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Ms. Know-it-all / Darf ich erzählen, dass ich an Ufos glaube?

von Anja Rützel
Darf ich offen an UFOs glauben? Und kann man als Erwachsener ernsthaft Startup-Hemdchen tragen? Drängende Fragen zur Zeit.

Darf ich erzählen, dass ich an UFOs glaube?
Unbedingt: ja! Erstens ist das allemal unterhaltsamer als Gespräche zur Kimchi-Herstellung oder frech-minutiöse Nacherzählungen irgendwelcher Mistfilme. Zweitens gibt einem das offensive Hinaus-trompeten unpopulärer Ideen eine schöne Handhabe, sollten die Ideen irgendwann als Fakten belegt werden. Die süße Genugtuung des „Hab ich ja gesagt!“ darf aber nur kosten, wer sich zuvor dem Gelächter des tumben Mainstreams aussetzt.
Ich selbst wurde schon oft für meine Theorien zur Haartracht eines gewissen Bundestrainers verspottet. In meiner Schreibtischlade bewahre ich darum seit Jahren eine Liste auf, auf der ich alle eintrage, die meine Überlegungen für ballaballa halten. Sollte einst der unumstößliche Beweis für meine Frisur-These vorliegen, werde ich die Listenleute zwingen, mir einer nach dem anderen Abbitte zu leisten. Wie viel schöner muss diese Entschuldigungsparade erst sein, wenn man sie an Bord eines Ufos abnimmt.

Eine Freundin will eine App auf den Markt bringen, mit der man Selfies bearbeiten kann – obwohl es davon schon genug gibt. Wie überzeuge ich sie, dass sie damit scheitern muss?
Grundsätzlich gilt in solchen Fällen: Selber auf die Nase fallen, ist einprägsamer als die lebhafteste, großschriftstellerischste Schilderung, wie sich ein Sturz auf die Visage wohl anfühlen wird. Andererseits bemitleidet man ja auch immer diese armen Jaulesimpel, die bei Deutschland sucht den Superstar als grundnaives Kanonenfutter verfeuert werden und ganz offensichtlich keine Freunde haben, die sie mit ein paar ehrlichen Worten vor dieser Pleite bewahren hätten können. Will die Freundin partout nicht auf gut gemeinte Warnungen hören, würde ich empfehlen, ihr minütlich ein altes Selfie von ihr zu whatsappen, das man mithilfe einer jeweils anderen Selfiebearbeitungsapp unvorteilhaft modifiziert hat. Bei der 53. Aufnahme ihrer Großnase, dem 72. Entenschnabelmäulchen oder den 83. Kniffaugen wird sie den subtilen Wink verstehen.

Bruno Mangyoku

Früher habe ich mir die Bücher- und CD-Regale von neuen Bekannten angesehen, um sie besser einschätzen zu können. Nun sind alle diese Dinge unsichtbar in der Cloud gespeichert – was mache ich jetzt?
Ich kann dieses Problem sehr gut nachvollziehen: Manchen Abend verplemperte ich in der prädigitalen Zeit damit, zu üben, die verschiedenen Grüntöne der Taschenbücher aus dem Suhrkamp-Verlag auf mittlere Entfernung voneinander unterscheiden zu können – so konnte ich beim Betreten eines fremden Zimmers mit nur einem flüchtigen Huscheblick aufs Regal erkennen, ob der Bewohner da Hermann Hesse (efeugrün, schlecht) oder Thomas Bernhard (madagaskarfroschfarben, gut) verstaut hatte. Und entdeckte ich gar das verabscheute Burgunder des Sofies Welt-Buchrückens, hatte ich die Kammer schneller wieder verlassen, als der flüchtige Bekannte auf der Klappcouch den lauwarmen Baileys einschenken konnte. Man hat ja immerhin ein paar Prinzipien. Ohne sichtbare Bücherregale macht der kulturelle Unbedenklichkeitscheck des Gegenübers deutlich mehr Arbeit (zumindest wenn es sich um einen der seltenen Menschen handelt, die ihre Vorlieben nicht ohnehin tagein, tagaus auf sämtlichen verfügbaren Plattformen ausbreiten). Wo es keine Regale voller popkultureller Kredibilitätsnachweise und Unbedenklichkeitserklärungen mehr gibt, muss man also tatsächlich mit den Leuten reden. Ein paar Namen droppen, ein paar Fallen stellen, übertrieben euphorisch den erfundenen neuen Gesellschaftsroman von Emilio Schlemihl-Plöntzke loben und warten, ob der zu Überprüfende gimpelhaft mit einstimmt – das Übliche eben. Natürlich könnte man auch einfach den E-Reader nach Schundigkeiten durchforsten, während der Besitzer auf dem Klo ist, aber das entspräche dann doch eher unsympathischer Schnüffelei. Für die Evaluierung des Musikgeschmacks gelten dieselben Prinzipien. Oder man lässt sich, wie wir das früher gemacht haben, von dem neuen Menschen einfach mal ein Mixwölkchen aufnehmen.

Ich bekomme öfter T-Shirts mit Start-up-Logos geschenkt. Aber kann man so etwas wirklich tragen?
Klar, wenn Sie gerne aussehen möchten wie ein Glücksbärchi! In ihrer frisch gewaschenen Grinsigkeit ähneln nestwarme Gründer oft den emsigen Pastelltieren, die ihr persönliches Logo ja ebenfalls stolz auf der Brust respektive Bauch präsentieren. Es gibt in Berlin sicher schlechtere Looks. 

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