Hinweis zu Affiliate-Links: Alle Produkte werden von der Redaktion unabhängig ausgewählt. Im Falle eines Kaufs des Produkts nach Klick auf den Link erhalten wir ggf. eine Provision.

„Game Of Thrones“-Fans retteten die Island-Ziege vor dem Aussterben

von Joachim Hentschel
In „Die Gesetze von Göttern und Menschen“ passiert es, Folge sechs der vierten Staffel der weltge­waltigen Ritter-Tod-und-Fick-Fern­sehserie Game Of Thrones: Da löscht der Feuer speiende Drache Drogon in einer Szene eine niedliche Ziegenherde aus — was eine Zuschauerin dazu brachte, Nachforschungen anzuleiern. Sie fand heraus, dass die gezeigten Tiere zu einer bedrohten Rasse gehörten, auf einer bestimmten Farm in Island, die kurz vor der Insolvenz stand. Am Ende spendeten Game Of Thrones-Freunde 115 000 Dollar zum Erhalt des Hofes.

Dieser Artikel erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe des WIRED Magazins im Juni 2015. Achtung, GoT-Fans: Von Staffel 6 war man damals noch weit entfernt. Wenn ihr die Ersten sein wollt, die einen WIRED-Artikel lesen, bevor er online geht: Hier könnt ihr das WIRED Magazin testen.

Dass sie die Island-Ziege vor dem Aussterben gerettet hat — ja, das ist sicher das Beste, was man über eine TV-Serie sagen kann. Besser: über ihre Fans. Game Of Thrones-Zuschauer, das sind die, bei denen Binge-Watching nicht geht, weil sie nach jeder Folge min­destens sieben Tage Zeit brauchen, um alles zu besprechen. Die, wie der Fan Jacob Granberry und sein 125-köpfiges Team, seit 2011 daran arbeiten, die gesamte Landschaft und Architektur der Serie im Spiel Minecraft nachzubauen. Die den Autor der walpurgisnachtfüllenden Buchvorlage Das Lied von Eis und Feuer, George R. R. Martin, teilweise bösartig bedrängen, er solle beim Weiterschreiben in die Pu­schen kommen.

Das Game Of Thrones-Publikum, das ist derzeit die TV-Community mit der größten anzunehmenden Verbindlich- und Ernsthaftigkeit. Und wenn die zwei bei Göteborg lebenden Superfans Elio García und Linda Antonsson auf Youtube eine neue Folge zusammenfassen, dauert das viel länger als die Folge selbst. García, Amerikaner, wägt mit weichem Blick emotional und historisch ab. Antonsson, seine Le­bensgefährtin, schaut streng.

Westeros startete 1998 als Literatur-Community, zum ersten der fünf Bücher. „Game Of Thrones“-Aktrice Sophie Turner war damals zwei Jahre alt.

65 Millionen Pageviews, 6,5 Millionen Besucher hat Garcías und Antonssons Fan-Website westeros.org in Monaten wie diesen, in denen HBO neue Folgen zeigt (sonst: knapp die Hälfte). „In den letzten Recap-Videos einer Staffel sehe ich immer wie ausgekotzt aus“, sagt García, 37, der von den Game Of Thrones-Erlösen lebt und sich in Ausstrahlungsnächten alle paar Stunden den Wecker stellt, um zu checken, ob die Fans den Server in die Knie gebracht haben. Die neue, fünfte Staffel ist natürlich der bis­herige Höhepunkt. Wahrscheinlich müssen Antonsson und García noch vor dem Staffelfinale Mitte Juni den dritten Server dazuschalten.

Berühmt sind die zwei auch dafür, dass Schriftsteller Martin sowie die Drehbuchautoren öfter bei ihnen angefragt haben, um kom­plizierte Details gegenzuchecken. Martin hat dafür mittlerweile drei Assistenten, bei HBO konnte García erst kürzlich eine Katastrophe verhindern, als ihm auffiel, dass in einem Vorabtrailer zwei Schlösser verwechselt wurden.

Was man dabei nie vergessen darf: Westeros wurde als Literatur-Community gestartet, 1998, zum ersten der fünf Bücher. Exakt hier liegt auch die explosive Kerndynamik der Gruppe — Leser gegen Gucker, mit grün verschwimmenden Grenzen. Mit Fantasyfreunden der Erststunde, die es verdammt persönlich nahmen, als beim TV-Start 2011 plötzlich kurzatmige Schülerinnen die Foren verstopften. Mit Serienverrückten, die auf Westeros überstürzt in kuhfladen­dicke Spoiler tappten — weil die Kenner der Romane teilweise schon seit zehn Jahren gähnend wussten, wer als Nächstes stirbt. Manche wech­seln die Seiten. Auch das gibt es.

Aber, ach ja: Auch die zwei Superfans, die dem Zentrum der Macht so nahe stehen, wissen nicht, wie die Geschichte irgendwann ausgehen wird, in ein paar Jahren und mindestens zwei Staffeln. „Selbst wenn George kein gutes Ende einfällt“, resümiert Elio García, „wird mir das die tausend schönen Stunden nicht verderben.“

Genau: Unterhaltung kann man nicht rückgängig machen. Erst recht nicht, wenn man sie so ernst nimmt wie diese lange, körperwarme Saga.

GLOSSAR

R + L = J
Eine beliebte Theorie als Matheaufgabe: J steht für Jon Snow, offiziell Sohn von Ned Stark. Viele vermuten, Snows Eltern seien in Wahrheit Drachenstein-Prinz Rhaegar und Neds Schwester Lyanna.

Floob
Kurz für: flood of noobs, Schwemme der Neulinge. Von Frühfans beklagter Zustand, seit nach dem Serienstart 2011 viele unkundige Novizen in die Foren strömten.

Grrumblers
Militant Ungeduldige, die den Autor George R. R. Martin mitunter aggressiv dazu anhalten, das nächste Buch zu vollenden.

NICHT VERWECHSELN

Bis zum letzten Buchstaben
Vor Jahren verlor Elio García bei der Worldcon im Trivia-Contest gegen einen schottischen Fan. „Roro Uharis“ antwortete er auf die entscheidende Frage. „Roro Uhoris“ hätte gestimmt.

GOOD TO KNOW

Frauen haben Schwerter
Auf westeros.org, das als wichtigste Fan-Community gilt, liegt das Geschlechter­verhältnis der User bei 50 zu 50. Feministisch geprägte Debatten über Game Of Thrones findet man eher in Tumblr-Blogs — und bei Buzzfeed.

AKTUELLE DISKUSSION

Was wird aus Sansa?
Die drastischste Abweichung von der Buchvorlage leisteten die TV-Autoren sich in Staffel fünf: Sansa lässt sich mit dem irren Ramsay ein. Frische Spannung — oder geschmackloses Abservieren einer tollen Figur?

In der letzten Folge von „Geekipedia“ warnten hessische Asteroidenjäger vor dem Deep Impact: Asteroiden im Anflug 

GQ Empfiehlt
Die neue Freiheit

Die neue Freiheit

von GQ