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Airbnb vs. Berlin: Wir haben mit den Machern über steigende Mieten und das Sharing-Business gesprochen

von Silvia Weber
Ist das Sharing-Economy-Portal Airbnb wirklich mitverantwortlich für steigende Mietpreise von Berliner Wohnungen? Drei Studenten haben sich auf die Suche nach einer Antwort gemacht. Wir haben mit ihnen über die Ergebnisse ihrer Studie „Airbnb vs. Berlin“ gesprochen.

Als Datengrundlage für ihre Analyse wählten Alsino Skowronnek, Jonas Parnow und Lucas Vogel einen Tag im Januar und sahen sich für diesen die öffentlich zugängliche Airbnb-API an. Das Ergebnis der Auswertung haben die Design-Studenten der FH Potsdam in Form des Projekts „Airbnb vs. Berlin — Was sagen die Daten?“ veröffentlicht. Darin schreiben sie, dass in Berlin mehr als 11.700 Wohneinheiten zwischenvermietet werden. Über 1000 Vermieter boten demnach mehr als eine Unterkunft an und 147 Inserate stammten von nur vier Anbietern, die sich die Hauptstadt quasi aufzuteilen scheinen. Und damit die Grundidee von Airbnb zweckentfremden.

Zwar hat das Datenprojekt einige Lücken, dennoch bietet es einen interessanten Einblick, wie viele Mitwohnangebote es vor allem in Stadtteilen wie Neukölln, Kreuzberg und Prenzlauer Berg gibt. Wir haben mit Skowronnek, Parnow und Vogel über ihre Einschätzung der Lage, Airbnb-Power-Seller und die meistverwendeten Wörter in Inseraten gesprochen.

Es geht uns nicht darum, irgendwen anzuschwärzen oder bloßzustellen.

WIRED: Ihr habt jetzt den Durchblick, was Airbnb und Berlin betrifft. Glaubt ihr, dass Mitwohnportale eine Mitschuld an steigenden Mietpreisen tragen?
Airbnb vs. Berlin: Naja, wir haben uns intensiv mit den Daten beschäftigt, das stimmt. Ob wir deswegen den „Durchblick“ haben, steht auf einem anderen Blatt. Die Mieten in Berlin steigen aus vielen verschiedenen Gründen rasant, eine monokausale Erklärung gibt es dafür nicht. Aber Tourismus und die erhöhte Nachfrage nach Ferienwohnungen und Hostel-Zimmern spielen natürlich zusammengenommen schon eine Rolle und haben Einfluss auf die Mietpreise, egal ob sie nun über eine Sharing-Plattform angeboten werden oder nicht. Die Beurteilung, ob Airbnb mit einem Anteil von 0,4 Prozent am Gesamtwohnungsmarkt einen zu starken Einfluss hat, möchten wir den Stadtentscheidern überlassen.

WIRED: Ein Anbieter, der sich „Martin“ nennt, hat insgesamt 44 Inserate gleichzeitig bei Airbnb aufgegeben. In welchen Stadtteilen befinden sich seine Wohnungen?
Airbnb vs. Berlin: Der User „Martin“ bietet seine Wohnungen oder Zimmer in Mitte, Pankow, Friedrichshain-Kreuzberg, Tempelhof-Schöneberg und Charlottenburg-Wilmersdorf an, und das hauptsächlich innerhalb des S-Bahn-Rings. Das war zumindest am Tag der Datenabfrage so.

Airbnb sollte sich dazu bekennen, wie stark es mittlerweile für gewerbliche Zwecke genutzt wird.

WIRED: Ihr habt herausgefunden, dass sich vier Top-Inserenten die Stadt quasi aufteilen. Es ist ziemlich offensichtlich, dass sie ein kommerzielles Gewerbe betreiben. Habt ihr drüber nachgedacht, sie bei der Stadt Berlin zu melden?
Airbnb vs. Berlin: Nein, es ging uns bei diesem Projekt nicht darum, jemanden anzuschwärzen oder in irgendeiner Form bloßzustellen. Wir wollten lediglich bereits öffentlich zugängliche Daten zusammentragen und präsentieren. Wir haben auch nichts gegen Airbnb per se. Wir finden aber, dass die Plattform sich dazu bekennen sollte, dass sie mittlerweile stark für gewerbliche Zwecke genutzt wird. Der Airbnb-Werbeslogan „One less stranger“ passt da irgendwie nicht mehr so richtig. Außerdem bedarf es natürlich klarer Regelungen, wie mit solchen Angeboten umgegangen wird. Mit der Stadtverwaltung haben wir bislang keinen Kontakt. Wir sind aber natürlich gespannt, inwiefern unsere Seite zur weiteren Airbnb-Debatte beiträgt. Weil es letztlich um eine politische Entscheidung geht, nicht um die Beurteilung von Einzelpersonen.

WIRED: Ihr habt herausgefunden, dass sich vier Top-Inserenten die Stadt quasi aufteilen. Es ist ziemlich offensichtlich, dass sie ein kommerzielles Gewerbe betreiben. Habt ihr drüber nachgedacht, sie bei der Stadt Berlin zu melden?
Airbnb vs. Berlin: Nein, es ging uns bei diesem Projekt nicht darum, jemanden anzuschwärzen oder in irgendeiner Form bloßzustellen. Wir wollten lediglich bereits öffentlich zugängliche Daten zusammentragen und präsentieren. Wir haben auch nichts gegen Airbnb per se. Wir finden aber, dass die Plattform sich dazu bekennen sollte, dass sie mittlerweile stark für gewerbliche Zwecke genutzt wird. Der Airbnb-Werbeslogan „One less stranger“ passt da irgendwie nicht mehr so richtig. Außerdem bedarf es natürlich klarer Regelungen, wie mit solchen Angeboten umgegangen wird. Mit der Stadtverwaltung haben wir bislang keinen Kontakt. Wir sind aber natürlich gespannt, inwiefern unsere Seite zur weiteren Airbnb-Debatte beiträgt. Weil es letztlich um eine politische Entscheidung geht, nicht um die Beurteilung von Einzelpersonen.

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WIRED: Bestimmte Vokabeln tauchen in den Inseraten besonders häufig auf. Welche sind das?
Airbnb vs. Berlin: Die Analyse der Inseratstitel war wirklich sehr spannend und auch unterhaltsam: „Berlin“ war natürlich das meistverwendete Wort. Beliebt scheinen außerdem Adjektive wie „cosy“, „beautiful“, „sunny“, „charming“ oder „lovely“ zu sein. Es ist schon beeindruckend, wie viele sonnendurchflutete, zentral gelegene und ruhige Wohnungen es anscheinend in Berlin gibt, die gleichzeitig gemütlich, aber natürlich auch modern und mit WLAN ausgestattet sind. Ist ja auch irgendwie einleuchtend: Bei einem derart großen Angebot muss die Wohnung mit wenigen Worten so attraktiv wie möglich beschrieben werden. Interessant fanden wir, dass die Top-Wörter alle englische Begriffe sind, sie richten sich also ganz klar an ausländische Touristen und nicht etwa an den Wochenendbesucher aus Süddeutschland.

WIRED: Konntet ihr einsehen, wie stark die Anzahl der Power-Seller bei Airbnb in den letzten Jahren gestiegen ist?
Airbnb vs. Berlin: Darüber können wir leider keine Aussage treffen, weil unsere Datengrundlage nur einen einzigen Tag abbildet, den 11. Januar 2015. Wahrscheinlich ist aber, dass die Zahl der Power-User zunimmt. Insgesamt haben wir das Gefühl, dass sich das ganze Geschäft um Airbnb herum stark professionalisiert, indem zum Beispiel auf die Plattform zugeschnittene Dienstleistungen wie Reinigung, Fotos, oder sogar Meta-Wohnungsbörsen wie „Can I Stay with You While I Rent My Place on Airbnb?“ angeboten werden.

WIRED: Ihr habt euch auch andere deutsche Städte angeschaut. Steigen die Airbnb-Preise zusammen mit den Mietpreisen in der jeweiligen Stadt?
Airbnb vs. Berlin: Unserer Beobachtung nach kann man das nicht sagen, zumindest für den Airbnb-Durchschnittspreis in den jeweiligen Städten. Der liegt sowohl in Berlin als auch in Hamburg, Köln und Frankfurt auf einem ähnlichen Niveau, etwas unterhalb von 55 Euro pro Tag — obwohl Berlin im Schnitt immer noch niedrigere Mieten aufweist als die anderen Städte. München ist der einzige Ausreißer nach oben und hat im Schnitt mehr Angebote im teureren Segment über 60 Euro. Die Preise mit den uns zur Verfügung stehenden Daten weiter zu analysieren, wäre wohl auch zu spekulativ.

Die Zahl der Power-Seller hängt nicht zwangsläufig von der touristischen Attraktivität einer Stadt ab.

WIRED: In Hannover und Essen gibt es eurem Projekt zufolge die meisten Power-Seller. Was ist eurer Meinung nach der Grund dafür? Wäre es nicht logischer, wenn die auch in Berlin wären — der Stadt, die viel mehr Touristen anzieht?
Airbnb vs. Berlin: Unsere Vermutung ist, dass das nicht zwangsläufig von der touristischen Attraktivität einer Stadt abhängt. Sondern dass es momentan in Hannover und Essen womöglich einfacher ist, größere Mengen an Wohnungen zu erwerben, oder dass dort bereits mehr Vermieter über eine größere Anzahl an Immobilien verfügen. Aber auch da müsste man genauer nachforschen. Unser primäres Anliegen ist es, die aktuelle Debatte mit tatsächlichen Zahlen zu unterfüttern, die zur weiteren politischen Diskussion beitragen. Das ist natürlich nur ein Teil der Geschichte und es sind grundsätzlich tiefergehende Analysen unter Einbeziehung anderer Datensätze notwendig. Das ist auch der Grund, warum wir auf ein abschließendes Fazit, das mittlerweile oft von uns gefordert wurde, verzichten möchten. 

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