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Androiden und Pokémon erobern das Jüdische Museum Berlin

von Helena Kaschel
Was hat Robotik mit Kaiser Rudolph II. zu tun? Die GOLEM-Ausstellung im Jüdischen Museum Berlin widmet sich dem Traum des Menschen vom künstlichen Leben. Sie zeigt die Faszination der berühmten Legendenfigur, die aus unbelebter Materie geschaffen wurde – von der jüdischen Mystik bis zu modernen Tech-Fantasien.

In einem abgedunkelten Raum werfen Figuren aus Minecraft, League of Legends und Pokémon überdimensionale Schatten an eine Betonwand. „Wir haben bei unseren Recherchen festgestellt, dass die 10- bis 20-Jährigen den Golem vor allem aus Computerspielen kennen. Wir waren überrascht, wie viele von den Spielfiguren Golem heißen“, sagt Martina Lüdicke, eine der beiden Kuratorinnen der GOLEM-Ausstellung im Jüdischen Museum in Berlin.

Die Spielfiguren haben wenig mit der geheimnisvollen Lehmgestalt aus mittelalterlichen Erzählungen zu tun: In der jüdischen Mythologie wird der Golem aus Staub oder Erde durch mystische Rituale zum Leben erweckt, um die jüdische Gemeinde zu retten. Heute hat er viele Gesichter. In mehr als 250 Gemälden, Videoinstallationen, Illustrationen und Skulpturen zeigt die Ausstellung, welche Bedeutung der Mythos seit Jahrhunderten für Kunst und Wissenschaft hat: von einem handschriftlichen „Golem-Rezept“ aus dem 14. Jahrhundert über Behind-The-Scenes-Bilder des berühmten Stummfilmklassikers Der Golem, wie er in die Welt kam von 1920 bis hin zu Arbeiten des französischen Fotografen Yves Gellie, der Roboterlabore in Japan abgelichtet hat.

Dass Themen wie Künstliche Intelligenz und Robotik in der Ausstellung immer wieder auftauchen, ist kein Zufall. Die zentralen Motive des Golem-Mythos – Macht, Kontrollverlust, künstliches Leben – passen gut ins Narrativ des digitalen Zeitalters. Im letzten Themenraum wirft ein Beamer die Robotergesetze von Isaac Asimov und ein mahnendes Zitat über Künstliche Intelligenz von Stephen Hawking an die Wand.

„Der Golem ist eine ambivalente Gestalt“, sagt Martina Lüdicke. „Er als wird als Freund, Gefährte, Helfer und Retter entworfen, trägt aber immer das Potenzial in sich, außer Kontrolle zu geraten und sich gegen seinen Schöpfer zu richten. Das macht ihn zu einer guten Projektionsfläche für andere Phänomene wie technische Entwicklungen oder Forschungen in der Naturwissenschaft. Wir wollen alles perfektionieren, aber das birgt immer ein gewisses Gefahrenpotential.“

Einen echten Roboter sucht man in der Ausstellung vergeblich. Immerhin: Zur Eröffnungsveranstaltung wurde ein Modell der spanischen Firma PAL Robotics als Gastredner eingeladen. Die meisten Roboterforscher hätten eine längere Ausstellung ihrer Schützlinge aber nur in der Virtrine erlaubt, sagt Lüdicke.

Dafür setzt die Ausstellung auf Interaktivität: Besucher können mit einer 3D-Brille die virtuelle Wunderkammer des frühneuzeitlichen Kaisers Rudolph II. bestaunen, unter dessen Regentschaft die berühmte Prager Golem-Legende spielt, sich per Face Morphing in den Golem verwandeln, an einer Spielstation das Museum mit Minecraft-Golems bevölkern und auf Tablets das DC Comic Golem of Gotham lesen – denn der Golem hat es längst auch in die Popkultur geschafft.

Die Austellung GOLEM im Jüdischen Museum Berlin ist noch bis zum 29. Januar 2017 zu sehen. WIRED ist Medienpartner.

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