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Diese Klamotten sollen euch vor Gesichtserkennung schützen

von Benedikt Plass-Fleßenkämper
Software zur automatischen Gesichtserkennung ist auf dem Vormarsch. Weil wir unsere Freunde auf Facebook wiederfinden sollen zum Beispiel, oder um uns persönliche Werbung zu verkaufen. Manchmal aber auch, um Verbrecher zu fassen und uns alle zu überwachen. Der Berliner Aktivist Adam Harvey sagt dieser Technologie den Kampf an – mit Kleidung.

Anonymität ist im Zeitalter der automatischen Gesichtserkennung ein Luxus, den man sich erkämpfen muss. Polizei und Geheimdienste nutzen Überwachungssoftware, um potenzielle Straftäter zu identifizieren. Soziale Netzwerke wie Facebook setzen Algorithmen ein, die Gesichter auf Fotos automatisch erkennen und kategorisieren. Gefühlsregungen, Kleidergeschmack und Körperhaltung verraten den Betreibern der Online-Dienste mehr über ihre Nutzer, als diese ahnen. So entstehen immer genauere Personenprofile, die vor allem zu kommerziellen Zwecken genutzt werden.

Der in Berlin lebende Aktivist und Künstler Adam Harvey warnt seit Jahren vor den Konsequenzen der zunehmenden Überwachung. 2013 stellte er mit dem Camoflash ein Gerät vor, das die Aufnahme ungewollter Fotos verhindert: Ein blendendes LED-Licht leuchtet auf, sobald ein Fotoblitz ausgelöst wird. 2014 sammelte Harvey unter dem Namen CV Dazzle Makeup- und Frisurkonfigurationen, die eine Gesichtserkennung durch Computersoftware unmöglich machen sollen.

Jetzt meldet sich der Überwachungsgegner mit einem neuen Ansatz zurück. Auf dem 33. Chaos Communication Congress in Hamburg stellte Harvey das Projekt HyperFace vor. Die Idee: Der Künstler will Kleidungsstücke und andere Textilien mit Mustern bedrucken, die von Erkennungssoftware als Gesichter interpretiert werden. So soll der Algorithmus mit Informationen überflutet, verwirrt und vom tatsächlichen Gesicht abgelenkt werden. Die Designs hat Harvey zusammen mit dem Studio Hyphen-Labs entwickelt.

Der Aktivist hofft, dass sich die Anti-Überwachungs-Mode in der breiten Masse durchsetzt und es für Menschen selbstverständlich wird, sich zur Förderung ihrer Privatsphäre entsprechend zu kleiden. Dass das dringend nötig sei, untermauerte Harvey mit einigen Beispielen aus der aktuellen Forschung. Demnach behaupten Wissenschaftler, sie könnten anhand eines 100x100 Pixel großen Fotos unter anderem kriminelle Tendenzen eines Menschen ausmachen, diesen zum Beispiel als Pädophilen oder Wirtschaftsverbrecher identifizieren.

Ein weiterer Forschungszweig beschäftigt sich damit, wie sich die gewonnenen Erkenntnisse kommerziell nutzen lassen. Für Harvey sind die wahren Verbrecher jene, die diese Technologie einsetzen. Weitere Details zum HyperFace-Projekt wollen der Aktivist und Hyphen-Labs am 16. Januar auf dem Sundance Film Festival präsentieren. Dort sollen dann auch die ersten bedruckten HyperFace-Textilien erhältlich sein.

Im modegestützten Kampf gegen die Überwachung ist Harvey nicht allein. Die Idee, Gesichtserkennungssoftware durch Kleidungsstücke auszutricksen, verfolgten zuvor schon andere Künstler und Aktivisten. 2015 stellte die Fotografin Ceren Paydas einen mit Infrarot-LEDs ausgestatteten Schal vor, der das Gesicht seines Trägers durch Lichtreflexionen für Kameras unsichtbar macht. Eine ähnliche Idee verfolgt das Unternehmen AVG, das eine mit Infrarot-LEDs versehene Brille entwickelt hat, die eine Gesichtserkennung verhindern soll. Und erst vor wenigen Wochen stellten Forscher der Carnegie Mellon University ein buntes Brillengestell aus dem 3D-Drucker vor, das Algorithmen zur Gesichtsidentifikation ebenfalls erfolgreich aushebelt.

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Einen etwas ungewöhnlicheren Weg, um der Überwachung zu entrinnen, bietet der Künstler Leonardo Selvaggio: Über seine Website kann man zum Preis von rund 290 Euro eine Maske von Selvaggios Gesicht bestellen, um den Überwachungskameras nicht mehr das eigene zeigen zu müssen. Auch der Künstler Zach Blas setzt auf Masken zur Abwehr ungewollter Gesichtserkennung, die allerdings sehr viel unförmiger sind als die von Selvaggio. Blas bezeichnet seinen Ansatz als „utopisch“ und möchte damit vor allem symbolisch zum Kampf gegen die Datensammelwut aufrufen.

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