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Bakterien wehren sich gegen Viren, indem sie ihren Angreifern ein Stück vom Erbgut heraustrennen. Dazu kombinieren sie RNA (Ribonukleinsäure) mit einem Protein namens Cas9: Das eine Molekül sucht, das andere schneidet.
Vor vier Jahren beschrieben die Biologinnen Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna, wie sich das Prinzip aus der Natur als Alternative zu etablierten Methoden der Genmanipulation nutzen ließe. Heute werden sie als Heldinnen der Biotechnologie gefeiert. „Das ist eine sensationelle Entdeckung“, sagt etwa Heyo Kroemer, Dekan der Universitätsmedizin Göttingen. „Das Potenzial lässt sich noch gar nicht abschätzen.“
Das Besondere an dem Verfahren – bekannt als Crispr/Cas9 – ist seine hohe Genauigkeit bei sehr geringen Kosten. Viele Erbkrankheiten entstehen durch Fehler an einigen wenigen Stellen im Genom. Sind die Mutationen identifiziert, fällt es mit Crispr vergleichsweise leicht, die defekte DNA zu entfernen und durch korrekte zu ersetzen.
Sorgen bereitet vielen Experten, dass Crispr dazu dienen könnte, Menschen nach Maß zu erschaffen – das Erbgut also nicht zu reparieren, sondern gezielt zu manipulieren. Experimente an Stammzellen sind bei Tieren in vielen Laboren bereits Alltag. Eine Idee: die DNA von Moskitos so umzuprogrammieren, dass diese keine Malaria mehr übertragen können.
Skeptiker warnen vor unvorhergesehenen Konsequenzen – und bezweifeln, dass die Natur es dem Menschen so einfach macht. „Je mehr wir über Genetik herausfinden“, sagt John Parrington, Molekularbiologe an der Universität Oxford, „umso komplexer wird das Bild.“
Update, 22.2.2017: Das US-Patentamt und die Warenzeichenbehörde haben Stellung bezogen zur Frage, wer bei Crispr das Patent halten sollte. Statt die revolutionäre Technik zum Eigentum eines Einzelnen zu erklären, entschied der zuständige Patentrichter, ein Team von der Berkeley-Universität und Forscher sowohl vom MIT als auch von der Harvard-Universität teilten sich die Eigentümerschaft. Nun haben also die, die Crispr entdeckt haben, gleichzeitig Einfluss darauf, wer es nutzt. Das macht es für alle anderen kompliziert. Anwälte haben deshalb nun eine Petition eingereicht, die fordert, die Bundesregierung solle dafür sorgen, dass Crispr der gesamten Bevölkerung gehöre und der Umgang damit nicht davon abhängt, was Forscher der drei beteiligten Universtitäten wollen.