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Diese Smartphone-App soll Donald Trump stoppen

von Wolfgang Kerler
Am 6. November finden in den USA die Midterm Elections statt, bei denen die Amerikaner das Repräsentantenhaus und ein Drittel der Senatoren wählen. Um die Politik von Präsident Trump und seinen Republikanern zu stoppen, wollen die Demokraten die Mehrheit in beiden Häusern erobern. Dabei soll ihnen die Smartphone-App Outvote helfen.

Für Aaron Schein sind die Wahlen im November nicht irgendwelche Wahlen. „Es sind die wahrscheinlich wichtigsten Wahlen meines Lebens“, sagt er, als wir uns auf dem sonnigen Campus der Columbia University in New York treffen. Aaron ist 29, wuchs in L.A. und Boston auf. Jetzt promoviert er an der Elite-Universität in Manhattan. Sein Fachgebiet: Machine Learning.

Er zählt auf, warum die Wahlen für ihn so einschneidend sind: Trumps Russland-Connection, das harte Vorgehen der Regierung gegen Einwanderer, die Abkehr vom Klimaschutz, die Lügen, die der Präsident aus seiner Sicht verbreitet. „Wir haben so viele Probleme in diesem Land“, sagt Aaron. „Aber am wichtigsten ist, dass wir Donald Trump so schnell wie möglich loswerden. Genau darum geht es in den Midterm Elections.“

SMS sollen Bekannte ans Wählen erinnern

Aaron will alles dafür tun, um den Demokraten eine Mehrheit in beiden Häusern des US-Kongresses zu bescheren. Er ärgert sich immer noch über Freunde, die bei der Präsidentschaftswahl keine Lust hatten, wählen zu gehen. Deshalb gehörte er auch zu den ersten Nutzern der Smartphone-App Outvote. Wie die funktioniert, lässt sich einfach erklären: Die App gleicht das eigene Telefonbuch mit den Wählerregistern ab, die in den USA öffentlich sind. Dann liefert sie eine Übersicht, wer von den eigenen Kontakten sich bereits registriert hat und wer nicht. Um überhaupt abstimmen zu dürfen, braucht man in Amerika eine Registrierung. Freunde und Bekannte, die als Demokraten eingetragen sind, werden mit einem „D“ gekennzeichnet. Die zu motivieren, ist Aaron besonders wichtig.

„Über die Liste kannst du dann Freunde auswählen, denen du Textnachrichten schicken willst“, sagt Aaron. „Du kannst sie dazu auffordern, sich zu registrieren, sie daran erinnern, wählen zu gehen, oder sie dazu bringen, mit der App auch ihre Freunde anzuschreiben.“ Dann will er zeigen, wie es funktioniert, mit Outvote eine Message zu schicken. Doch es klappt nicht. Aaron lacht und liest die Meldung der App vor: „Gute Arbeit, du hast bereits alle kontaktiert.“ Weit über 100 SMS hat er schon an Freunde und Bekannte verschickt.

Mit Outvote kann man sogar aus dem eigenen Schlafzimmer Wahlkampf machen.

Aaron Schein

„Manche haben mit ‚Bist das du, oder ist das Spam?‘ geantwortet. Dann habe ich geschrieben, dass ich es wirklich bin“, erzählt er. Andere Freunde bedankten sich oder sagten, dass sie bereits registriert seien. „Die habe ich darum gebeten, ihre Freunde und Bekannten auch daran zu erinnern.“ Aaron selbst ist so engagiert, dass er in der heißen Phase des Wahlkampfs auch beim Telefon- und Haustür-Wahlkampf mitmachen will. „Aber die App ist auch was für Leute, die darauf keine Lust haben. Mit Outvote kann man sogar aus dem eigenen Schlafzimmer Wahlkampf machen.“

Am meisten Hoffnung setzt Aaron aber in den „sozialen Druck“, den die App erzeugen könnte. „Wir sollten eine Kultur haben, in der man von seinen Bekannten dazu gebracht wird, sich zu registrieren und zu wählen“, findet er. „Aber dafür muss man eben wissen, wer registriert ist und wer nicht“. Mit Outvote funktioniert das. Aaron kann sich aber auch vorstellen, dass nicht jedem die Vorstellung dieser sozialen Kontrolle gefällt.

Nachrichten von Freunden statt von anonymen Kampagnen

Hinter der App steckt ein amerikanisches Start-up, das ebenfalls Outvote heißt und Anfang des Jahres gegründet wurde. Finanziert wurde es unter anderem vom Technologie-Inkubator Y Combinator. WIRED konnte einige Fragen an den Software-Entwickler Naseem Makiya stellen, einen der Gründer von Outvote.

Im Sommer 2016 unterstützte er den Wahlkampf eines demokratischen Kandidaten, der ins Repräsentantenhaus von Massachusetts einziehen wollte. Dabei erlebte er, wie viel es bringen kann, mit Menschen persönlich zu sprechen. Doch ein paar Monate später gewann Donald Trump die Präsidentschaftswahl. Naseem Makiya war geschockt. „Danach machte ich mir Gedanken, wie man mithilfe von Technologie diese Art von sozialer Interaktion in einem größeren Maßstab erreichen könnte“, erinnert er sich. Das Ergebnis war Outvote.

„Bisherige Wahlkampf-Apps schicken Textnachrichten von unbekannten Nutzern. Meistens wird die Message von einem Mitarbeiter der Kampagne oder einem freiwilligen Unterstützer verschickt. Bei Outvote kommt die Nachricht aber von einem Freund oder Bekannten“, sagt Makiya. „Da ist die Wahrscheinlichkeit viel höher, dass auf die Nachricht reagiert wird, oder jemand tatsächlich sein Verhalten ändert.“

Nur Demokraten können die App nutzen

Schon vor der Gründung des Start-ups gab es einen Testlauf mit der App, bei regionalen Wahlen in Massachusetts. Alle vier Kandidaten, die auf Outvote setzten, waren erfolgreich, schreibt die Firma – obwohl drei von ihnen ein sehr kleines Wahlkampf-Budget hatten. Die Wahrscheinlichkeit, dass junge Menschen tatsächlich zur Wahl gingen, soll sich durch einen Kontakt mit Outvote verdoppelt haben.

Sollte die App sich verbreiten und dieser Effekt auch bei landesweiten Wahlen eintreten, könnte Outvote tatsächlich einen Unterschied machen. Denn die Millenials, womit meist die Generation der jetzt 20- bis 35-Jährigen gemeint ist, wählt zwar mehrheitlich die US-Demokraten. Doch ihre Wahlbeteiligung ist deutlich niedriger als bei älteren Menschen, die eher dazu neigen Trump und die Republikaner zu wählen. Dieses Missverhältnis will Naseem Makiya ändern, denn das Ziel seiner App ist eindeutig: Er will den Demokraten zum Wahlsieg verhelfen. Republikaner können Outvote nicht einsetzen.

Aaron aus New York kann das gut nachvollziehen. „Natürlich wäre es schön, wenn wir zwei Parteien hätten, die sachlich und mit gutem Willen darüber diskutieren, was gut für unser Land ist“, sagt er. Dann wäre es für ihn völlig okay, wenn beide Parteien die App nutzen könnten. „Aber leider sind die Republikaner moralisch völlig am Ende. Also wäre es moralisch auch nicht zu vertreten, beide Parteien zuzulassen.“

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