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Boeing will Turbulenzen per Laserstrahl aufspüren

von GQ
Anfang 2018 wird eine Boeing 777 von Seattle aus starten, die Laserstrahlen aus ihrer Nase feuert. Damit sollen Turbulenzen frühzeitig erkannt werden. Obwohl es dann zum Ausweichen zu spät ist, könnte so das Schlimmste verhindert werden.

Heftige Turbulenzen können Flugzeuge beschädigen und nicht angeschnallte Passagiere durch die Kabine schleudern. Deshalb wäre ein Frühwarnsystem für die Crew von Vorteil. Das soll jetzt in Form eines Lasers kommen, der in die Nase des Flugzeugs installiert wird. Boeing will so heftige Turbulenzen frühzeitig erkennen.

Während moderne Passagierflugzeuge selbst starkes Ruckeln während des Fluges aushalten, bleiben Turbulenzen für die Menschen an Board gefährlich. Nach Angaben der amerikanischen Luftfahrtbehörde FAA wurden im Jahr 2016 insgesamt 44 Menschen durch Turbulenzen schwer verletzt. Nicht mit eingerechnet sind dabei sind jene alltäglichen Erschütterungen, bei denen nur Getränke verschüttet wurden.

Boeing glaubt, ein Langstrecken-Lidar könnte die Lösung sein. „Wir gehen davon aus, dass wir Turbulenzen in wolkenklarer Luft mehr als 60 Sekunden oder etwa 17,5 Kilometer vor dem Flugzeug erkennen können. Was der Besatzung genügend Zeit gibt, die Kabine zu sichern und das Verletzungsrisiko zu minimieren“, sagt Stefan Bieniawski, leitender Ermittler des Boeing-Programms. Turbulenzen in freier Luft – sogenannte Klarluftturbulenzen – schlagen ohne sichtbare Warnungen wie bewegende Wolken zu.

Der Lidar ist das Herzstück eines neu entwickelten Systems der Japan Aerospace Exploration Agency. Seit 2010 arbeitet die Firma mit Boeing zusammen, um ihn für den Einsatz in Verkehrsflugzeugen anzupassen. Das System projiziert einen Laser in einer konstanten Linie vor das Flugzeug, während ein optischer Sensor das von Staubpartikeln reflektierte Licht entlang des Strahls verfolgt.

60 Sekunden reichen, damit sich die Passagiere anschnallen können

Über eine Software wird die Geschwindigkeit des Flugzeugs in Relation zu den Bewegungen der Partikel in unterschiedlicher Entfernung analysiert. Lufteinschlüsse bewegen sich schneller als das Material um sie herum und sind Anzeichen von Turbulenzen. Erkennt das System so etwas, dann alarmiert es die Besatzungen durch akustische und visuelle Signale. (Wie genau diese Warnungen aussehen sollen, ist noch nicht sicher.)

Selbst wenn das Lidar den Piloten nicht genügend Zeit gibt, um die Bedrohung zu umfliegen, ist eine 60-Sekunden-Warnung eine Verbesserung gegenüber den herkömmlichen Methoden zur Turbulenzerfassung. Bisher mussten Piloten sich auf Daten anderer Maschinen verlassen, die auf der gleichen Strecke fliegen, und auf Wetterberichte. Bestenfalls können diese Systeme den Piloten helfen, turbulente Gebiete zu meiden, aber nicht vorhersagen, ob die Luft von einem Augenblick auf den anderen unruhig werden kann. Bisherige Systeme, die Funkwellen von Wassertröpfchen abprallen lassen, können keine Klarwetterturbulenzen erkennen. Mit nur einer Minute Vorwarnzeit könnten sich die Passagiere anschnallen und die Flugbegleiter könnten ihre Kaffeekannen verstauen und sich ebenfalls auf ihre Plätze begeben.

Vergleichbare bodengestützte Systeme können bereits Turbulenzen und Windschübe in der Nähe von Flughäfen erkennen, aber sie haben die Größe eines LKWs. Dieses System haben die Ingenieure jetzt so verkleinert, dass es in ein Verkehrsflugzeug passt. Jetzt da es nur noch knapp 84 Kilogramm wiegt und nur 3,3 Watt verbraucht, kann es beim ecoDemonstrator-Programm von Boeing getestet werden. Ungefähr alle 18 Monate wählt das Unternehmen mehrere neue Technologien aus und installiert sie in einem Flugzeug, das zwei Mal täglich für sechs Wochen im Einsatz ist. 2018 umfasst das Programm 30 Systeme auf der 777.

„Hier geht es darum, Technologien zu beschleunigen“, sagt Doug Christensen, Manager im ecoDemonstrator-Programm. „Wir wollen sehen, ob sie funktionieren und wie sie sich in die Flugzeuge integrieren.“ Dieses Jahr werde ein leichtgewichtiger und kompakter Schubumkehrer für Flugzeugtriebwerke, 3D-gedruckte Bauteile, ein System zur Reduzierung des Cockpit-Lärms und ein neuer Biokraftstoff getestet.

Wenn sich das Lidarsystem als erfolgreich erweist, könnte es laut Boeing innerhalb von wenigen Jahren zum Einsatz kommen. Bis dahin heißt es anschnallen – und zur Sicherheit den Kaffeebecher festhalten.

WIRED.com

Dieser Artikel erschien zuerst bei WIRED.com
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