Eigentlich war Arlo Gilbert bereits angekommen in der Zukunft: Der Geschäftsmann aus Texas hatte sein Haus über den Automatisierungsserver Revolv vernetzt. Wecker und Kaffeemaschine, Lampen und Überwachungskameras, alles war verbunden. Bis die Google-Tochter Nest, die Revolv zwischenzeitlich gekauft hatte, aus der Ferne den Stecker zog: Plötzlich funktionierte die App nicht mehr, alle Nutzerdaten wurden gelöscht. Das Gerät selbst, zur Markteinführung vor drei Jahren noch 300 Euro wert, ist Elektroschrott.
Der Fall, den Gilbert auf Medium schilderte, verdeutlicht, welches Risiko Smart-Home-Pioniere eingehen: Wer Geräte kauft, deren Funktion von komplexer Vernetzung mit anderer Hard- und Software abhängt, setzt sich Marktlaunen aus wie noch nie. Denn in den meisten Fällen vertragen sich die Techniklösungen verschiedener Hersteller nicht miteinander. „Ein einheitlicher Standard zeichnet sich momentan noch nicht ab“, heißt es in einer Studie
des Marktforschers Statista. „Vielmehr zeigt sich ein sehr heterogener Markt mit vielen unterschiedlichen Technologien.“
So setzen manche Hausgeräte-Vernetzer weiter auf den 20 Jahre alten KNX-Standard, während sich andere für Zigbee entscheiden. Auch eine abgespeckte Bluetooth-Variante kommt zunehmend ins Spiel. Folge des Durcheinanders: Geräte funktionieren oft nur mit den Apps der Hersteller selbst – lästig für Käufer und womöglich eine Falle für die Entwickler.
„Wer auf eigene Insellösungen setzt, wird bald von Apple, Google oder Amazon überrollt“, prognostiziert Markus Fest, Chef von Elgato. Das Münchener Unternehmen verlässt sich bei seinen Raumluftsensoren und vernetzten Thermostaten als einer der Ersten komplett auf Apples HomeKit-Plattform.
Dadurch begibt Elgato sich zwar in die Hände von Apple, kann aber mit Geräten verschiedener Hersteller zusammenspielen – unabhängig von Funkstandards und Protokollen. Hauptsache, alle Geräte halten sich an Apples HomeKit-Vorgaben. Ein Schicksal wie bei Revolv drohe Elgato-Nutzern daher nicht, verspricht Fest. „Unsere Geräte hängen nicht von unserer vergleichsweise kleinen Firma ab. Sie funktionieren, solange es Apple gibt.“
Google bastelt mit den Projekten Brillo und Weave an einer ähnlichen Plattform. Auch Amazon, Microsoft und Samsung versuchen sich an herstellerübergreifenden Smart-Home-Lösungen. „Der Markt lässt Platz für meh-rere Plattformen“, glaubt Javier Zamora, Professor an der IESE Business School, erwartet aber „ein zähes Ringen“ um die Vorherrschaft.
Manche rechnen so fest mit der Dominanz der Tech-Riesen, dass sie schon einen Schritt weiter denken. Das Startup Senic aus Berlin etwa will mit seinem Nuimo-Controller Displays durch Gesten- und Sprachsteuerung ersetzen. Ob smarte Geräte über Apples HomeKit oder andere Software verbunden sind, soll keine Rolle spielen.
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„Wir glauben, das Smartphone wird nicht das alleinige Interface fürs Connected Home, und bieten eine natürlichere Steuerung, die mit möglichst vielen Plattformen kompatibel ist“, sagt Tobias Eichenwald, Gründer des Startups.
Die Liste der Partner, die Senic zum Produktlaunch präsentierte, ist umfangreich. Sie enthält viele bekannte Namen aus der Internet- und Smart-Home-Welt, darunter Philips, Sonos, Spotify – und auch Nest.