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Mit diesem Kraftakt machte Elon Musk Tesla doch noch zum Massenhersteller

von Michael Förtsch
Für Tesla scheint es gut zu laufen. Die 5.000-Model-3-pro-Woche-Marke ist geknackt. Elon Musk feiert seine Mitarbeiter und hat bereits das nächste Ziel vor Augen. Aber all das wurde bitter erkauft.

Jetzt läuft alles super! Zumindest, wenn man auf den Twitter-Account von Elon Musk schaut. Am 1. Juli verkündete er freudig – so freudig sich das eben in einem Tweet ausdrücken lässt –, dass Tesla gerade 7.000 Fahrzeuge in sieben Tagen produziert hat. Darunter waren das erste Mal die 5.000 Model 3 – selbst wenn der letzte Wage einige Stunden verspätet vom Band und durch die Qualitätskontrolle rollte –, die Musk immer wieder als Zielvorgabe ausgerufen hatte.

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Bereits kurz nach dem Produktionsstart des Model 3 im Juli 2017 hatte Elon Musk angekündigt, dass Tesla diese Marke Ende eben jenen Jahres anpeile. Aber Monat für Monat hatte der E-Autobauer das Fertigungsvolumen verfehlt – und das stellenweise echt arg. Von Juli bis September 2017 produzierte das Unternehmen gerade einmal 260 Exemplare. Von Januar bis März 2018 liefen zeitweise dann zwischen 200 bis 1.000 Fahrzeuge aus der Fabrik. Musk sprach von einer Produktionshölle, die er später auf die Überautomatisierung und Engpässe bei der Batterieproduktion zurückführte – und einen mutmaßlichen Saboteur. Noch im Mai lag die Spitze bei lediglich 3.600 der Mittelklasse-E-Wagen.

Musk, der Produktionsleiter

Mit dem jetzigen Meilenstein, so hat Musk in einer E-Mail an seine Mitarbeiter geschrieben, sei Tesla „ein echtes Autounternehmen geworden“. Allerdings ist fraglich, ob der Fahrzeug- und Batterieproduzent diesen Schnitt halten kann. Denn er wurde mit Hauruck-Aktionen, Provisorien, teuren Investments und jeder Menge Stress erkauft.

Bereits im April hatte The Information darüber berichtet, dass Elon Musk selbst die Produktion im Tesla-Werk kommissarisch übernommen hätte. Da hieß es, er wolle nicht alleine Ex-Apple-Mann Doug Field die Aufsicht und den Druck überlassen – der zu diesem Zeitpunkt sowohl Head of Engineering and Production war. „Jetzt heißt es: Besser teilen und herrschen“, schrieb Musk, der sich auch gleich ein Schlaflager in der Fabrik eingerichtet hat und die Produktion für einige Tage stilllegte, um die Anlagen und Automatisierung überprüfen zu lassen. „Das Fahrzeuggeschäft ist die Hölle.“

Mittlerweile ist Doug Field, nachdem er im Mai offiziell eine Auszeit genommen hatte, um „aufzuladen“, gegangen. Ob Field selbst diese Entscheidung traf oder gegangen wurde? Das ist unklar. Jedoch soll das Verhältnis von Musk und dem Ingenieur, der immerhin maßgeblich an der Konzeption des Model 3 beteiligt und zuvor als „einen der talentiertesten Ingenieursmanager der Welt“ gelobt worden war, stark angeschlagen gewesen sein.

Auf zur 5.000

Um die Produktion anzukurbeln, soll Elon Musk auf vielfach unkonventionelle Methoden und rigide Maßnahmen gesetzt haben. Unter anderem ließ er Anfang Juni über zwei Wochen hinweg auf dem Parkplatz des Werks in Fremont ein riesiges Zelt aufstellen, in dem die zusätzliche Montagestraße GA4 hochgezogen wurde – etwas, wofür bei etablierten Fahrzeugbauern etliche Monate an Planung und Konstruktion kalkuliert werden. „Ein neues Gebäude war nicht möglich“, sagte Musk pragmatisch. Die Maschinerie für die Anlage von Tesla Grohmann Automation hatte Musk per Flugzeug aus Deutschland einfliegen lassen – was „hunderte Millionen Dollar“ gekostet habe.

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Rund 1.000 der 5.000 Model 3 sollen im Zelt entstanden sein. Ein Vorgehen, das von Analysten wie Max Warburton als „vollkommener Irrsinn“ bezeichnet wurde. Zusätzlich soll Elon Musk die Produktion mit drakonischen und wahnwitzigen Auflagen und Anforderungen an die Belegschaft befeuert haben.

Der Milliardär habe verantwortliche Ingenieure und Techniker regelmäßig angeschnauzt. Mitarbeiter seien verpflichtet worden, langfristig Überstunden zu fahren – oder erst zu gehen, wenn das gesetzte Tagesziel erreicht wurde. „Sie sagten: Seid ab morgen bereit, bis zu zwölf Stunden zu arbeiten“, berichtete ein Arbeiter. Kurzfristig seien Monteure und Lackierer aus der Produktion des Model S abgezogen worden, um die Model-3-Fertigung zu unterstützen.

Wie zumindest Business Insider aus internen Dokumenten erfahren haben will, hätte der Tesla-Chef auch angeordnet, zeitweise den Brake-and-Roll-Test für die Fahrzeuge auszusetzen, der zur obligatorischen Endabnahme gehört. Hierbei werden unter anderem die Ausrichtung der Räder, Bremswirkung und Bremskontrolle sichergestellt. Fahrzeuge, die nach 3 Uhr am 26. Juni gefertigt wurden, hätten an diesem Prozess nicht mehr teilgenommen. Tesla-Sprecher Dave Arnold mochte diese Angaben weder bestätigen noch dementieren, sondern versicherte lediglich, dass jedes Auto weiterhin „strenge Qualitätskontrollen“ durchlaufe – einschließlich Bremstests.

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Ebenso sollten die Produktionsbänder 24 Stunden durchlaufen und eine zusätzliche Schicht eingezogen werden. Dafür sollen derzeit über mehrere Wochen hinweg 400 zusätzliche Kräfte angestellt werden. „Bitte gebt das an jeden weiter, von dem ihr wisst, dass er die Tesla-Maßstäbe für Talent, Antrieb und Vertrauen erfüllt,“ bat Musk in einer E-Mail.

Der nächste Markstein

Elon Musk hat nach der 5.000er-Marke bereits das nächste Produktionsziel ausgerufen. Bereits Ende dieses Monats sollen 6.000 Model 3 montiert und ausgeliefert werden. Ebenso sollen die Fehlertoleranzen bei den Fahrzeugen, die, wie Musk sagt, „besser als bei jemandem anderen Wagen in der Welt“ seien, noch reduziert werden.

Spaltmaße, Unreinheiten beim Lack und anderes solle mindestens zehn Mal besser als bei jedem Luxuswagen welchen Herstellers auch immer werden. „Ich scherze nicht“, schrieb Musk in einer Mitarbeiter-E-Mail. Er verstehe, dass einige der Angestellten und Zulieferer nicht mitziehen wollen oder können - aber dann „können sie nicht mit Tesla arbeiten.“

Fraglich ist, wie sich diese Anforderungen und offenkundigen Drohungen auf die Mitarbeiter und Arbeitssicherheit auswirken. Denn auch von dieser Seite stehen Tesla und Musk unter Druck. Tesla wurde erst kürzlich vorgeworfen, mehr Arbeitsunfälle zu verzeichnen als branchenüblich und daher Verletzungen bewusst zu verschweigen oder nicht zu melden. Dabei hatte Elon Musk selbst doch gesagt, dass „Menschen unterbewertet" werden.

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