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Idee meines Lebens / Günter Roth hat einen Kopierer für Viren gebaut

von Jakob Vicari
Ständig tauchen neue mutierte Viren auf, gegen die unsere bestehenden Impfungen nichts ausrichten können. Günter Roth, Biochemiker an der Universität Freiburg, erklärt, wie er mit einem Kopierer für Biomoleküle schaffen will, was bisher unmöglich war: innerhalb von zwei Tagen einen neuen Impfstoff herstellen.

Jahr für Jahr gibt es dasselbe Problem: Ein neues Grippevirus taucht auf, weil Krankheitserreger mutieren, und die alten Impfstoffe sind plötzlich wirkungslos. Neue zu entwickeln, dauert üblicherweise Monate, oft sogar Jahre. Deshalb habe ich mit meiner Forschungsgruppe eine Art Fotokopierer für Biomoleküle entwickelt, der schnell und einfach sämtliche Einzelteile des Virus herstellt.

Bei unserem Verfahren, das wir immune2day genannt haben, speist man die DNA eines Virus ein und kann innerhalb von zwei Tagen mit der Produktion eines potenziellen Impfstoffes beginnen. Wir hoffen auf Impfungen gegen unterschiedliche Krankheiten: von der Grippe bis hin zu Ebola.

Entwickelt haben wir den Molekül-Kopierer an der Universität Freiburg. Wir sind in der Forschungsgruppe zu acht, jeder hat sich auf einen anderen Teil des Verfahrens spezialisiert. Eigentlich funktioniert unser Gerät ähnlich wie ein Fotokopierer für Papier, nur dass nicht Buchstaben, sondern Biomoleküle vervielfältigt werden. Als Ausgangsmaterial können wir grundsätzlich jede DNA nehmen. Wenn wir Viren-DNA haben, kopieren wir eben deren Bauteile. Diese wird auf eine Glas­oberfläche übertragen, jedes Pixel ist ein anderes Bauteil respektive Biomolekül und bildet dann ein sogenanntes Microarray.

Der Schritt zum Impfstoff ist dann klein. Wir müssen herausfinden, welche Teile des Erregers das menschliche Immunsystem erkennen kann, denn auf diese Teile hin wird der Körper von einem Impfstoff trainiert. Wir brauchen dazu die Kopie der Einzelteile des Erregers – und die Blutprobe eines Patienten, der die entsprechende Krankheit überlebt hat. Im Blut stecken die Antikörper, die das Immunsystem zur Abwehr genutzt hat. Bringt man beides zusammen, setzen sich die Antikörper an die Stellen der Kopierplatte, die als Impfstoff infrage kommen. Wir färben dann die Pixel ein, an denen Antikörper hängen, und haben so genau die Bauteile für einen potenziellen Impfstoff. Eine solche Kopie soll einmal zwischen 20 und 50 Euro kosten.

Wir wären in der Lage, fast in Echtzeit auf neue Krankheiten zu rea­gieren.

Den Impfstoffkandidaten muss man natürlich noch testen. Leider lässt sich das nur an höheren Tieren oder Menschen machen. Wir testen derzeit 20 Jahre alte Blutproben, die wir in der Kühltruhe des Instituts gefunden haben: Da hatte jemand Hasen mit verschiedenen Biomolekülen immunisiert. Mit diesem Hasenblut können wir „Überlebende“ im Labor simulieren.

In naher Zukunft wollen wir unser Ko­pierverfahren ebenfalls an Schweinen tes­ten, die sich mit Schweinegrippe infiziert haben. Wenn es mit diesen Schweinen klappt, kann unser Verfahren in Zukunft für „Menschen-Impfstoffe“ angewendet werden. Dann könnte bereits zwei Tage, nachdem wir die Proben erhalten haben, ein Impfstoffkandidat bereitstehen.

So wären wir in der Lage, fast in Echtzeit auf neue Krankheiten zu rea­gieren. Derzeit sprechen wir mit Inves­toren: Unser Wunschziel ist es, bis zum Jahr 2020 den ersten Grippe­impfstoff von BioCopy zu entwickeln – so soll der Name unserer Firma lauten.


 

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