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Es gibt nun ein Hirnimplantat, das per Gedanken im Web surfen und chatten lässt

von Michael Förtsch
Forscher haben Testpersonen Implantate in das Gehirn verpflanzt, das ihre Gedanken in Maus-Befehle umsetzt. Mit diesen konnten sie schnell und zuverlässig Apps auf einem Android-Tablet bedienen, im Internet surfen und sich Textnachrichten schicken.

Es klingt ziemlich nach Science Fiction aber soll bereits funktionieren. BrainGate Research, eine Forschungsinitiative der Brown University, der Stanford University, dem Massachusetts General Hospital, weiteren Hochschul- und Medizineinrichtungen und des Unternehmens BrainGate, hat ein Implantat entwickelt, das es Menschen zuverlässig ermöglicht, mittels Gedanken im Internet zu surfen und Apps auf Android-Tablets zu nutzen. Das hat nun eine Reihe von praktischen Tests mit Versuchspersonen gezeigt.

Bei den freiwilligen Testpersonen handelt es sich um Menschen, die ab dem Hals abwärts gelähmt sind. Sie haben sich das BrainGate2-Neural-Interface getaufte Netz aus kleinen Elektroden in den Kopf implantieren lassen. Das greift die elektrischen Ströme des Motorcortex ab, der eigentlich für die Kontrolle der Gliedmaßen zuständig ist. Diese werden in Echtzeit durch ein Neural-Decoder-System – der eigentliche Durchbruch des Projektes – interpretiert, in Maus-Bewegungs- und Klickbefehle umgewandelt und via Bluetooth an ein unverändertes Nexus-9-Tablet geschickt. Das, wie in einer Studie angeführt, vergleichsweise simple Konzept soll den Probanden bislang ungekannte Möglichkeiten eröffnet haben.

Unter anderem hätten die Testteilnehmer die Chat-App Hangouts nutzen können, um sich gegenseitig aber auch Freunden Textnachrichten zuschicken. Es sei ihnen gelungen, mit dem Browser Chrome im Netz zu surfen, Gmail und den News-Aggregator News Republic zu nutzen, sich Waren im Internet zu bestellen, den Musik-Streaming-Dienst Pandora zu bedienen oder auf einem virtuellen Klavier zu spielen. Insgesamt hätten die durchschnittlich schon über 50 Jahre alten Probanden über drei Tage hinweg sehr schnell gelernt, die Kontrollfunktionen zu meistern und damit effektiv und spielerisch zu arbeiten.

Neue Möglichkeiten für körperlich eingeschränkte Menschen

Wie die Forscher in ihrer Studie anführen, hat es natürlich schon zuvor erfolgreiche Tests gegeben, in denen Menschen mittels Implantaten virtuelle Mauszeiger und Programme bedienen konnten. Allerdings: Bislang war es dafür aber stets notwendig, eigens komplexe Programme zu entwickeln und Computersysteme mit Hard- und Software aufwändig anzupassen. In ihrem Projekt sei hingegen nun erstmals die „Nutzung eines kommerziell erhältlichen, unmodifizierten Computergeräts“ gelungen.

Sie haben also eine Hirn-Computer-Schnittstelle geschaffen, die, wenn sie erst weiterentwickelt wird, relativ einfach eine ganze Bandbreite von Tablets und anderen Computern verwenden lässt, die sich einfach kaufen lassen. Damit wäre es bald möglich, zahlreiche Menschen mit Querschnittslähmungen oder anderen Beeinträchtigungen ohne großen Aufwand die Kontrolle über Computer zu geben – und sie so schneller, effektiver kommunizieren und mit der Welt in Kontakt treten zu lassen. Aber natürlich könnte diese Methode später auch auf Menschen ohne Beeinträchtigungen übertragen werden.

Allerdings ist für diese Möglichkeit trotzdem immer noch ein invasiver operativer Eingriff notwendig, um die Elektroden in das Hirn zu implantieren – und so Signale abzugreifen, die stark genug sind, um sie zielsicher zu interpretieren. Dieses Problem versuchen derzeitig wiederum mehrere Start-ups anzugehen. Unter anderem arbeitet das von Elon Musk mitbegründete Neuralink an einem Gerät namens Neural Lace, das, wie Musk im September andeutete, wohl nicht in den Kopf implantiert werden müsse. Gleiches versuchen die Unternehmen NeuroSky, Emotiv und MyndPlay, die auch bereits Headsets veröffentlicht haben, mit denen sich einige Videospiele, PCs und Tablets steuern lassen – jedoch nur mit großer Anstrengung und eher schlecht als recht.

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