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Ein FBI-Dokument verrät Details über Apples geheimes Autoprojekt

von Wolfgang Kerler
Es ist ziemlich still geworden um Apples Pläne für selbstfahrende Autos. Doch jetzt wäre der iPhone-Konzern womöglich fast ein Opfer von Industriespionage geworden. Das FBI griff ein. Die Klageschrift liest sich wie ein kurzer Krimi – und verrät Details über Apples Autoprojekt „Titan“.

Alles beginnt ganz harmlos. Am 7. Dezember 2015 heuert Xiaolang Zhang bei Apple an. Als Entwickler soll er an Software und Hardware für selbstfahrende Autos mitarbeiten. Zuletzt gehört er zum Team, das Leiterplatten designt und testet. Zhang bekommt Zugang zu internen Datenbanken, die Geschäftsgeheimnisse enthalten. Er braucht die Daten schließlich für seinen Job.

Im Frühjahr 2018 kommt sein Kind zur Welt, also geht er vom 1. bis 28. April in Elternzeit. Währenddessen besucht er seine Familie in China. Kaum zurück bei Apple, am 30. April, informiert er seinen Vorgesetzten, dass er kündigt, um wieder nach China zu ziehen. Er wolle näher bei seiner kranken Mutter sein. Im Verlauf des Gesprächs verrät er seinem Chef, für welche Firma er in China arbeiten will: für XMotors. Ausgerechnet. Das chinesische Start-up arbeitet ebenfalls an selbstfahrenden Autos und wird finanziert von Alibaba und Foxconn.

Zhang betrat das Gelände, als er eigentlich noch in Elternzeit war

Auf Nachfragen reagiert Zhang ausweichend. Sein Vorgesetzter wird daher misstrauisch – und schaltet die Sicherheitsabteilung des Konzerns ein. Die schickt einen Mitarbeiter in das Gespräch mit Zhang. Am Ende muss er alle Apple-Firmengeräte sofort abgeben, zwei iPhones und ein MacBook. Sein Zugang zum Netzwerk des Unternehmens wird gesperrt. Zhang wird zum Ausgang begleitet und noch einmal darauf hingewiesen, dass er keine Geschäftsgeheimnisse verraten darf. Er versichert, dass er sich daran halten wird.

Doch die Sicherheitsleute trauen ihm nicht. Sie rekonstruieren Zhangs Aktivitäten während seiner letzten Tage bei Apple. Schnell stellen sie fest, dass er ganz gezielt große Mengen an Daten von den Geheimservern heruntergeladen hat. Darunter: Details über Batterietechnik oder Federungssysteme. Am Abend des 28. Aprils, als er offiziell noch in Elternzeit war, hatte er um 21:14 Uhr das Firmengelände betreten. Auf den Bildern der Überwachungskameras war zu sehen, wie er sowohl in die Software- als auch die Hardware-Abteilung des Autoprojekts ging. Als er das Gebäude eine Stunde später verließ, trug er eine Tastatur, ein paar Kabel – und eine große Kiste. Die Sicherheitsleute bestellen Zhang noch einmal ein.

Apple schaltet das FBI ein

Am nächsten Tag, das nächste Gespräch. Zhang gibt zwar zu, schon während seiner Zeit bei Apple den Kontakt zu XMotors gesucht zu haben. Er bestreitet aber, den Campus während seiner Elternzeit betreten und dabei Daten heruntergeladen und Firmeneigentum entwendet zu haben. Erst als ihm klar wird, dass Apple Bescheid weiß gesteht er. Er habe sich die Daten aber nur aus privatem Interesse beschafft – daher habe er sie auch auf dem Laptop seiner Frau gespeichert.

Schon Wochen vorher habe er außerdem einen Linux-Server und Leiterplatten mitgenommen. Er bietet der Firma an, alles zurückzugeben. In seinem Beisein durchsuchen die Sicherheitsleute seinen Laptop im Schnelldurchgang und stoßen dabei auf 40 Gigabyte Daten, ein Großteil davon „sehr problematisch“. Zhang wird gekündigt. Apple schaltet das FBI ein. Bei der genauen Untersuchung des heruntergeladenen Dateien stoßen die Beamten auf weitere technische Informationen, zum Beispiel einen 25-seitigen Schaltplan für eine Leiterplatte.

Nach seinem Abgang bei Apple fängt Zhang bei XMotors an, allerdings nicht in China, sondern zunächst in der kalifornischen Niederlassung der Firma, in Mountain View. Er kündigt den Ermittlern aber bereits an, dass er demnächst nach China umziehen will. Am 7. Juli erfährt das FBI: Zhang hat sich ein Last-Minute-Flugticket nach Peking besorgt. Noch am Abend will er abfliegen. Doch kurz zuvor wird er von Beamten abgefangen – hinter der Sicherheitskontrolle im Terminal B des Flughafens von San Jose. Sie nehmen in fest wegen des Verdachts des Diebstahls geistigen Eigentums.

Das FBI verrät Details aus dem iPhone-Konzern

Soweit der mögliche Kriminalfall bei Apple, wie er in der Klageschrift des FBIs geschildert ist. Ganz nebenbei verraten die Beamten darin auch noch Details zum Umfang der Autopläne des Konzerns: 5000 der insgesamt 135.000 Beschäftigten seien in das Geheimprojekt eingeweiht. Etwa 2700 sollen Zugang zu einer oder mehreren vertraulichen Datenbanken haben. Bisher ging man immer davon aus, dass nur etwa 1000 Mitarbeiter an selbstfahrenden Fahrzeugen forschen. Das Projekt könnte also größer und wichtiger sein als gedacht. Außerdem weiß man nun, dass Apple offenbar auch an eigenen Chips für Roboterautos arbeitet.

XMotors hat übrigens inzwischen mitgeteilt, dass Zhang keine vertraulichen Daten von Apple an die Firma weitergegeben habe. Außerdem habe man ihm gekündigt. Zhang droht eine Geldstrafe von bis zu 250.000 Dollar und eine Gefängnisstrafe von bis zu 10 Jahren, sollte er verurteilt werden.

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