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Die meisten Deutschen empfinden ihr Land als digital abgehängt

von Ben Hartlmaier
Wie schätzen Menschen auf der ganzen Welt den Stand der digitalen Transformation ihres Heimatlandes ein? Das wollte eine Studie des Vodafone Instituts wissen und hat herausgefunden: Die Deutschen sind weltweit am pessimistischsten, wenn sie auf die heimische Digitalisierung blicken. Allerdings sind sie auch kaum bereit, selbst etwas dagegen zu tun.

Den Deutschen wird ja gerne nachgesagt, dass sie eher zum Nörgeln als zum Anpacken neigen. Was die Digitalisierung von Industrie und Arbeitswelt im eigenen Land angeht, konnte das nun wissenschaftlich belegt werden. Nach einer heute veröffentlichten Studie des Vodafone Instituts sind 59 Prozent der Deutschen der Meinung, dass ihr Land bei der Digitalisierung im internationalen Vergleich hinterherhinkt.

In keinem anderen der insgesamt neun befragten Länder aus Nordamerika, Europa und Asien sieht die Bevölkerung so schwarz wie hierzulande. Auf Platz zwei und drei der digitalen Pessimisten liegen Indien mit 57 Prozent und Bulgarien mit 55 Prozent. Sogar die krisengeschüttelten Italiener blicken positiver auf ihre digitale Lage der Nation: Dort fühlen sich nur 54 Prozent abgehängt. Am wenigsten pessimistisch sind die Menschen in China mit 27 und Schweden mit 16 Prozent.

China, Schweden und die USA gelten als digitale Elite

Am neidischsten blicken die Deutschen laut der vom Meinungsforschungsinstitut Ipsos durchgeführten Untersuchung nach China, Schweden und in die USA. Diese Länder werden von den Befragten nicht nur als digitale Eliteländer gesehen, die Bevölkerung dieser Nationen hat auch selbst einen viel positiveren Eindruck der Nutzung digitaler Technologien in ihren Ländern. So glaubt etwa eine Mehrheit von 56 Prozent der Schweden, dass ihr Land im Vergleich zum europäischen Durchschnitt fortschrittlicher agiert, in den USA ist es immerhin noch eine Mehrheit von 29 Prozent, in China 13 Prozent.

Eine wichtige Rolle für dieses positive Selbstbild spielen dabei laut der Studie Erfolgsgeschichten bekannter US-Firmen aus dem Silicon Valley und führender chinesischer Unternehmen. Mit Spotify stelle Schweden zudem eines der wenigen disruptiven europäischen Unternehmen der jüngeren Vergangenheit. In Deutschland fehlen solche positiven Erfolgsgeschichten bisher.

Die schlechte Stimmung liegt für Inger Paus, die Leiterin des Vodafone Instituts, auch an einer Diskrepanz zwischen privatem und öffentlichem Leben: „Deutsche nutzen rund um die Uhr ihr Smartphone, kaufen online ein oder streamen Filme – im eigenen Unternehmen, beim Arztbesuch oder im Rathaus hingegen erleben viele Menschen Deutschland noch als weitgehend analog,“ erklärt sie in einer Pressemittteilung zur Veröffentlichung der Studie.

In China glauben die wenigsten an Jobverluste durch Digitalisierung

Da hilft es auch nicht viel, dass der Begriff Industrie 4.0 eine deutsche Erfindung ist. Denn ausgerechnet beim Thema Digitalisierung der Industrie sind Deutsche besonders ängstlich: So stimmen 65 Prozent der Aussage zu, dass Zukunftstechnologien zum Verlust von Arbeitsplätzen führen werden. Noch größer ist die Angst vor dem Arbeitsplatzverlust durch Automatisierung nur in den USA (66 Prozent) und Großbritannien (70 Prozent). Mit lediglich 45 Prozent Zustimmung glauben in China die wenigsten Leute an den Jobverlust durch Digitalisierung.

Allerdings stellen Arbeitgeber in Asien ihren Angestellten auch wesentlich mehr Zeit zur Weiterentwicklung digitaler Fähigkeiten zur Verfügung als europäische oder amerikanische Arbeitgeber. So können 40 Prozent der Chinesen zwischen einer und fünf Stunden ihrer Arbeitszeit pro Woche zur Fort- und Weiterbildung nutzen, in Deutschland ist es nur knapp die Hälfte davon. Fast ein Viertel aller chinesischen Angestellten darf sich sogar mehr als fünf Stunden pro Woche digital aufrüsten, hierzulande sind es nur sechs Prozent.

In China trifft dieses Angebot allerdings auch auf einen massiven digitalen Bildungshunger. So glauben dort nur 17 Prozent der Bevölkerung, dass ihre derzeitigen digitalen Fähigkeiten für ihre berufliche Zukunft ausreichen. In Deutschland sehen sich mit 37 Prozent die meisten Personen gut gerüstet und damit keinen Bedarf für Weiterbildung in diesem Bereich. Dazu passt, dass 53 Prozent der Chinesen sich sogar in ihrer Freizeit bis zu fünf Stunden in der Woche Programmierkenntnisse und andere notwendige Fähigkeiten aneignen wollen, in Indien und Bulgarien sind es jeweils 48 Prozent.

In Deutschland sind hingegen nur 35 Prozent aller Befragten dazu bereit, diesen Anteil ihrer Freizeit für persönliche Weiterbildung zu opfern. Für Paus machen es sich die Deutschen damit zu leicht: „Nicht nur Staat und Unternehmen sind für die Vermittlung von Kompetenzen für eine digitale Welt verantwortlich, sondern jeder Einzelne auch selbst. Das haben viele Deutsche im Vergleich zu Menschen in China und Indien noch nicht verinnerlicht.“

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