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IoT-Devices sollen erstmal schaffen, was meine Waschmaschine kann

von Johnny Haeusler
Unser Kolumnist Johnny Haeusler kämpft sich gerade durch die neue Welt der vernetzten Dinge – dabei merkt er, dass die Versprechen revolutionärer Technologie in seinem Alltag einfach nicht halten wollen. Hier seine Geschichte der Enttäuschung.

Letztes Jahr hatten wir leihweise für einige Wochen eine „connected“ Kaffeemaschine im Büro. Das Gerät, das mit diesen von mir nicht besonders geschätzten Kapseln funktionierte, verfügte über eine Anbindung in unser WLAN. Mit einer speziellen App des Herstellers konnte man dann seinen eigenen Lieblingskaffee zusammenstellen (Menge der Milch, Menge des Kaffees), die eigene Kreation benennen und dann als Voreinstellung an die Maschine senden, wo das Getränk dann abrufbar war.

Es war sicher nur eine Frage des nächsten Updates, bis sich die Maschine diese Neukreationen auch nach einem Neustart merken würde – unser Leihgerät hatte unsere Vorlieben leider immer vergessen, nachdem wir es über Nacht ausgeschaltet hatten. Auch, dass die Verbindung zum WLAN und somit zum Smartphone nicht immer zuverlässig klappte, war sicher nur ein momentanes Problem.

Trotzdem war das ganze Büro froh, als wir unsere ganz normale Maschine zurück hatten, einen Vollautomaten ohne WLAN, ohne Bluetooth, drei Sorten Kaffee kann die Maschine machen und alle schmecken vorzüglich. Die Menge der Milch bestimmen wir, indem wir die gewünschte Menge Milch in den Kaffee gießen. Probleme dabei gibt es in den letzten 15 Jahren keine, ab und zu muss die Maschine aber entkalkt werden.

Als ich vor zwei Jahren einen neuen Fernseher kaufen wollte, gab es kein Gerät, das kein „Smart-TV“ war. Seitdem nun also auch auf meinem Fernseher ein Android-Betriebssystem die Funktionen bestimmt, warte ich alle paar Wochen auf die Installation eines Updates, über das ich so gut wie nichts erfahre, außerdem gebe ich alle drei Tage das Passwort unseres WLAN erneut ein, da das Gerät es immer wieder vergisst.

Fasziniert von diesen ersten Schritten meinerseits in Richtung „Internet der Dinge“ bestellte ich kurz vor Weihnachten einen (oder ein, einen oder eine?) Amazon Echo. Ich wollte wissen, ob Alexa mir tatsächlich den Alltag erleichtert, und schließlich schreibe ich über digitale Technologien, sollte also wissen, wie der Stand der Entwicklungen ist.

Das Einrichten ging relativ problemlos vonstatten und die Erkennung des Wortes „Alexa“ zu Beginn eines Satzes funktionierte ebenfalls wie beworben. Und das Umschalten eines Radiosenders per Stimmkommando machte Spaß. Nun verstellen wir den Radiosender im Büro aber nicht allzu häufig, also testete ich andere Kommandos, die mir sinnvoller erschienen. Kommandos wie „Alexa, spiel das neue Album von U2“, „Alexa, spiel die Columbia-Sessions von Betty Davis“ oder „Alexa, ist auf dem neuen Live-Album von New Order auch ‚Blue Monday?‘“ überforderten jedoch allesamt das Wundwerk der Technik, und auch mit vielen anderen Fragen oder Bitten in einfacher Alltagssprache konnte Alexa nichts anfangen.

Als ein Kollege jedoch an der Ausgangstür zum Spaß in den Raum rief: „Alexa, bestell’ dreißig Kilo Waschmittel!“ sah Echo seinen (ihren?) Moment gekommen und verkündete minutenlange Warenbeschreibungen aus dem Amazon-Lager in pseudohumaner Stimme. Die schlichte Antwort „Nein!“ auf die abschließende Frage, ob nun eines der vorgeschlagenen Waschmittel bestellt werden solle, wurde ignoriert, stattdessen begannen die Produktbeschreibungen von vorn.

„Alexa, schick dich selbst zurück“ funktionierte auch nicht, also beschäftigte ich mich mit dem etwas aufwändigeren Prozess der Datenlöschung und sandte den kleinen Echo selbst zurück zu Mamazon.

Ganz abgesehen von den vielen Sicherheitsfragen wird es wohl allein aus inhaltlicher Sicht noch einige Jahre dauern, bis mich das Internet der Dinge und das smarte Heim wirklich überzeugen können. Derzeit sind mir das zu viel Unsinn, zu viele Bugs, zu viele Funktionen, die vorgeben, nahezu perfekte vorhandene Systeme zu verbessern, diese in Wahrheit aber umständlicher machen.

Dabei ist mir klar: Irgendwann werden sie mich bekommen, denn es wird kein Entrinnen geben. Alles ist verbunden demnächst, egal wie sinnvoll oder nicht die Integration von Netzwerkfunktionen in einzelnen Geräten sein mag. Auf der diesjährigen CES gab es u.a. einen „Smarten Salzsteuer“ und einen Toaster namens „Toasteroid“ zu sehen, der Nachrichten („Toastages“, kein Witz) zu anderen Toasteroids senden kann und diese auf das Toast brennt (die Toasteroid-Website hat ein Sicherheitsproblem, weshalb ich sie hier nicht verlinke …). Und die Haarbürste mit Bluetooth („Die Zukunft der Haarpflege“) ist laut Website seit Herbst 2017 erhältlich. Außer, dass sie es nicht ist.

Immerhin hat aber eine Firma aus Tokyo die größte aller Herausforderungen im smarten Zuhause angenommen und präsentiert seit zwei Jahren auf der CES eine Technologie, die wir wirklich brauchen. Laundroid faltet unsere Wäsche!

Das ist zwar nicht zu sehen im Teaser-Video des Unternehmens, das wie der Trailer für eine neue Folge Black Mirror wirkt, während der CES-Präsentation konnte man sich die Funktionsweise jedoch mehr oder weniger (eher weniger) gut anschauen: Man nimmt einfach die gewaschene Kleidung aus der Waschmaschine und legt sie in eine Schublade des Laundroid. Dort wird sie mittels komplexer Videotechnologie gescannt, sortiert und dann gefaltet und eine Etage höher im Laundroid abgelegt.

Für ein einzelnes T-Shirt (Laundroid funktioniert bisher nur mit T-Shirts und Unterwäsche, sorry!) dauert der Vorgang rund zehn Minuten, zum Stromverbrauch gibt es bisher keine Angaben. Und dadurch, dass die Roboterarm-Technologie sehr viel Platz im Laundroid-Schrank einnimmt, bleibt leider wenig Raum für die Wäsche. Wie gesagt: Überzeugt bin ich noch nicht.

Dabei wäre ich es so gerne. Doch dafür braucht es mehr als ein paar unsinnige Gimmicks oder Wäscheschränke ohne Platz für Wäsche. Es braucht bahnbrechende Erfindungen, welche die Welt tatsächlich verändern und verbessern: Die Waschmaschine ist im Prinzip über 300 Jahre alt und seit den 60er Jahren in ihrer erschwinglichen Haushaltsversion erhältlich, also seit über 50 Jahren. Den kommerziellen Kühlschrank gibt es bereits seit rund 180 Jahren, in Privathaushalte hat auch er in den 60ern Einzug gehalten.

Beide Geräte haben unser Leben tatsächlich revolutioniert. Das smarte Zuhause und das Internet der Dinge jedoch haben noch einen weiten Weg vor sich, bis sie an solche Revolutionen herankommen.

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