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Die Redaktion von WIRED.de verabschiedet sich – aber ihr müsst trotzdem keine Angst vor der Zukunft haben!

von Wolfgang Kerler
Das ist er: der letzte Text, der auf WIRED.de erscheinen wird. Eine echt traurige Sache, finden wir. Trotzdem gibt’s zum Abschied keine Tränen, sondern ein bisschen Optimismus. Denn die Zukunft ist, was wir gemeinsam daraus machen.

In der Welt läuft gerade ziemlich viel ziemlich schlecht. Millionen von Menschen hungern und müssen Krieg, Verfolgung und Terror fürchten. Das mächtigste Land der Erde wird von einem Klimaleugner regiert. Das zweitmächtigste schränkt die Freiheiten seiner Bürger ein. Die Ozeane versinken im Plastik. Facebook verschleudert unsere Daten. Die globale Liste des Schreckens ließe sich ohne Probleme über viele Seiten fortsetzen.

Wir in der WIRED-Redaktion bleiben trotzdem optimistisch, auch wenn es das Schicksal mit uns gerade nicht allzu gut meint. Denn wir haben eine mindestens genauso lange Liste, die Mut macht. Schließlich durften wir bei unserer Arbeit täglich über Menschen, Firmen und Organisationen berichten, die nicht nur Einfälle haben, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Sie brennen auch dafür, sie in die Tat umzusetzen.

Was das Ganze noch schöner macht: Unsere Artikel über ganz konkrete Ideen, wie man mithilfe von neuen Technologien Krankheiten heilen, die Umwelt retten, die Demokratie stärken, den Verkehr klimafreundlich machen, das Leid von Menschen und Tieren verhindern, den Alltag erleichtern oder die Freizeit bereichern kann, kamen bei euch, unseren Leserinnen und Lesern, besonders gut an. Für uns war das die Bestätigung, dass es da draußen echt viele Leute gibt, die Lust auf die Zukunft haben und bereit sind, sich darüber gemeinsam Gedanken zu machen – und nicht immer nur meckern wollen.

Juhu, selbst Deutschland ist nicht verloren!

Zuversichtlich sind wir übrigens sogar, was Deutschland angeht. Natürlich redet die Regierung über Digitalisierung manchmal wie über eine Naturkatastrophe. Natürlich haben manche Industriekonzerne den Wandel lange geleugnet. Und schnelles Internet werden wir natürlich nie bekommen. Doch es gibt auch hier immer mehr Menschen mit Visionen, richtig innovative Unternehmen jeder Größe und tatsächlich auch etliche Weltklasse-Forscher. Es gibt sogar so viele davon, dass wir mit dem Schreiben darüber gar nicht mehr hinterher gekommen sind. Dagegen wird die überall erzählte Story über ein Land, das seine Zukunft angeblich bereits verspielt hat, mit steigender Anzahl der Wiederholungen nicht spannender.

Übrigens fließen selbst im Silicon Valley nicht Milch und Honig. In der Innenstadt von San Francisco verenden Obdachlose vor prall gefüllten Geschäften, in denen Google- und Facebook-Angestellte shoppen gehen. In den Büros manch eines Digitalkonzerns müssen die Mitarbeiter im Sommer Jacken und Schals tragen, weil sich die Klimaanlage nicht richtig regulieren lässt. Und wenn man in Kalifornien nachts von einer älteren Frau chauffiert wird, die jeden Tag zehn Stunden für Uber und Lyft fahren muss, weil Amazon den Laden platt gemacht hat, in dem sie beschäftigt war – dann ist man sogar ein bisschen froh, dass nicht jede neue Technologie und jedes disruptive Geschäftsmodell zuhause in Deutschland sofort mit Jubelgeschrei empfangen wird.

Auf lange Sicht muss es kein Nachteil sein, Dinge erstmal zu hinterfragen. Nur irgendwann sollte man schon loslegen. Doch das passiert hier gerade. Denn die Zukunft rennt in Deutschland meistens keine offenen Türen ein. Aber irgendwann hört dann doch jemand die Klingel und macht ihr auf. Daher: Keine Panik!

Danke für die vielen Abschiedsgrüße!

Als wir vor zwei Wochen ankündigen mussten, dass WIRED.de Ende des Jahres eingestellt wird, weil sich unser Verlag auf andere Medienmarken fokussieren will, da hatten wir nicht damit gerechnet, dass wir von euch so viele wunderbare Kommentare und Abschiedsgrüße bekommen. Vielen Dank dafür! Wir werden euch vermissen.

Eure letzte WIRED-Crew Wolfgang Kerler, Michael Förtsch und Ben Hartlmaier.

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