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Prothesen aus einer anderen Welt

von Cindy Michel
Einst sperrige Konstrukte, dann möglichst unsichtbar, und heute sind Prothesen High-Tech-Produkte. Wenn es nach Sophie de Oliveira Barata geht: ein Fashion Statement. Die Künstlerin baut Prothesen in Schlangenform, wie spitze Pfeile und so, als seien sie direkt aus einem Sci-Fi-Film entsprungen. Mit WIRED sprach sie über Cyborgkunst und Gaming-Prothesen.

Wenn die äußere Erscheinung Teil des Selbstausdrucks wird, eine Stütze auf dem Weg zur Selbstverwirklichung, dann ist das ein Fashion Statement. „Und so ist das auch mit Prothesen“, sagt Sophie de Oliveira Barata im Gespräch mit WIRED. „Sie sind nicht nur Ersatz eines Gliedmaßes, sondern können auch zum Ausdruck der Persönlichkeit werden. Darin liegt ihr Potenzial.“ Mit ihrem Projekt Alternative Limbs will sie positive Diskussionen über Transhumanismus, Behinderungen und die Schönheit in der Vielfalt menschlicher Körper anregen.

In ihrem Londoner Atelier kreiert die Künstlerin Prothesen, die sehr viel mehr nach High-Tech-Kunst aussehen als nach medizinischen Hilfsmitteln. Aber auch die funkelnde, über und über mit Swarovskysteinen dekorierte Beinprothese oder der künstliche Arm, aus dem eine Schlange zu kommen scheint, funktionieren als Hilfsmittel für den Körper. Auch wenn bisweilen das Design wichtiger wird als die medizinische Wirksamkeit: „Wir gestalten Umschalungen und die Kosmetik für Prothesen, manchmal auch komplette Gliedmaßen. Die Anforderungen und Wünsche variieren von Kunde zu Kunde“, erklärt de Oliveira Barata, die nicht nur einen künstlerischen Background hat, sondern auch einen handwerklichen: acht Jahre hat sie für einen der führenden Prothetik-Anbieter Englands gearbeitet.

Gemeinsam berät sie mit dem Kunden und ihrem Team über den Stil der Prothese, das Material oder auch die Flexibilität sowie die Möglichkeit einer austauschbaren Schale. „Und bei manchen Stücken, gerade bei denen, die für Performances oder den Kunstmarkt gedacht sind, steht eben das Design im Vordergrund, nicht die Funktionalität.“ Wie bei einigen Fashion Statements. 

Ihre Kreationen sind angeregt von den Geschichten und Vorstellungen ihrer Klienten. Ganz nach romantischem Vorbild seien sowohl die Natur, als auch die Technik ihre Ideengeber, sagt die Künstlerin im WIRED-Gespräch – Und das Kino: „Science-Fiction inspiriert mich und meine Arbeit sehr“, sagt de Oliveira Barata, die einen Abschluss in Spezialeffekte (Schwerpunkt Prothetik) für Film und Fernsehen besitzt. Für Langfilme habe sie noch nicht gebaut, dafür aber die Prothese von Viktoria Modesta, die eben jenige in dem Musikvideo zu ihrem Song Prototype trägt.

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„Dieser Spike, den ich für Viktoria baute, war wohl die ungewöhnlichste Prothese, die ich je entworfen habe“, berichtet de Oliveira Barata. „ Denn die sollte so gar nicht die menschliche Form widerspiegeln, sondern ganz im Gegenteil – auffallen und herausstechen.“ Neben der Kunstszene ist auch die Gaming Industrie auf das Alternative Limb Project aufmerksam geworden.

Für Konami haben de Oliveira Barata und ihr Team das Phantom Limb Projekt umgesetzt. Für einen Gamer und Absolventen der Biowissenschaften sollte sie eine Gaming-Prothese entwerfen und produzieren, ganz nach dem Vorbild von Solid Metal Gear: „Dafür haben wir mit GTR, einem Karbonfaserhersteller, Open Bionics, sie bieten erschwingliche Roboterhände mit Sensoren aus dem 3D-Drucker an, und vielen anderen Ingenieuren zusammengearbeitet“, erinnert sie sich. „Sogar ein Drohnenexperte war Teil des Teams.“

Die Materialien, die das Alternative Limb Projekt einsetzt sind mannigfaltig. Sie reichen von Holz bis Metall über Silikon. Die Kosmetik richtet sich nach den Wünschen der Klienten. Manche würden es ganz edel wollen, andere verrückt uns ausgefallen. Eine Beinprothese habe sie mit Lautsprechern ausgestattet, eine andere mit Licht oder etwa die Anatomie nach außen gekehrt – und Muskeln wie Sehnen auf der Schale nachempfunden.

In der Zukunft würde Sophie de Oliveira Barata gerne mehr für Performances und Kunstausstellungen bauen. „Eine genaue Vorstellung davon, wie diese Prothesen dann aussehen sollen, habe ich noch nicht, aber ich möchte, dass sie so wirken als seien sie nicht von dieser Welt“, überlegt sie. „Sie würden Sensoren haben, die dem Träger auf besondere Weise erlauben, mit seiner Umwelt zu interagieren. “ Sie ist auf der Suche nach Sponsoren mit denen sie gemeinsam „Grenzen überschreiten kann“.

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