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Erobert der Bitcoin jetzt die Wall Street?

von Patrik und Andre Eberle
Der Bitcoin ist gerade zehn Jahre alt geworden. Höchste Zeit also, um eine neue WIRED-Kolumne rund um die wichtigsten Kryptowährungen zu starten. Ab sofort werden Patrik und Andre Eberle von Coincierge für uns regelmäßig durchleuchten, was die Krypto-Welt bewegt. Diesmal erklären sie, warum Bitcoin bald den Sprung an die Wall Street schaffen könnte.

Seit dem 5. September 2018 bewegt sich der Preis für einen Bitcoin zwischen 5.358 und 5.784 Euro. Von der berauschenden Volatilität der Kryptowährungen ist nichts mehr übriggeblieben. Damit verläuft das Jahr 2018 anders, als es die meisten Ende des vergangenen Jahres vermutet haben. Im Dezember 2017 stieg der Bitcoin-Kurs auf über 16.000 Euro. Doch dieses Allzeithoch liegt inzwischen in weiter Ferne.

Der sich kaum verändernde Bitcoin Kurs lässt den ein oder anderen Anleger kritischer auf den Markt für Kryptowährungen schauen. Und das ist auch gut so! Denn nur wer einen Blick unter die Oberfläche wagt, wird trotz der ernüchternden Zahlen erkennen, dass etwas im Gange ist: Die Wall Street macht sich für die Kryptowährung Bitcoin bereit.

Wann kommt der erste gedeckte Bitcoin-Fonds?

Bitcoin Terminkontrakte, also Futures, können schon seit dem 10. Dezember 2017 an der Terminkontraktbörse CBOE in Chicago gehandelt werden. Mit diesen Futures kann man, zum Beispiel, auf einen steigenden oder fallenden Bitcoin-Kurs wetten. Diese Kontrakte sind jedoch „cash-settled“. Das bedeutet, dass Trader lediglich auf den Basiswert von Bitcoin setzen, ohne die digitale Währung Bitcoin tatsächlich selbst zu besitzen. Damit beeinflussen Futures, die nicht mit Bitcoin gedeckt sind, höchstens indirekt den Bitcoin Kurs. So richtig ist die Kryptowährung mit dem Future-Handel an der CBOE also noch nicht am etablierten Finanzmarkt angekommen.

Anders sähe das bei Bitcoin-Fonds aus. Ein Bitcoin ETF, also Exchange-Traded Fund, wäre vereinfacht erklärt ein Investmentfonds, der die digitale Währung Bitcoin hält. Ähnlich wie eine Aktie wird auch ein ETF an einer Börse gehandelt. Bei einem Bitcoin ETF, der mit Bitcoin gedeckt ist, würden dem Markt bei einem Einkauf tatsächlich Bitcoin entzogen, bei einem Verkauf Bitcoin zugeführt. Ein- und Verkäufe würden damit den Bitcoin Kurs beeinflussen.

Ein Bitcoin ETF wird innerhalb der Bitcoin-Community heiß diskutiert. Immerhin gilt die Wall Street als das Feindbild der Bitcoin-Anarchie und Cypherpunks. Spekulanten hingegen hoffen auf einen Bitcoin ETF. Sie ziehen immer wieder den Vergleich mit Gold ETFs heran: Im März 2003 wurde der erste Gold ETF genehmigt, was dazu führte, dass der durchschnittliche Goldpreis von 363,32 US-Dollar pro Unze im Jahr 2003 auf über 1.668,60 Dollar im Jahr 2012 anstieg. Graham Tuckwell, Gründer und Vorsitzender der Vermögensverwaltungsgesellschaft ETF Securities meinte, dass die Genehmigung des Gold ETFs einen erheblichen Einfluss auf den Goldkurs hatte. Allerdings weiß (hoffentlich) jeder Spekulant, dass Wertentwicklungen in der Vergangenheit keine Garantie für zukünftige Gewinne sind.

Wichtige Bitcoin ETF-Anträge: Winklevoss & VanEck/SolidX/Cboe

Cameron und Tyler Winklevoss sind US-amerikanische Unternehmer, Risikokapitalgeber und Ruderer. Die Zwillinge wurden auch dafür bekannt, dass sie Mark Zuckerberg verklagten, weil dieser die Idee für Facebook von ihnen gestohlen haben soll. Der Rechtsstreit endete mit einem Vergleich. Zuckerberg zahlte 65 Millionen US-Dollar and die Brüder. Elf Millionen davon nutzten sie 2013 laut eigenen Angaben, um Bitcoin einzukaufen. Ein Jahr später entwickelten sie eine Börse für Kryptowährung namens „Gemini“, was auf Lateinisch Zwillinge heißt. Außerdem reichten sie schon zwei Anträge für die Zulassung von Bitcoin ETFs bei der amerikanischen Börsenaufsicht U.S. Securities and Exchange Commission, kurz SEC, ein. Die SEC lehnte beide Anträge ab – und begründete das mit potentieller Marktmanipulation und mangelndem Anlegerschutz.

Als der „heilige Gral“ des Marktes wird oft ein anderes Projekt bezeichnet: der gedeckte VanEck & SolidX & Cboe Bitcoin ETF-Antrag. Dieser wird von der oben bereits erwähnten Chicagoer Options-Börse CBOE unterstützt – und CBOE zählt immerhin zu den größten Futures-Anbietern der Welt. Außerdem wäre dieser Bitcoin ETF vollständig versichert. Und: Kleinanleger wären im Gegensatz zum Winklevoss ETF gezwungenermaßen geschützt, da ein Anteil am ETF 25 Bitcoins entsprechen würde. Das Mindestinvestment wäre also für Kleinanleger gar nicht zu stemmen.

Daher scheint dieser ETF-Antrag der bisher vielversprechendste zu sein. Die Börsenaufsicht SEC traf sich am 23. Oktober 2018 mit den drei Unternehmen, um kritische Punkte zu besprechen. Das kann man durchaus als gutes Zeichen werten. Die SEC hat nun bis zum Ende des ersten Quartals 2019 Zeit, um den Bitcoin ETF-Antrag entweder abzulehnen oder zu genehmigen. Bis dahin kann und wird die SEC die Entscheidung wahrscheinlich immer wieder aufschieben. Daraus lässt sich aber weder eine positive noch eine negative Stimmung ableiten.

Bisher wurden alle Bitcoin ETF-Anträge abgelehnt

Natürlich gab es und gibt es weitere Bitcoin ETF-Anträge. Alle hatten eins gemeinsam: Die SEC hat sie bisher alle abgelehnt. Zu groß ist die Angst vor der Marktmanipulation, der (in der Realität nicht mehr bestehenden) Volatilität, der Verwahrung und der fehlenden Liquidität. Interessanterweise folgte bereits Kritik aus den eigenen Reihen. SEC-Mitglied Hester Pierce etwa bemängelte die Ablehnung des Winklevoss ETF-Antrag wörtlich so:

„Wenn wir den hier zur Debatte stehenden ETF genehmigen würden, könnten die Anleger entscheiden, ob sie ihn kaufen oder meiden wollen. Durch das heutige Vorgehen der SEC wird den Anlegern diese Entscheidung genommen. Ich lehne die Rolle des Gatekeepers der Innovation ab - eine Rolle, die sich von unserer Mission des Anlegerschutzes, der Förderung der Kapitalbildung und der Erleichterung fairer, geordneter und effizienter Märkte unterscheidet (und mit dieser auch nicht vereinbar ist).“

Bakkt: Unterstützt vom zweitgrößten Börsenbetreiber der Welt

Aber nicht nur ein gedeckter Bitcoin ETF wird mit Spannung erwartet, auch die Krypto-Handelsplattform Bakkt der Intercontinental Exchange ist ein wichtiges Puzzleteil, um den traditionellen Finanzmarkt zu erschließen. Die Intercontinental Exchange (ICE) betreibt weltweit 23 regulierte Börsen und Marktplätze für Finanzprodukte und Rohstoffe. Darunter befinden sich Handelsplätze in Europa, Kanada und den Vereinigten Staaten, inklusive der allseits bekannten New York Stock Exchange (NYSE) and der Wall Street. ICE ist damit der zweitgrößte Börsenbetreiber weltweit. Es spielt also eine Rolle, dass das Unternehmen nun eine Partnerschaft mit Microsoft, Starbucks und der Boston Consulting Group ankündigte, um die Krypto-Plattform Bakkt ins Leben zu rufen und den Handel mit der Kryptowährung Bitcoin vorzubereiten.

Viele setzen die (täglichen) Bitcoin Terminkontrakten von Bakkt mit einem Bitcoin ETF mit Bakkts gleich, da auch bei Bakkt die Bitcoins physisch gedeckt seien, so eine Pressemitteilung der Plattform. Bei jedem Kauf oder Verkauf würden echte Bitcoins und nicht nur der Basiswert gehandelt. Der Markt für Kryptowährungen könnte mit Bakkt also tatsächlich einen Game Changer gefunden haben. Denn dieser erfüllt alle Anforderungen, die notwendig sind, damit Großinvestoren und Institutionen – wie Versicherungen oder Pensionsfonds – sicher in Bitcoin investieren können. Zusätzlich ist Bakkt nicht nur daran interessiert, einen regulierten Bitcoin Marktplatz zu schaffen, sondern auch daran, die Infrastruktur rund um Bitcoin zu verbessern.

Für den Marktplatz benötigt Bakkt jedoch eine Genehmigung der Commodity Futures Trading Commission, kurz CFTC, aus Washington. Da ICE aber bereits am 22. Oktober ankündigte, dass die täglichen Bitcoin Terminkontrakte von Bakkt ab dem 12. Dezember 2018 verfügbar sind, scheint eine Genehmigung nur eine Frage der Zeit.

Custody Lösungen: Verwahrungslösungen für Kryptowährungen

Der letzte Bullenmarkt im Dezember 2017 offenbarte die Schwächen der vorhandenen Krypto-Infrastruktur überdeutlich. Eine davon war, dass institutionelle Investoren auch aufgrund von fehlenden Genehmigungen der Krypto-Börsen oder aufgrund fehlender Sicherheitsvorkehrungen nur unter erheblichen Umständen in Kryptowährungen investieren konnten. Situierte Investoren werden sicherlich keinen Hardware Wallet nutzen, um Kryptowährungen sicher zu verwahren.

Unternehmen aus dem jungen Krypto- und aus dem Bankensektor haben dieses Problem erkannt – dadurch entstand die Custody Lösung zur Verwahrung von Kryptowährungen. Institutionelle Anleger erhalten dabei eine staatlich regulierte bzw. lizenzierte Anlaufstelle, bei der sie ihre Kryptowährungen verwahren und verwalten können. Im Gegenzug erhalten die Anbieter der Verwahrungslösungen eine Gebühr. Custody Lösungen sind attraktiv, sowohl für Kunden als auch für Anbieter.

Coinbase, das wohl größte Krypto-Unternehmen der Welt, kündigte mit Coinbase Custody als erstes eine eigene Verwahrungslösung für Großkunden an. Es folgten itBit, Gemini und Bakkt – und auch Goldman Sachs, Fidelity und Citigroup kündigten einen eigenen Custody Service an. Auch das ist ein wichtiger Baustein, um Kryptowährungen für die etablierten Player der Finanzmärkte attraktiv zu machen.

Bitcoin wird erwachsen

Das nächste große Ziel für Bitcoin ist also eindeutig die Wall Street und die Listung an traditionellen Finanzmärkten. Dank Bakkt ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis die ersten gedeckten Bitcoin Terminkontrakte handelbar sind. Das wiederum könnte auch die Genehmigung eines gedeckten Bitcoin ETF vorantreiben. In der Zwischenzeit werden Lösungen entwickelt, die Kunden und Benutzern das Leben erleichtern sollen. Die Bitcoin-Infrastruktur wächst und wächst.

Patrik und Andre Eberle

Patrik und Andre Eberle

von GQ

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