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Diese Marskolonie steht auf der Erde

von Dirk Peitz
Was wäre, wenn wir Menschen die Erde zerstören würden? Der Mars bietet sich als derzeit einzig vorstellbare Alternative an. Wenn man denn mit all den Unwägbarkeiten dort zurechtkommt. Gut dass in der Wüste von Utah schon seit 15 Jahren Leute das Leben auf dem Roten Planeten proben.

Diese Fotostrecke erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe des WIRED Magazins im April 2017. Wenn ihr die Ersten sein wollt, die einen WIRED-Artikel lesen, bevor er online geht: Hier könnt ihr das WIRED Magazin testen.

Update 7. Juli 2017: Eine aktuelle Studie der Universität von Edinburgh hat ergeben, dass der Mars wohl deutlich lebensfeindlicher ist als bisher angenommen. Dennoch, seine relative räumliche Nähe zur Erde und auch die Beschaffenheit des Roten Planeten machen ihn für Visionäre und diejenigen attraktiv, die nach einer Alternative zur Erde suchen. Für WIRED hat Benjamin Rasmussen Menschen fotografiert, die das Leben auf dem Mars schon mal üben – in Utah.

Robert Zubrin, der im Jahr 1998 die Mars Society gegründet hat, geht es da wie allen, die vor ihm bemannte Mars-Missionen konzipiert haben, die ersten gab es bereits in den 50er-Jahren: Der Rote Planet scheint stets nur ein Jahrzehnt weit entfernt zu sein vom ers­ten menschlichen Besuch. Würde man die Sache nur angehen. Doch bis heute ist kein Mensch dem Mars nahegekommen. Dutzende bemannte Missionen wurden bereits geplant. Realisiert wurde keine.

In der Wüste von Utah proben in der Station der Mars Society trotzdem seit 15 Jahren Crews wacker für den Fall, dass es so weit kommen könnte – dass Menschen den Roten Planeten erreichen, erforschen, besiedeln. Der Raumfahrtingenieur Zubrin will sich nicht damit abfinden, dass wir es nicht dort hinaufschaffen.

Zubrin hat sein Konzept dafür im Jahr 1990 für die Weltraumfirma Martin Marietta entwickelt und es Mars Direct genannt. Zubrins Plan war bahnbrechend insofern, als dass er simpel und preiswert schien im Vergleich zu den Mars-Plänen der NASA damals, die rund 500 Milliarden US-Dollar kosten sollten. Statt erst neue Technologien zu erfinden, wie die US-Weltraumbehörde das vorhatte, sollte Mars Direct auf bestehende Raumfahrttechnik zurückgreifen; statt eine komplexe All-Infrastruktur mitsamt einer Zwischenstation auf dem Mond zu errichten, wollte Zubrin eine Vier-Mann-Crew direkt zum Mars bringen. 

Mars Direct wurde erst bejubelt, doch bald von der NASA verworfen. Widerstrebende Kräfte innerhalb der Behörde und die Zaghaftigkeit der US-Politik seien dafür verantwortlich gewesen, sagt Zubrin heute. Zwar wurde ein von ihm überarbeitetes Konzept namens Mars Semi-Direct von der NASA noch zur Grundlage ihrer Mars Design Reference Mission im Jahr 1993 gemacht. Doch der mit 55 Milliarden Dollar Kosten veranschlagte Plan wurde so wenig umgesetzt wie spätere Versionen der Design Reference Mission; die aktuellste, fünfte stammt aus dem Jahr 2009.

 Am 9. April wird Robert Zubrin 65 Jahre alt, er kommt jetzt also ins Rentenalter. Doch er leitet weiterhin seine eigene Forschungsfirma Pioneer Astronautics mit Sitz in Lakewood, Colorado; die Trainings in der Station in Utah verfolgt Zubrin aus der Ferne. Den Traum vom Mars aber hat er nicht aufgegeben, im Gegenteil. Mitverantwortlich für Zubrins neuen Optimismus ist ein schwerreicher Unternehmer, der seinen eigenen Mars-Traum hat: Elon Musk. 

Vergangenen September hat der SpaceX-Gründer seine Pläne auf dem International Astronautical Congress in Guadalajara erstmals konkretisiert. So wie Zubrin vor ihm will auch Musk binnen zehn Jahren Menschen auf direktem Weg zum Mars bringen. Nur denkt Musk größer: Er will nicht vier, sondern gleich 100 Menschen auf einmal transportieren. Bis zu einer Million Erd-Exilanten sollen es in den nächsten Jahrzehnten sein, die den Mars kolonialisieren und uns unabhängig machen von unserem Heimatplaneten – auch für den Fall, dass auf der Erde irgendwann Leben nicht mehr möglich wäre. „Als Spezies können wir nur überleben“, sagt Musk, „wenn wir andere Planeten besiedeln.“

Musk sei der Einzige derzeit, der eine Mars-Mission ernsthaft angehen wolle, sagt Zubrin. Zwar könne immer noch einiges dazwischenkommen – selbst Musks finanzielle Mittel seien begrenzt, und Fehlschläge könnten das Projekt beenden. „Doch Musk besitzt den Willen, zum Mars zu kommen, und das ist die Grundbedingung“, sagt Zubrin. Die NASA hingegen suche weiter nur nach Ausreden, warum sie keine eigene Mission starte. „Indem Musk voranschreitet, stellt er das All-Establishment bloß“, sagt Zubrin. Ende der 50er-Jahre habe die Herausforderung des sowjetischen Sputnik-Satellitenprogramms die USA zum Wagnis eines bemannten Fluges zum Mond bewegt – nun fordere Musk mit seinen Mars-Plänen die NASA ähnlich heraus. 

Unbemannte Mars-Missionen zumindest haben Konjunktur, für das Jahr 2020 allein sind seit Längerem bereits fünf geplant: Die NASA startet Mars 2020, die ESA mit der russischen Weltraumbehörde Roskosmos ExoMars Rover, außerdem wollen in dem Jahr China, Indien und die Vereinig­ten Arabischen Emirate zum Mars aufbrechen.

Mitte Februar hat sich nun auch SpaceX in die Warteschleife für 2020 eingereiht, allerdings mit einer Verschiebung – eigentlich wollte Musks Firma ihre unbemannte Erkundungsmission Red Dragon schon 2018 starten, wenn sich Mars und Erde auf ihren Flugbahnen wieder am nächsten kommen. Dieses Zeitfenster öffnet sich alle zwei Jahre etwa, deshalb die Ballung der Missionen 2020. SpaceX gab als Grund für die Verschiebung an, sich aufs Crew-Programm konzentrieren zu wollen.

Robert Zubrin betrachtet Musks Kolonialisierungspläne skeptisch. „Aber wir werden es zu unseren Lebzeiten noch erleben, dass die ersten Menschen auf dem Mars landen“, sagt er. „Sie werden damit beginnen, den Planeten zu erforschen und die dortigen Rohstoffe nutzbar zu machen für eine spätere Besiedlung.“
Noch mal zehn Jahre möchte Zubrin darauf nicht warten. Von ihm aus könnte es schneller gehen. Acht Jahre, sagt er, müssten auch zu schaffen sein.

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