoof für 100 Euro pro Jahr oder 240 Euro für drei Jahre abgeschlossen hat, kann völlig beruhigt sein, was potentiellen Diebstahl angeht. Denn sollte das Schloss aufgebrochen und das Fahrrad gestohlen werden, meldet man diesen Vorfall, danach versucht ein Team von „Bike Hunters“ gemeinsam mit entsprechenden Behörden das gestohlene Bike per GPS zu tracken und wiederzufinden. Gelingt dies nicht innerhalb von einer Woche, erhält man als Kundin ein neues Fahrrad. So lasse ich mir Versicherungen gefallen.

Fazit: Wenig zu meckern!

Abgesehen von den oben erwähnten Punkten gibt es somit nichts zu meckern beim Vanmoof Electrified S1. Ich fahre wieder mehr und sehr gerne mit dem Fahrrad, das ich auch nach einigen Wochen der Nutzung als äußerst robust, schick und zuverlässig empfinde. Leise, aber schnell surre ich durch die Stadt. Nichts wackelt oder klappert. Es gab trotz der Aufmerksamkeit, die das Fahrrad ausgerechnet durch seine Schlichtheit auf sich zieht, keinerlei Diebstahlversuche. Die Antriebskette ist geschützt und macht lästiges Hosenhochkrempeln unnötig. Und man kommt im Büro an, ohne verschwitzt zu sein. Puristinnen werden vor einem E-Bike wohl immer die Nase rümpfen – und ich kann das nachvollziehen – für mich jedoch hat mit dem Vanmoof Electrified S1 der Spaß am elektrischen Fahrradfahren begonnen.

Johnny Haeusler

Johnny Haeusler

von GQ

Hinweis: In einer früheren Version des Artikels war von einer Höchstgeschwindigkeit von 32 km/h die Rede. Die sind aber nur in den USA erlaubt. In der EU liegt die erlaubte maximale Geschwindigkeit bei 25 km/h.

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