
Die nächste EU-Urheberrechtsreform steht vor der Tür. Unser Kolumnist mahnt daher in dieser Sonderkolumne die Wirtschaftslobbyisten: Baut doch euer eigenes Internet. Noch lieber wären ihm aber klarere Rechtsgrundlagen für Internet-Nutzerinnen.
Aufmerksame Leserinnen und Leser dieser Kolumne wissen, dass ich keine generelle Abneigung gegen eine angemessene Regulierung der Online-Welt hege. Meine Hoffnung auf selbstregulierende Systeme ist seit einigen Jahren mindestens geschwächt, und vor allem im Sinne der Solidarität mit dem Schutz von Schwächeren glaube ich, dass es an manchen Stellen klare Regeln und ihre Durchsetzung braucht.
Ich hätte daher also auch keine generellen Probleme mit sinnvollen Urheberrechtsreformen. Schließlich hat das Internet unseren Umgang mit Kulturgütern komplett verändert. Darauf muss an manchen Stellen auch die Gesetzgebung reagieren.
Ich habe aber massive Probleme mit der Tatsache, dass sich inländische und europäische Gesetzentwürfe und deren Umsetzung seit Jahren in erster Linie mit der Stärkung von Wirtschaftsinteressen beschäftigen. Ein gar nicht schönes Beispiel dafür ist die aktuell angestrebte EU-Urheberrechtsreform – über die am morgigen Mittwoch abgestimmt wird. Sollte der Vorschlag des Verhandlungsführers Axel Voss (CDU) eine Mehrheit finden, könnte er trotz der Einwände von öffentlichen Einrichtungen, Unternehmen, Start-ups, Journalisten, Bibliotheken, Presseverlagen und zivilgesellschaftlichen Organisationen innerhalb weniger Monate EU-Gesetz werden. Und damit das Internet zu Ungunsten der Nutzerinnen und Nutzer verändern.
Zusammengefasst sieht der Gesetzentwurf ein Leistungsschutzrecht vor, das in Deutschland und Spanien bereits existiert, durch eine verspätet veröffentlichte Studie der EU (!) aber für völlig wirkungslos erklärt wurde. Außerdem wird zwischen den Entwurfszeilen die Einführung von Upload-Filtern geplant. Plattformen sollen schon während des Uploads von Fotos, Videos, Sounds und anderen Inhalten prüfen, ob eventuelle Urheberrechtsverletzungen vorliegen könnten, und diese sofort löschen, also bevor sie überhaupt auf der Plattform veröffentlicht werden. Bisher müssen Plattformen Inhalte erst nach Kenntnisnahme von Rechtsverletzungen löschen.