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Für 3.000 Euro lässt sich ein Gebrauchtwagen zum selbstfahrenden Auto umrüsten

von Wolfgang Kerler
Auch Normalsterbliche, die sich nicht ständig ein neues Auto leisten können, sollen an der Zukunft der Mobilität teilhaben. Das findet jedenfalls das Start-up Kopernikus Automotive. Schon bald will es ein Nachrüst-Set auf den Markt bringen, das normale Fahrzeuge in Roboterautos verwandeln soll. Und das sind nicht die einzigen Pläne von Kopernikus.

Die Jungfernfahrt von Ingolstadt nach Wolfsburg hat der selbstfahrende Prototyp schon erfolgreich hinter sich gebracht. Von den anderen Autofahrern auf der Straße dürfte das allerdings kaum jemand bemerkt haben. Denn für ihren Testwagen haben sich die Gründer des Start-ups Kopernikus Automotive das vielleicht durchschnittlichste Auto der Republik ausgesucht: einen weißen VW Golf, Baujahr 2017. Ihn haben sie mit sieben Kameras und einem Hochleistungscomputer unter dem Fahrersitz ausgestattet. Damit haben sie ihm das autonome Fahren beigebracht.

Dass es für die Jungfernfahrt ausgerechnet ein absolutes Durchschnittsauto sein musste, passt durchaus zur Idee von Kopernikus Automotive, das in Berlin und Potsdam sitzt. Denn mit seinem „Retrofit-Kit“, einem Nachrüst-Set für Gebrauchtwagen, will das Start-up auch Normalverdienern den günstigen Einstieg ins Zeitalter der selbstfahrenden Autos anbieten. Für um die 3.000 Euro soll man die Kameras und den Computer bekommen. Damit lässt sich ein moderner Gebrauchter, der einen Abstandstempomat und einen Parkassistenten bereits an Bord hat, in wenigen Stunden zum intelligenten Roboterauto aufrüsten. Selbst Gas geben, lenken und bremsen muss das Auto also schon können. Wirklich selbst fahren lernt es durch die Technik von Kopernikus.

Ein einfaches Update soll den Autokauf ersetzen

Die Idee für das Nachrüst-Set kam den Kopernikus-Gründer auch deshalb, weil sie – genau wie viele Autofahrer – feststellen mussten, dass die großen Hersteller das Prinzip von „Updates“ oft nicht verstanden haben. Bisher bringen die Autobauer meistens Modelle auf den Markt, die zwar anfangs auf dem neuesten technischen Stand sind, dann aber schnell veralten, weil sie sich anders als Software oder Apps nicht updaten lassen. Gerade bei eingebauten Navigationsgeräten war das oft nervig. Wenn sich das nicht ändert, müssten die Kunden für die neueste Technologie auf dem Markt immer ein neues Auto kaufen.

„Wir wollen dieser Entwicklung mit unserer Lösung entgegenwirken“, schreibt das Kopernikus-Team auf WIRED-Anfrage. Das Retrofit-Kit soll übers Internet Updates empfangen können – „over-the-air“ wie bei Tesla. Auch andere Software-Entwickler sollen „Apps“ für die Kits entwickeln können. An sie sollen sie bereits Ende des Jahres ausgeliefert werden.

Deutsche Autofahrer müssen länger warten

In der aktuellen Testphase arbeitet das Start-up mit dem Golf. Das Kit eignet sich aber auch für andere Modelle des Volkswagen-Konzerns. Strategisch wichtig sind für Kopernikus außerdem Pick-ups und LKW, die für den amerikanischen Markt gebaut werden. Denn: Amerikanische Kunden werden die Nachrüsts-Sets wohl zuerst bekommen.

Zwar können sich auch deutsche Autofahrer für den Vorverkauf registrieren lassen. Aber das Kopernikus-Team macht sich keine Illusionen: „Bis die Lösung auf den deutschen Markt kommt, wird es noch seine Zeit dauern.“ Das liege zum einen an der Gesetzeslage in Deutschland. Die gilt allgemein immer noch als recht unklar, wenn es um selbstfahrende Autos geht. Das zweite Hindernis ist ebenfalls eine deutsche Besonderheit: das fehlende Tempolimit auf Autobahnen. Bisher tun sich Roboterautos sehr schwer damit, auf der Überholspur heranrasende Autos richtig einzuschätzen. Sie müssen daher sehr defensiv fahren.

Das Auto soll zum Smartphone werden

Das Retrofit-Kit soll für Kopernikus Automotive nur ein Zwischenschritt bleiben. Langfristig geht das Start-up nämlich davon aus, dass alle Autos ab Werk mit den nötigen Sensoren, Kameras und der passenden Rechenpower ausgerüstet sein werden, um selbst zu fahren. Ab dann will Kopernikus eine App-Store-Plattform für Autos betreiben, über die sich Fahrer selbst die geeignete Straßensoftware oder Selbstfahrsoftware, die speziell für ein bestimmtes Land entwickelt wurde, herunterladen können – unabhängig von der Automarke. Ähnlich wie bei Smartphones würden die Hersteller also nur noch die Hardware liefern, die Software käme von unabhängigen Entwicklern.

Kopernikus ist übrigens nicht das einzige Start-up, das an Nachrüst-Sets arbeitet. Für unter 3.000 Dollar will auch die kanadische Firma X-Matik „normale“ Gebrauchtwagen in autonome Autos verwandeln.

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