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Diese Kaffeemaschine macht jedes Büro zur Rösterei

von Dominik Schönleben
Sechs Jahre arbeitet Hans Stier schon daran, eine Kaffeemaschine zu entwickeln, bei der die Bohnen für jede Kanne frisch geröstet werden. Wie das das Filtergetränk besser machen soll, haben wir den Bonaverde-Gründer beim Besuch in Berlin gefragt.

Wenn Hans Stier über Kaffee spricht, dann überschlagen sich die Worte. Der Gründer und CEO von Bonaverde unterbricht sich oft selbst, egal ob es um Mahlgrad oder Röstmethoden geht. Immer wieder fällt ihm etwas ein, das er vergessen hat und das er unbedingt noch erzählen will. Seit knapp sechs Jahren ist es Stiers Ziel, eine neuartige Kaffeemaschine auf den Markt zu bringen: die erste, die in einem Rutsch grünen Kaffee mahlt, röstet und schließlich aufbrüht – in nur 15 Minuten. Quasi ein Kaffeevollautomat für frische Bohnen. Was daran besser sein soll als bei normalem Filterkaffee? Durch die frische Röstung werde der Kaffee besonders mild und bekömmlich, sagt Stier.

Doch diesmal, beim WIRED-Besuch bei Bonaverde in Berlin, wird er in seinen Ausführungen nicht von sich selbst unterbrochen, sondern von drei Besuchern. Mit suchendem Blick betreten sie das Büro, das mehr wie ein hippes Café statt als ein Berliner Startup aussieht. „Ich bin Jacque, und wir kommen aus France“, sagt einer von ihnen mit deutlichem Akzent. Dann dreht er sich zu Stier und sagt: „Bist du Hans?“

Erst wirkt Stier verwirrt, doch als klar wird, dass es sich bei dem Gast um einen seiner internationalen Kickstarter-Unterstützer handelt, springt er auf und nimmt ihn überschwänglich in den Arm, um sich zu bedanken. Der Franzose ist gekommen, um die Beta-Version der Kaffeemaschine persönlich in Augenschein zu nehmen, die er mitfinanziert hat. Drei Jahre wartet er nun schon darauf.

Doch fast wäre Stiers Traum nie wahr geworden, sein erstes Startup, Kaffee Toro, entwickelte sich zum Desaster. „Uns sind die Maschinen abgeraucht. Am Ende hatten wir acht Ingenieursstudenten, die im Keller saßen und nichts anderes gemacht haben, als unsere 170 Prototypen zu reparieren“, erzählt er. So verbrannte der ehemalige RWE-Lobbyist zwischen 2010 und 2013 viel Geld, und irgendwann war es vorbei.

Eigentlich wollte Stier seine Idee schon aufgeben, doch dann sah er in Kickstarter eine zweite Chance. Ab November 2013 bastelte er mit alten Kollegen von Kaffee Toro am Neustart – Bonaverde. Mit Erfolg: Mehr als 700.000 Euro sammelte Stier über Crowdfunding von Kaffee-Enthusiasten, dazu kamen knapp 1,2 Millionen von Crowd-Investoren über die Plattform Seedmatch. Mit diesem Geld wollte er innerhalb eines Jahres die ersten Maschinen ausliefern.

Doch wie bei so vielen Kickstarter-Kampagnen kam es anders: Die ersten Designs für die Maschine waren nicht gut genug und mussten komplett überarbeitet werden, zusätzlich gab es Probleme mit dem Mahlwerk. Stier hatte die Idee für ein Upgrade: Per App sollten Nutzer ihr individuelles Röst- und Mahlprogramm zusammenstellen können.

Die Bonaverde-Maschine sollte durch zusätzliche Features nicht mehr nur etwas für Kaffee-Aficionados sein, die durch die perfekte Röstung ihr Lieblingsbohne optimieren wollen. Sondern auch für Menschen, die es gewohnt sind, ihren Kaffee aus Kapseln zu trinken. Diese Nutzer können dann in 50-Gramm-Päckchen portionierte ungeröstete Fairtrade-Bohnen kaufen, die Kaffeebauern direkt über einen Bonaverde-Shop verkaufen.

Mit jedem Päckchen kommt ein spezielles, von Profis entwickeltes Röstprofil. Die Verpackung muss nur kurz an die Maschine gehalten werden und schon startet die auf die Bohnen angepasste Röstung. Damit das reibungslos funktioniert, wurde in die Maschine ein Lesegerät für NFC-Chips integriert. Das gab es beim ersten Konzept auf Kickstarter noch nicht.

Jetzt, nach knapp drei Jahren, ist die Beta-Version der Bonaverde fertig. Im Mai 2017 soll das finale Produkt in die Massenproduktion gehen. Keine Selbstverständlichkeit, weniger als 30 Prozent aller Crowdfunding-Kampagnen gelingt es, das versprochene Produkt zu liefern.

Während Unterstützer wie Jacque aus Frankreich weiter geduldig warten und die Entwicklung des Projekts verfolgen, ist die Wut anderer groß. Auf Facebook machen sie sie ihrem Ärger über ungewollte Veränderungen am Produkt und die lange Wartezeit Luft. „Dadurch, dass wir so nah an der Crowd gebaut sind, hat uns das oft hart getroffen“, sagt Stier. Er habe immer wieder lernen müssen, wie leicht bei der Entwicklung einer Kaffeemaschine Fehler passieren könnten: „Ich habe nicht genug Ahnung gehabt und bin da naiv rangegangen.“ Aber mittlerweile sei das anders, nach all den Jahren sei er Experte.

Bonaverde zeigt ein Grundproblem des Crowdfundings: Einerseits ist vielen Unterstützern nicht klar, dass sie kein fertiges Produkt vorbestellen, sondern zunächst nur eine Idee finanzieren. Andererseits ist es auch verständlich, wenn sie verärgert sind, wenn jemand ein Versprechen gibt, das er nicht halten kann. Und manchmal geht es dabei eben um den Traum eines Amateurs, der sich das nötige Knowhow erst erarbeiten muss. Viele Kickstarter-Projekte sind eine Chance auf ein ungewöhnliches Produkt, das es sonst vielleicht nie gegeben hätte – aber leider auch ein finanzielles Risiko für die Unterstützer.

Während viele Crowdfunding-Träumer nie ihre Idee verwirklichen und irgendwann aufgeben, sieht es bei Bonaverde bisher anders aus. Die Beta-Version steht nach drei Jahren immerhin und röstet ohne offensichtliche Macken – auch wenn das Büro oder die Wohnung danach duften, als sei man in einer Kaffeerösterei.

Wenn man Hans Stier vertraut, ist es nur noch ein kurzer Endspurt bis zum finalen Produkt im Mai. Dann kann er sich vielleicht endlich zurücklehnen und seinen Filterkaffee aus genau der Maschine trinken, die er sich immer gewünscht hat. Hoffentlich sehen seine Crowdfunding-Unterstützer es dann genauso.

Die Bonaverde-Kaffeemaschine wird 799 Euro kosten und soll im Mai in Produktion gehen. Hier kann sie vorbestellt werden.

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