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Facebook erklärt Benachteiligung von Coderinnen mit Frauenmangel

von Benedikt Plass-Fleßenkämper
Facebook präsentiert sich gern als modernes, weltoffenes Unternehmen und setzt sich unter anderem für Gleichberechtigung ein. Interne Analysen haben nun jedoch offengelegt, dass Entwicklerinnen in Mark Zuckerbergs Firma mit Problemen kämpfen.

Die IT-Branche war lange Zeit eine reine Männerdomäne. Die Zahl der Programmiererinnen und Entwicklerinnen wächst mittlerweile zwar, die meisten Arbeitsplätze in diesem Bereich besetzen aber nach wie vor männliche Angestellte. Und das, obwohl die Großen der Branche immer wieder betonen, sich für die Gleichberechtigung von Mann und Frau einzusetzen und mit traditionellen Rollenvorstellungen zu brechen. Dass das manchmal mehr Lippenbekenntnis als Beschreibung der Realität ist, zeigt das jüngste Beispiel einer Ungleichbehandlung bei Facebook. 

Wie das Wall Street Journal berichtet, fand eine ehemaliger Facebook-Mitarbeiterin heraus, dass in Zuckerbergs Unternehmen von weiblichen Entwicklern geschriebener Programmcode 35 Prozent häufiger abgelehnt wird als jener von männlichen Programmierern. Entwicklerinnen müssten außerdem 3,9 Prozent länger auf eine Antwort auf einen eingereichten Code warten und würden 8,2 Prozent öfters Kommentare und Fragen von Vorgesetzten beantworten müssen. Das legte die Vermutung nahe, dass Facebooks interne Kontrollinstanzen von Vorurteilen geprägt sein könnten. Als Reaktion auf die vorgelegten Ergebnisse ließ Facebook eine zweite Studie zum Thema durchführen – die zu einem anderen, aber nicht minder problematischen Ergebnis führte.

Diese Untersuchung wurde laut The Verge von Jay Parikh, Facebooks Leiter für Infrastruktur, im vergangenen Oktober durchgeführt. Parikh bestätigte die Tatsache, dass Programmcode von weiblichen Mitarbeitern seltener akzeptiert wird, kam jedoch zu dem Schluss, dass nicht das Geschlecht, sondern der niedrigere Rang der Mitarbeiterinnen Grund für die häufigeren Ablehnungen sei. Unter männlichen und weiblichen Kollegen gleichen Ranges gebe es keine nennenswerten Ungleichheiten. Facebooks Angestellte nahmen diese Zustandsbeschreibung mit Unmut auf: Frauen werde offenbar der Aufstieg in höhere Positionen erschwert. Gut ein Drittel (33 Prozent) der Facebook-Mitarbeiter sind Frauen, nur 27 Prozent der Führungspositionen sind weiblich besetzt.
 

Die Zahl von Frauen in höheren Positionen ist weder bei Facebook noch in der Branche ansatzweise dort, wo sie sein sollte

Facebook

In einer Stellungnahme gegenüber dem Wall Street Journal erklärte Facebook die Ergebnisse der ersten Analyse für nichtig, da diese auf unvollständigen Daten basieren würden. Das Unternehmen räumte jedoch ein, dass die Ergebnisse der zweiten Untersuchung korrekt seien und es in diesem Punkt tatsächlich ein Ungleichgewicht gebe. Ob die schlechteren Chancen für die Arbeit weiblicher Entwickler nun in Diskriminierung durch männliche Mitarbeiter begründet liegen oder darin, dass es in den höheren Positionen zu wenig Frauen gibt, bleibt unklar.

Facebook verweist in diesem Zusammenhang auf den generellen Mangel an weiblichen Fachkräften. Das Unternehmen sieht in diesem Umstand ein branchenweites Problem, das es zu lösen gilt, es sei jedoch nicht im Alleingang zu beheben. „Die aktuelle Zahl weiblicher Mitarbeiter in höheren Positionen ist weder bei Facebook noch in der gesamten Branche ansatzweise dort, wo sie sein sollte“, sagte Facebook in seiner Stellungnahme gegenüber dem Wall Street Journal. Die ungewollte Veröffentlichung der ersten Studienergebnisse bezeichnet das Unternehmen dem britischen Guardian zufolge als „äußerst unglücklich“, da diese weibliche Bewerberinnen abschrecken und das vorherrschende Problem nur noch verstärken würden.

Für Facebook ist die Situation indes besonders schwerwiegend. Immerhin möchte das Unternehmen mit seinem sozialen Netzwerk den Grundstein für eine offene, moderne und globale Community legen. Betriebsinterne Vorurteile könnten Mark Zuckerbergs Vision von einer gleichberechtigten Weltgemeinde, die immerhin zur Hälfte aus Frauen besteht, untergraben. Zudem könnte dem Unternehmen durch den offensichtlichen Mangel an Wertschätzung weiblicher Arbeit eine Menge Potenzial verloren gehen. 

So kam eine Studie von US-Wissenschaftlern im vergangenen Jahr etwa zu dem Ergebnis, dass Frauen statistisch gesehen die besseren Programmierer sind. Die von Frauen eingereichten Programmcodes fanden demnach deutlich häufiger Anklang als diejenigen männlicher Kollegen – allerdings nur, solange die Coderinnen ihr Geschlecht verheimlichten.

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