Hinweis zu Affiliate-Links: Alle Produkte werden von der Redaktion unabhängig ausgewählt. Im Falle eines Kaufs des Produkts nach Klick auf den Link erhalten wir ggf. eine Provision.

„Ich bin davon überzeugt, dass wir Facebook ändern können“

von Nicholas Thompson
Der Unternehmer, Virtual-Reality-Pionier und Autor Jaron Lanier ist ein leidenschaftlicher Kritiker des Silicon Valley und der derzeitigen Ausrichtung der Digitalisierung. 2014 wurde Lanier mit dem Friedenspreis des deutschen Buchhandels ausgezeichnet. In seinen Werken vertritt er unter anderem die These, dass Nutzer großer Internetkonzerne nicht deren Kunden, sondern vielmehr deren Produkte seien. Sein letztes Buch trägt den Titel „Zehn Gründe, warum du deine Social Media Accounts sofort löschen musst“. Nicholas Thompson, Chefredakteur von WIRED US, hat sich mit Lanier über Daten, Social Media und die Open-Source-Bewegung unterhalten.

WIRED: Jaron, für dich geht es nicht um Produkte, nicht um Effizienz und schon gar nicht um Geld. Es geht letztendlich immer um Musik und Spiritualität. Und man einige deiner jüngsten Schriften liest, scheint es, als ob du dir tatsächlich ein wenig Sorgen darüber machst, was die Technologie mit unserer geistigen Gesundheit gemacht hat. Lass uns also am besten mit deiner Kritik der Sozialen Medien anfangen.
Jaron Lanier: Für mich sind Kritik und Optimismus das gleiche. Man kritisiert Dinge ja, weil man denkt, dass sie verbessert werden können. Es sind die Selbstgefälligen und die Fanatiker, die wahre Pessimisten sind. Und zwar weil sie das Gefühl haben, dass sie die Antwort bereits kennen. Die Menschen, die denken, dass die Dinge prinzipiell offen sind, dass die Dinge durch Gedanken und Kreativität noch verändert werden können – das sind die wahren Optimisten. Von daher mache ich mir Sorgen, klar, aber es ist eine optimistische Sorge. Außerdem ist es für mich sehr wichtig, dass man die Welt als etwas Offenes versteht, um ein guter Wissenschaftler, ein guter Technologe, ein guter Schriftsteller, ein guter Künstler oder einfach ein guter Mensch zu sein. Wir sind von einem Meer aus Rätseln umgeben. Früher habe ich mir ein Drahtseil vorgestellt, auf dem man balancieren muss: Auf der einen Seite verfällt man in eine Art exzessiven, nerdig-überheblichen Reduktionismus. Dann wird alles irgendwie bedeutungslos, weil man sich mit einer Abstraktion geblendet hat, von der man denkt, dass sie alles erklärt. Und auf der anderen Seite liegt der Aberglaube, wobei man anfängt zu sagen: „Gut, wir verstehen nicht wirklich, wie sich die Quantenfeldtheorie und die allgemeine Relativitätstheorie zueinander verhalten, also muss das bedeuten, dass mein Verstand mit Pflanzen sprechen kann.“ Letztendlich geht es darum, den Punkt dazwischen zu finden. Es gibt Rätselhaftes, und diese Rätsel geht man am besten mit Strenge an. Man braucht dabei Selbstzweifel und intellektuelle Bescheidenheit, wobei man kein Narrative annimmt, die außerhalb der eigenen Reichweite liegen. Aber gleichzeitig glaubst du an ein Ziel und eine Suche nach Bedeutung, die völlig außerhalb deiner Reichweite liegen. Und du suchst schrittweise danach. Auf dieser Gratwanderung, denke ich, kann sich die Technologie verbessern. Hier kann Schönheit passieren und Beziehungen können echt sein.

WIRED: Nun gut, sprechen wir über den technologischen Teil des Drahtseilaktes und insbesondere über Social-Media-Plattformen. Welche Rolle sollten sie dabei spielen, die Gesellschaft im Gleichgewicht zu halten, während wir auf dem Drahtseil weiterbalancieren?
Lanier: Das ist eine interessante Art, es zu formulieren. Es ist eine Top-Down-Annahme, nämlich dass sie eine Rolle dabei spielen, die Gesellschaft auf eine bestimmte Weise zu formen.

WIRED: Na ja, das tun sie. Sie spielen eine Rolle bei der Beeinflussung dessen, wo wir sind.
Lanier: Ich habe immer geglaubt, dass es schön und sogar unverzichtbar sein kann und auch sollte, wenn Menschen sich mit Hilfe von Informationstechnologie verbinden. Es geht eigentlich ums Überleben, denn wir konnten ohne Geräte, die über ein Internet verbunden sind, nicht einmal verstehen, was das Klima macht. Es steht also nicht zur Debatte, ob wir das Internet brauchen. Wenn wir den Begriff Social Media verwenden, meinen wir damit wahrscheinlich diese riesigen Plattformen, die im Endeffekt das Internet übernommen haben – für fast jeden und fast die ganze Zeit über. Und sie tun das mit diesem seltsamen Geschäftsmodell, bei dem jedes Mal, wenn sich zwei Personen miteinander in Verbindung setzten, das Ganze von einer dritten Person finanziert wird, deren einziges Motiv darin besteht, diese beiden auf hinterhältige Weise zu manipulieren. Die gesamte Architektur basiert auf jeder Ebene auf Hinterhältigkeit und Manipulation. Oft kommen dabei seltsame behavioristische, hypnotische oder nicht anerkannte Techniken zum Einsatz, um die Menschen immer mehr einzubinden oder süchtig zu machen. Man möchte sie von etwas überzeugen, oder ihnen zwanghafte Verhaltensmuster aufbürden, die nicht unbedingt in ihrem eigenen Interesse liegen. Das ist das, was ich kritisiere.

WIRED: War es unvermeidlich, dass Social-Media-Systeme so werden würden?
Lanier: Überhaupt nicht. Tatsächlich waren die ersten anders. Sie waren nicht unbedingt perfekt, aber sie waren sicherlich besser. Ich denke, wir haben eine Reihe von Fehlern gemacht. Und die Fehler wurden nicht durch mangelnde Abwägungen verursacht, sondern durch eine feste Ideologie, die eben nach hinten losgegangen ist. In den 1980er und 90er Jahren gab es zum Beispiel diese sehr starke Kultur, die forderte, dass alles kostenlos sein muss. Aber das Problem ist, dass es zur gleichen Zeit auch diese Verehrung des Silicon-Valley-Unternehmertums gab. Oder wie Steve Jobs es ausdrückte: „Du machst eine Delle ins Universum.“ Es ist dieser nietzscheanische Vertrag mit der Zukunft, in dem diese magischen, besonderen, erhabenen Menschen durch ihre Brillanz den Lauf der Dinge verändern können. Und wenn man solche Helden haben will und außerdem alles kostenlos sein soll, gibt es nicht allzu viele Möglichkeiten, das alles in Einklang zu bringen. So kommt man in eine Situation, in der alles im Hintergrund von Dritten finanziert wird. Es handelte sich also um zwei Ideologien, die jede für sich genommen sinnvoll waren, aber zusammengenommen zu diesem dritten, schrecklichen Ergebnis führten.

WIRED: Wenn Facebook statt Werbefinanzierung ein Geschäftsmodell gehabt hätte, das auf Abonnements, Verkäufen, Handel oder individuellen Zahlungen basiert hätte, wäre es dann für die Russen schwieriger zu hacken gewesen? Hätte es sich wirklich anders entwickelt? Hätte sich Twitter anders entwickelt?
Lanier: Auf jeden Fall. Wirtschaftliche Anreize sind letztlich die stärksten Elemente in jedem marktwirtschaftlichen System.

WIRED: Was wäre, wenn Sheryl Sandberg (die operative Geschäftsführerin von Facebook, Anm. d. Red.) morgen aufwachen und sagen würde: „Wisst ihr was? Schluss mit Werbung. Ab sofort nur noch gegen Bezahlung und Abos.“ Was würde dann passieren?
Lanier: Sheryl hat nicht die Macht dazu. Jemand anderes muss aufwachen.

WIRED: OK, Sheryl und Mark wachen beide eines Morgens auf...
Lanier: Jetzt sind wir am Punkt. Ich denke, man kann es ändern. Und als Optimist bin ich überzeugt: Wir werden es tun. Ich weiß nicht genau, wie schnell, und ich glaube nicht, dass es ganz reibungslos laufen wird, aber ich denke, sobald es erledigt ist, werden die Aktionäre glücklich sein. Alle werden glücklicher sein. Wladimir Putin wird vielleicht nicht glücklich darüber sein. Aber das ist in Ordnung. Ein Beispiel, das als Inspiration dienen kann, ist Netflix. Zuerst war das Geschäftsmodell „Wir schicken dir Discs per Post.“ Eine sehr häufige Sorge zu dieser Zeit war, dass man einfach alle Streaming-Inhalte, die man wollte, kostenlos haben konnte. Richtig, aber die Antwort darauf ist, (A) wir können eine neue Erfahrung schaffen, die ihr Geld wert ist, denn es wird einfacher, weniger umständlich oder weniger riskant sein. Und (B) können wir unser Leistungsversprechen erweitern, so dass man im Vergleich zum Kabelfernsehen tatsächlich Geld spart. Wenn man sich also die Fähigkeit von ansieht, ein Abomodell aufzubauen, dann macht es einem meiner Meinung nach Hoffnung, dass sich Geschäftsmodelle ändern können. Selbst wenn die Leute es gewohnt sind, Dinge kostenlos zu bekommen, können sie tatsächlich davon überzeugt werden, dass ein bezahltes Modell die Welt besser macht. Jeden Tag gibt es Gerüchte, dass Facebook im Begriff ist, etwas in diesem Bereich anzukündigen, also lasst uns erstmal abwarten, was sie sagen. Ich hoffe, dass es etwas Kreatives und Mutiges sein wird. Ich denke, dass Menschen, die auf Facebook sind, auch in der Lage sein müssten, damit Geld zu verdienen. Es kann nicht nur heißen: „Her mit dem Geld.“ Es muss auch Lauten: „Du kannst Geld verdienen.“

WIRED: Welche anderen Fehlentscheidungen in der Architektur lenken die Dinge in die falsche Richtung?
Lanier: Von den 80ern bis in die 90er Jahre – für diejenigen, die sich nicht erinnern – hatten wir die Idee der Paketvermittlung, die den Kern des Internets ausmacht. Das war vor dem, was wir das Internet nennen. Es war ein Haufen inkompatibler, unterschiedlicher Paketvermittlungsnetze. Um interoperabel zu werden haben sich die Leute im Grunde von der Regierung bestechen lassen. Ausgedacht hat sich das Ganze ein Senator namens Al Gore. Und davon haben wir das Internet bekommen. Die ursprüngliche Idee war, das Internet so simpel wie möglich zu machen. Deshalb kannte das ursprüngliche Internet keine Darstellung von Menschen. Es gab kein Mitgliedskonzept. Es gab kein Identitätskonzept. Es gab keinen Sinn für Authentifizierung. Es gab bestimmt keine Implementierung von Commerce-Lösungen. Da war nichts. Es gab nur die Grundmauern. Und in diesem Sinne, alles so minimal wie möglich zu halten, beging das Webprotokoll eine Ursünde, indem es keine Backlinks hatte. Man konnte zwar auf etwas hinweisen, um zu den Daten dieses Objekts zu gelangen. Aber die Sache, auf die gezeigt wurde, wusste nicht, dass sie gezeigt wurde. Und das schuf dieses Netz, in dem es keine Herkunft für Daten gab. Keine Möglichkeit zu wissen, was echt war. Keine Möglichkeit zu wissen, woher es kam, und daher keine Möglichkeit für Menschen, persönliche Errungenschaften anzuhäufen. Ich war Teil dieser frühen Gemeinschaft. Ich war eine Weile Chefwissenschaftler bei Internet2, das war das akademische Konsortium, das in den 90er Jahren herausgefunden hat, wie man das alles skalieren kann. Und wir sprachen darüber – wir wussten, dass wir Hunderte von Milliarden Dollar an unbekannte Personen spendeten, um diese fehlenden Lücken zu schließen. Es stellte sich heraus, dass Google die Backlinks eingefügt hat. Das ist im Wesentlichen die Kernfunktion von Google. Oder zumindest fing es so an. Wer würde diese Konten erstellen? Nun, zunächst Firmen wie MySpace, aber letztendlich Facebook. Und so wurden all die Dinge, die wir bewusst ausgelassen haben, zu diesen riesigen monopolistischen Unternehmen.

WIRED: Eines der großen Probleme im Internet ist heute, dass man seine Daten nicht besitzt. Meine Daten bleiben auf einem Facebook-Server, und ich kann auf sie zugreifen, während ich im Internet unterwegs bin, aber sie sollten eigentlich bei mir bleiben, wenn ich im Internet unterwegs bin. Wie gestaltet man ein Internet von Anfang an so, dass die Daten bei der Person bleiben?
Lanier: Das architektonische Problem der Aufbewahrung eigener Daten ist gelöst. Tim Berners-Lees neues Projekt heißt Solid, und genau das ist es auch: solide. Wir hätten es schon vorher tun sollen. Die Technologie ist kein Geheimnis. Aber... kann ich etwas über die wirtschaftliche Seite sagen?

WIRED: Bitte!
Lanier: Nehmen wir Übersetzer. Jahrelang hat mein Mentor, Marvin Minsky, versucht, einen Weg zu finden, zwischen natürlichen Sprachen wie Englisch und Spanisch zu übersetzen, und es hat nie funktioniert. Dann in den 90ern fanden einige Forscher bei IBM heraus, dass man es mit großen Datenmengen machen könnte, indem man massive statistische Korrelationen mit bereits existierenden, übersetzten Werken herstellt. Dann begannen Unternehmen wie Google und Microsoft, kostenlose Dienste anzubieten, was dazu geführt hat, dass die Beschäftigungsaussichten für professionelle Übersetzer auf ein Zehntel dessen reduziert wurden, was sie zuvor gewesen waren. Wenn man das Ganze nur oberflächlich betrachtet, könnte man sagen: „Was für ein Pech. Sie sind lebende Anachronismen. Ihre ökonomische Nische wurde durch die Automatisierung obsolet.“ Aber wenn man ein wenig tiefer blickt, entdeckt man, dass sich Sprache jeden Tag verändert. Es gibt neue öffentliche Veranstaltungen, neue Popkultur, neue Memes, einen neuen Slang, und so müssen wir jeden Tag Dutzende von Millionen neuer Begriffsübersetzungen von diesen Leuten zusammenkratzen oder stehlen, nur um die Maschinenübersetzung auf dem neuesten Stand zu halten. Also sagen wir ihnen einerseits: „Ihr seid obsolet. Ihr werdet nicht bezahlt, ein Roboter macht jetzt eure Arbeit.“ Aber gleichzeitig sagen wir ihnen: „Übrigens werden wir weiterhin die notwendigen Daten von euch stehlen, um diese Illusion zu erzeugen.“ Das ist einfach nur unehrlich und total verdreht. Und das ist entscheidend, denn eine weitere wichtige Frage der Technik-Welt ist, ob Roboter Menschen arbeitslos machen und ob wir alle ein bedingungsloses Grundeinkommen brauchen. Aber falls wir einfach ehrlicher wären in Bezug auf die Herkunft von Daten und darüber, wie die Dinge eben laufen, könnten wir den Menschen neue Jobs geben, anstatt ihnen zu sagen, dass sie obsolet sind.

WIRED: Du glaubst also, dass wir wegen einer religiösen Hingabe an Daten manche Jobs abschaffen, die diese Daten eigentlich verbessern würden.
Lanier: Momentan erleben wir einen Phasenübergang – einen Paradigmenwechsel. Tatsächlich ist es aber eine Paradigmenverwechselung die uns diese falschen Umstände beschert. Wir können den Leuten nicht sagen, dass wir ihre Daten brauchen, also müssen wir sie dazu bringen, sie uns zu geben. Aber es wäre viel sinnvoller, ihnen einfach zu sagen: „Hey, das sind die Daten, die wir brauchen. Wir lieben euch. Wir möchten, dass ihr gut und erfolgreich lebt.“ Wenn wir ehrlich sagen könnten, welche Daten wir benötigen, wie sie verwendet werden und woher sie stammen, könnten wir den Menschen tatsächlich mehr Würde geben und eine erweiterte Wirtschaft und besser funktionierende Technologie besitzen. Aber der Übergang ist schwierig, weil wir so sehr mit dieser Art Trugschluss verwoben sind.

WIRED: Apropos kostenlos, was ist eigentlich mit Open Source?
Lanier: Indem wir Code kostenlos gemacht haben, haben wir im Grunde Daten in ein Machtzentrum verwandelt. Und jetzt befinden wir uns in dieser bizarren Situation, in der Unternehmen wie Facebook oder Google jede Menge Open-Source-Code von Apache haben, der aber in geheimen Rechenzentren versteckt wird – zusammen mit unserer aller Daten, die Algorithmen am Laufen halten, die wiederum die Welt regieren. Und die sind auch streng geheim. Wenn man wie in der Open-Source-Community alles kostenlos macht, wird jedoch nicht jeder arm. Was vielmehr passiert ist, dass das, was einmal eine Glockenkurve war zu einer Zipf-Kurve wird. Gesellschaften mit einem offenen Markt sollten eine Art Glockenkurve bilden, bei der sich die meisten Menschen um die Mitte einordnen. Dann gibt es zusätzlich ein paar Leute, die stark überdurchschnittliche Leistungsträger sind und ein paar, die auf der anderen Seite stehen. Aber wenn man die Dinge von einem zentralen Punkt aus steuert, wie es Facebook oder Google tun, kommt am Ende eine Zipf-Kurve dabei heraus. Das heißt, dass ein paar Open-Source-Entwickler ziemlich gut verdienen, etwa durch Beratungsverträge oder was auch immer. Aber wenn man sich dann das ansieht, was man den Long Tail nennen könnte, sieht man viele relativ verarmte Leute, die grundlegenden Code beigesteuert haben, der das Internet tagtäglich am Laufen hält. So sind diese beiden absolut unhaltbaren Extreme von Belohnung und Mangel an Belohnung in der Gesellschaft entstanden. Ganz abgesehen davon, ob das fair ist oder nicht, ist es einfach nicht nachhaltig.

WIRED: Wir möchten mit etwas Schönem enden: Was bedeutet es, in der virtuellen Realität zu improvisieren?
Lanier: Ich glaube, dass es eines Tages einen Weg geben könnte, sich durch virtuelle Realität auf eine Art und Weise zu verbinden, die unsere heutige Kommunikation überschreitet. Dabei geht es nicht mehr darum, Symbole zu teilen, wie wir es mit Worten und Sprache tun, sondern darum, gemeinsam eine geteilte Welt zu improvisieren – unmittelbar Dinge zu schaffen, die erlebt werden, ohne notwendigerweise einen symbolischen Kontext für diese Dinge vorzugeben. Man kann sich die Gehirnrinde als einen Planeten mit unentdeckten Kontinenten vorstellen. Ein riesiger Teil, der motorische Kortex, verläuft etwa in der Mitte von vorne nach hinten, wie ein Irokesenschnitt. Und dann gibt es da dieses Ding namens Homunkulus, das eine Art Landkarte benachbarter Körperregionen auf der Hirnrinde abbildet und mit dem motorischen Kortex verbindet. Wir wissen, dass Menschen, wenn sie abstrakte Berechnungen anstellen, mit einer Geschwindigkeit arbeiten, die sie sonst nicht erreichen können. Wenn ein Jazzpianist sich selbst beibringt, welche Noten er spielen soll, löst er schwierige harmonische Probleme spontan viel schneller als sonst. Ich habe mir vorgenommen, diesen unausgelasteten Teil des Gehirns für kreative Zwecke zu nutzen, indem man virtuelle Musikinstrumente schafft, mit denen man improvisieren und so eine gemeinsame Welt schaffen kann. Diesen Traum habe ich noch nicht aufgegeben. Bis heute jage ich ihm nach.

WIRED.com

Dieser Artikel erschien zuerst bei WIRED.com
Das Original lest ihr hier.

GQ Empfiehlt
Facebook testet Express Wifi in Indien

Facebook testet Express Wifi in Indien

von WIRED Staff