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Kuck mal, wer da bellt: WIRED-Hunde testen tierische Gadgets auf Herz und Knochen

von Anja Rützel
Wir selbst beobachten uns schon lange mit Kameras und Trackern, jetzt sind unsere besten Freunde dran: Die Hunde der WIRED-­Redaktion, Ella, Juri und Jockel, testen Tier-Gadgets.

Juris erster Ausflug in die Welt des Hunde-Techs beginnt mit einer herben Enttäuschung: Toaster, der Labradoodle von Digg-Gründer Kevin Rose, will nicht sein Freund werden. Hartnäckig ignoriert der Hund die Freundschaftsanfrage des Whistle, offenbar hat er wenig Interesse daran, täglich zu erfahren, wie viele Stunden Juri geschlafen, wie viele er gespielt hat und was es zu Mittag gab. Juri ist mein Hund und Kevin Rose der einzige Mensch in meiner gar nicht mal so kleinen Facebook- und Twitterkontaktliste, der ebenfalls Whistle benutzt, einen Aktivitäts-Tracker für Hunde mit angeschlossener Community.

Zottelpfleger
Dyson DC52 Total Animal

Mit Groom-Aufsatz kombiniert der Sauger Fellpflege und Rückenmassage. Vorsicht: Bei Kurzhaarern kratzt die Feinzinkenbürste leider etwas.   
Maximalleis­tung 260 Watt.
Der Staubbehälter fasst zwei Liter.
550 € + 40 € (Bürs­­te), dyson.de

Es könnten bald viel mehr sein, denn der Markt für Haustier-Gadgets wächst. Es gibt Datensammelgeräte wie Whistle; Optimierungsmaschinen wie iFetch, die Bällchen viel ausdauernder werfen als der geduldigste Mensch; und Gadgets, die ganz neue Kommunikationskanäle zwischen Mensch und Tier schaffen, wie etwa Petcube, ein handlicher Würfel mit Kamera, über den man den allein gelas­senen Hund in der Wohnung überwachen und ihm per eingebautem Lautsprecher gut zureden kann. Am ulti­mativen Tier-Gadget wird noch gearbeitet: No More Woof, eine Art Hunde-Headset, soll dank Gehirnstrommessung Gebell in menschliche Sprache übersetzen.

Also haben wir Menschen noch ein bisschen Zeit, zu entscheiden, ob wir wirklich wissen wollen, was unser Tier sagt, will, denkt. Unbestritten nützlich ist dagegen ein GPS-Tracker für das Hundehalsband, um Ausbüchser schnell orten zu können. Es gibt diverse solcher Geräte, die die Hundeverfolgung über Smartphone und Google Maps ermöglichen — was wenig nützt, wenn das Tier sich im Rebhuhnrausch im tiefsten netzlosen Dickicht verläuft. Das Garmin Alpha 100 funktioniert unabhängig vom Mobilfunknetz und ist perfekt für die Jagd oder wenn man 20 entlaufene Schlittenhunde in der weiten Arktis wiederfinden muss, denn so viele Tiere kann man gleichzeitig damit orten.

Lokalisierer
Garmin Alpha 100/T5

Ein Ortungsgerät samt Halsband für Extrem-Gassigeher. Damit findet man das entlaufene Tier auch im ärgsten Dickicht ohne Mobilfunknetz.
Fakten Funkgerätreichweite bis 14,48 Kilometer.
565 €, garmin.com

Für den Berliner Volkspark Friedrichshain aber scheint das breite, signalgelbe Halsband samt Li-Ion-Akkuanhang und Funkantenne etwas überdimensioniert.

Als der sechste neugierige Hunde­besitzer innerhalb von 30 Minuten nachfragt, was Juri denn da mit sich herumschleppt und was ich genau auf dem bergwachtmäßigen Handgerät kontrolliere, habe ich keine Nerven mehr für das schon mehrfach heruntergeleierte Gadget-Kurzreferat.

„Wir trainieren für die Schneeschuhwander-Meisterschaft“, sage ich und lasse die LED-Signalleuchte am Halsband mit einem Tastendruck kurz aufblitzen. Man glaubt mir sofort. Ich erinnere mich an eine schöne Überschrift in der Fehlerbehebungs-Sektion der Bedienungsabteilung des Alpha 100: „Meine Hundehalsbandgeräte haben einen ID-Konflikt“, steht da, und eine kleine Identitätskrise könnte vielleicht auch das Hundchen selbst bekommen, das zu sehr mit Tier-Tech behängt und behelligt wird. Ist es überhaupt gut und wünschenswert, wenn die Technik nun auch in eine der letzten natürlichen Beziehungen hineinpfuscht, die uns geblieben ist?  

Es war noch nie so kompliziert, einen Hund zu haben, wie heute. Man muss nur die endlosen Forendiskussionen über die einzig richtige, artgerechte Ernährung lesen, um sich ernsthaft zu fragen, wie die Leute das früher anstellten: es hinzubekommen, dass ihre Tiere nicht verhungerten oder durch Mangel­ernährung schieläugig entstellt über die Dorfstraßen taumelten.

Natürlich geht es bei diesen Diskussionen oft mehr um die Besitzer als um die Hunde, und diese Gefahr besteht auch, wenn man seinem Hund einen Activity-Tracker umhängt. Spielverderberisch streng genommen, sieht man ja auch ohne Tracker und dazugehörige Statistik-App, ob das Tier ausgepowert ist, müde auf seinem Lammfell döst oder unterfordert die Wohnung zerlegt.

Egoshooter
Fetch GoPro-Geschirr

Zwei Kamerahalterungen ermöglichen  Aufnahmen mit Pfoten, Kopf oder Rute im Bild. Bei agilen Hunden hängt das Geschirr aber schnell mal auf Halbmast.  Kompatibel mit allen GoPro-Modellen. Geeignet für Hunde von sieben bis 54 Kilogramm. 65 €, gopro.com

Controller
Whistle Activity

Die Silberscheibe am Halsband misst Gassi-Action und Ruhephasen des Hundes und benachrichtigt den Halter, wenn Bello sein Tages­soll erfüllt hat.   
Wasserdicht und stoßfest. Geeignet für Hunde ab fünf Kilogramm. Gewicht: 16 Gramm.
90 €, whistle.com

Fernseher
Petcube Camera

Mit der interaktiven Hundekamera kann man sein Tier aus der Ferne nicht nur beobachten, sondern auch per App akustisch und mit Leuchtsignalen bespaßen.  138-Grad-Weitwinkel-Kamera. Größe: 10 x 10 x 10 Zentimeter.
180 €, petcube.com

Ein Fitbit-artiges Gadget wie der Whistle ist vor allem sinnvoll, wenn mehrere Personen sich gemeinsam um einen Hund kümmern. So können sie sich über die dazugehörige App unkompliziert informieren, wie weit das Tier noch von seinem individuell einstellbaren täglichen Bewegungsziel entfernt ist. Auch zur Überwachung zwielichtiger Dogwalker eignet sich der Whistle hervorragend: Stromert er wirklich den ganzen Nachmittag mit dem Hund durch den Wald? Oder dösen beide behaglich auf dem Sofa?  

Wie es dem Hund tatsächlich geht, ob er glücklich ist oder gestresst, kann indes auch die Whistle-Datensammlung nicht beantworten. Wenn die App 45 Minuten intensive Bewegung anzeigt, lässt sich daraus nicht ablesen, ob der Hund freudig im Spiel mit einem Kumpelwuschel herumgesprungen ist oder auf Dauerflucht vor einem dominanten Dobermann war.

Fütterer
Petzi Treat Cam

Ein app-gesteuerter Leckerli-Auswurf-Automat samt Kamera. Hilft dabei, Hunde zu belohnen, die auch allein gelassen die Wohnung nicht in ihre Einzelteile zerlegen.  Wird allerdings mit einem US-Stecker geliefert, darum ist ein Adapter nötig. 150 €, petzi.com

Diese Gadgets können auch eine Ver­bundenheit mit dem eigenen Tier vorspiegeln, die in Wahrheit nicht existiert. Mit mehr Nutzern wäre die angeschlossene Community ein guter Ort für Fachsimpeleien über Futterzusätze und Kotkonsistenz — und könnte andere soziale Netzwerke entlasten, wenn ein Teil der niedlichen Hundefotos auf Whistle ausgelagert würde, statt Nicht-­Tierbesitzern die Facebook-Timeline zu verpuscheln.

Wer nicht nur Fotos, sondern gleich sein ganzes Tier teilen möchte, kann mit dem Petcube strea­men, was das liebe Tier alleine zu Hause so treibt. Und fremden Menschen so die Möglichkeit geben, den gelangweilten Hund zu unterhalten: Sie können einen vom Würfel-Gadget gesendeten roten Laserpunkt steuern, den der Hund dann jagen kann. Juri findet das immerhin für etwa zehn Minuten amüsant, dann wirkt er irgendwie beleidigt.

Und schließlich verwirrt, als ich ihm mithilfe der Petcube-App und des eingebauten Lautsprechers von meinem Platz in der Kneipe aus gut zuspreche: Irritiert sucht er in allen Räumen, wo denn nun der Mensch zur Stimme steckt – und beginnt dann zügig damit, die neue Sechserpackung Klopapier in kleine Teile zu zerhäckseln. Strenge Verwarnungen über den Petcube-Sprecher nutzen nichts. Immerhin kann ich dieses Mal bei der Zerstörung quasi live zusehen. „Gratulation, Juri hat sein Aktivitätsziel für heute erreicht!“, meldet am Ende die Whistle-App. 

Ist es überhaupt wünschenswert und gut, wenn die Technik nun auch in die letzten natürlichen Beziehungen hineinpfuscht, die uns geblieben sind? 

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