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Internet der Dinge: Mozilla und Universität Dundee starten gemeinsamen Studiengang

von Ben Hartlmaier
Mozilla und die schottische University of Dundee haben heute einen neuen Promotionsstudiengang angekündigt, der sich der Zukunft des Internet of Things (IoT) annimmt. Unter dem Titel OpenDoTT (Open Design of Trusted Things) soll der interdisziplinäre Studiengang Technologen, Designer und Forscher ausbilden, um vernetzte Produkte zu entwickeln, die offener, sicherer und vertrauenswürdiger sind als heutige Lösungen.

Ermöglicht wird das Studium durch 1,5 Millionen Euro aus dem EU-Förderprogramm Horizont 2020. Die ersten Studierenden werden im Juli 2019 an der Uni Dundee starten und später in die Mozilla-Büros in Berlin weiterziehen. Koordiniert wird das OpenDoTT-Programm von Jon Rogers, der an der Universität Dundee den Lehrstuhl für Kreative Technologie innehat. Wir haben mit ihm über die Herausforderungen des neuen Studiengangs gesprochen.

WIRED: In der Presseerklärung zum neuen Studiengang heißt es: „Wearables überwachen unseren Herzschlag, KI-Sprachassistenten wohnen in unseren Küchen und Kinderzimmern und intelligente Städte erkennen uns auf Schritt und Tritt". Für viele dürfte das nach einem orwellschen Albtraum klingen. Wonach klingt es für Sie?

Jon Rogers: Technologie ist nicht neutral. Hinter jedem Objekt steckt eine Ideologie, meint schon Gillian Crampton Smith, eine der Begründerinnen des Interaction Designs. Es ist daher wichtig, sich kritisch mit vernetzten Geräten zu befassen – nicht nur mit dem, was sie technisch können, sondern auch damit, wer sie sozial und politisch formt. Ähnlich wie das Internet im Allgemeinen kann das IoT dazu eingesetzt werden, Bildung zu fördern und mehr Gerechtigkeit herzustellen oder, im Gegenteil, zur Kontrolle und zur Verschärfung der Ungleichheit eingesetzt werden.

WIRED: Was bedeutet das konkret?

Rogers: Ein intelligenter Herzschrittmacher kann zum Beispiel Leben retten, er kann aber auch gehackt werden und dann sogar lebensbedrohlich sein. Um möglichen Schäden vorzubeugen müssen wir die Entscheidungen und Verfahren verstehen, die bei der Herstellung dieser Geräte zum Tragen kommen. Muss das Gerät beispielsweise überhaupt mit dem Internet verbunden sein? Manchmal ist es schneller und zuverlässiger, die Daten lokal auf einem Gerät zu verarbeiten, als sie an einen ausländischen Server zu senden – vom höheren Sicherheitslevel einmal abgesehen.

WIRED: Was ist Ihrer Meinung nach das größere Hindernis für die breite Akzeptanz des IoT: Die Sicherheitsprobleme oder der Überwachungscharakter?

Rogers: Die größte Herausforderung für das IoT ist der unglaubliche Mangel an Phantasie, den wir bei Unternehmen sehen, die in die IoT-Entwicklung investieren. Wenn Sie eine Bildsuche nach „IoT“ durchführen, werden Sie seitenweise langweilige und meistens blaue Abbildungen von Häusern finden, in denen alle typischen Haushaltsgegenstände mit einer großen Wolke verbunden sind. Anstatt nur an internetfähige Autos, Fernseher, Kühlschränke, Lautsprecher und Ähnliches zu denken, sollten wir einmal buchstäblich über den Tellerrand hinausdenken.

WIRED: Die Erfassung und Verarbeitung von Daten ist das Herzstück smarter IoT-Geräte. Wie können Daten verantwortungsbewusst erhoben werden?

Rogers: Ich kann mir vorstellen, Daten in Zukunft ein wenig so zu behandeln wie Lebensmittel, wo wir etwa die Möglichkeit haben, lokal oder global einzukaufen. Wo wir unsere eigenen Produkte anbauen können. Wo wir Dinge, die wir erzeugt haben, mit genau den Menschen teilen können, mit denen wir es möchten. Es ist ein viel komplexeres Ökosystem als die vereinfachte Version einer Cloud, die das aktuelle Narrativ um die Beziehung zwischen uns, unseren Daten und dem IoT dominiert.

WIRED: Brauchen wir möglicherweise strengere Datenschutzgesetze oder stehen Gesetze wie die europäische Datenschutzgrundverordnung im Widerspruch zur Entwicklung des IoT?

Rogers: Darauf möchte ich gerne mit [dem Harvard-Jura-Professor] Lawrence Lessig antworten, der sagt, dass es nicht nur das Recht ist, sondern auch Normen, Märkte und Architekturen, die unseren Einsatz von Technologie bestimmen. Deshalb glauben wir, dass das IoT eine Kultur der guten Praxis braucht, insbesondere im Bereich der Daten. Gesetze und Vorschriften sind ein Teil davon, aber nicht die ganze Geschichte. In diesem Doktorandenprogramm wollen wir die Regelung von Privacy By Design, die das Herzstück der Datenschutzgrundverordnung bildet, in sinnvolle Designpraktiken umsetzen.

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